Wirtschaft | Banken

Zuckerbrot und Peitsche

Die Verbraucherzentrale bietet Südtirols Banken ihre Zusammenarbeit an, haut aber gleichzeitig vor Gericht auf die Pauke.

Unabhängige Bank- und Finanzexperten sollen künftig einen ständigen Sitz in den Verwaltungsräten von Südtirols Banken haben und dort für mehr Transparenz und Professionalität in der Betriebsführung sorgen. Der Vorschlag kommt von der Verbraucherzentrale Südtirol (VZS) und wurde den Banken und Arno Kompatscher als für Wirtschaft zuständigem Landesrat bereits zugestellt. Die Berufung externer Fachleute wäre aus der Sicht von VZS-Chef Walther Andreaus ein für ganz Italien richtungsweisender „Schwenk in Richtung Compliance“ und ein Ausweg aus der Banken-Krise. Die VZS selbst, so sein Vorschlag, würde die externen Fachleute namhaft machen, die Zutritt zu den Schaltzentralen del Geldinstitute erhalten sollen.

Der Vertrauensverlust bei den Sparern und Anlegern habe nunmehr auch Südtirols Bankenwelt erfasst: zu den Gründen zählt Andreaus „Interessenskonflikte, Mangel an Professionalität, unscharfe Bilanzen und notleidende Kredite“. 2015 sei „ein schwarzes Jahr für die Banken“ gewesen, und der Vorschlag der VZS könnte nicht nur einen Ausweg aus der Südtiroler Misere weisen, sondern in ganz Italien Schule machen. Das Profil der unabhängigen Experten beschreibt Andreaus so: „ausgewiesene Bank- und Finanzexperten“, die Deutsch und Italienisch sprechen und keinem Interessenskonflikt unterliegen.

Während die VZS der Bankenwelt auf der einen Seite die Hand entgegenstreckt, zeigt sie sich auf der anderen – nämlich vor Gericht – durchaus angriffslustig: Gestern (26.01.2016) hat VZS-Rechtsanwalt Massimo Cerniglia im Namen von mehr als 100 Konsumenten beim Landesgericht Bozen Klage gegen die Sparkasse eingereicht, und zwar im Zusammenhang mit dem Verkauf von Anteilen des Dolomit-Immobilienfonds im Jahr 2005. Der Kampf, den die VZS hier gegen die Sparkasse führt, ist bereits mehrere Jahre alt. Nun wird ein neues Kapitel aufgeschlagen, erklärt Cerniglia: „Es ist eine Art Sammelklage, in der die Anleger Entschädigung für Verluste in einer Gesamthöhe von rund 3 Millionen Euro fordern.“ Der Anwalt wirft der Südtiroler Sparkasse einen Verstoß gegen die Regeln der Börsenaufsichtsbehörde CONSOB vor, nämlich die Vermittlung von Bankprodukten, die nicht dem Risikoprofil des Anlegers entsprachen.

Dass es in der Bankenwelt kriselt, merkt die Verbaucherzentrale auch am wachsenden Interesse für ihre Sparer- und Anlegerberatung. Den Beratungsservice der Verbraucherzentrale nehmen in letzter Zeit deutlich mehr Konsumenten in Anspruch, die Angst um ihr Geld haben, so dass der Dienst ausgebaut werden musste. „Geldprobleme führen zu menschlichen, familiären und existentiellen Krisen“, so der Bankenexperte der VZS, Paolo Guerriero. An der Art, wie Banken ihre Kunden beraten, müsse sich unbedingt etwas ändern.