Sport | Analyse

FC Südtirol verliert 6-Punkte-Spiel

Der FC Südtirol verliert zu Hause gegen Tabellennachbar Cosenza und damit auch wichtige Punkte im Abstiegskampf. Der FCS schießt keine Tore, und das liegt auch am Trainer.
Micai hält den Ball fest
Foto: Ufficio Stampa FCS - Foto Bordoni
  • Es war alles angerichtet im Bozner Drusus Stadion: FC Südtirol gegen Cosenza. Punktegleich, gleich viele Siege, Niederlagen und Unentschiden, gleiches Torverhältnis - alles gleich. Mit Simone Mazzocchi spielte sogar ein ehemaliger FCS-Akteur bei den Gästen. So viele Parallelen, und doch: so viele Unterschiede.

  • Verteidigen über alles?

    FCS-Trainer Valente setzte wieder auf die 3er-Kette. Wegen der Gelbsperre Casiraghis formierten sich die Gastgeber etwas anders, als noch zuletzt: Mit Ball (das war nicht sehr oft der Fall) rückte Rauti neben Pecorino und Merkaj in den Angriff, Cagnano (links) und Ciervo (rechts) rückten ins Mittelfeld neben Tait und Arrigoni (= 3-4-3). Wie gesagt: Südtirol war sehr selten in geordnetem Ballbesitz (dazu später mehr), aber was war der Plan von Valente? Dafür müssen wir uns noch einmal ein Detail des Spiels von letzter Woche anschauen:

  • FC Südtirol gegen Brescia: Immer wieder schlug Cagnano (hier mit Ball am Fuß) frühe Flanken in den Strafraum. Dort waren die zwei Angreifer aber ständig in Unterzahl (4vs2). Foto: SALTO
  • Gegen Brescia spielten die Südtiroler noch mit lediglich 2 Stürmern. Das - und der Flankenfokus - führte dazu, dass diese zwei Angreifer im Strafraum ständig in Unterzahl waren. Dieses Manko versuchte Valente zu beheben.

  • Südtirol im Angriff: Ciervo konnte sich am Flügel durchsetzen. Im Strafraum der Gäste herrscht Gleichzahl. Die Flanke kommt allerdings nicht. Foto: SALTO
  • Vor allem über die rechte Südtiroler Seite (Ciervo) wollte man angreifen, Ciervo positionierte sich allgemein auch etwas höher als sein Gegenüber Cagnano. Rauti und Merkaj rückten früh nach vorne und besetzten so zusammen mit Pecorino den Strafraum. Oft wurde dadurch Gleichzahl im gegnerischen 16-Meter-Raum hergestellt. Alles, was es jetzt noch brauchte, waren Flanken, Flanken, Flanken. Die kamen aber nicht...

  • Ideen und Prinzipien - schön und gut. Wo bleibt die Konsequenz?

    Ich habe einmal mitgezählt: In den ersten 45 Minuten wurden aus dem Spiel heraus ganze 3 Flanken in den Strafraum von Cosenza geschlagen. 3! D-R-E-I! Von der Zusammensetzung des Kaders leitet man eine Spielidee ab, von der Spielidee wiederum Prinzipien, daraus folgen dann taktische Auf- und Einstellung der eigenen Mannschaft (auf Gegner und Spiel). Die Idee war da, der Plan erkennbar, die Aufstellung folgte den Anforderungen dieses Plans, nur die Ausrichtung (oder die Umsetzung) war nicht konsequent. 

    Hatten die Südtiroler mal den Ball, wurde Pecorino angespielt (flach, hoch, halbhoch), der ließ sich dafür etwas zurückfallen - nur: Er fehlte dann vorne und konnte zudem meistens gestoppt oder gefoult werden, oder er musste abdrehen. 

  • Cosenza hat noch nicht einmal Spielprinzipien

    Wenn wir schon bei Prinzipien sind, müssen wir auch noch kurz über den Gegner des FCS sprechen: Denn Cosenza befolgte keinerlei Offensivprinzipien. Südtirol ließ die Gäste im Spielaufbau erst einmal machen. Ab der Mittelinie schob dann als Erster Pecorino auf den Ballführenden heraus. Cosenza hatte also immerzu Überzahl in der ersten Aufbaureihe: Nicht 2-zu-1-Überzahl oder 3-zu-1-Überzahl - nein: 4-zu-1-Überzahl! Vier zu Eins!

  • Cosenza im Spielaufbau: Die Gäste waren in der ersten Aufbauphase ständig in Überzahl, das hielt sie aber nicht davon ab, die Überzahl nochmal zu erhöhen - sagt man das? "Überzahl erhöhen"? Foto: SALTO
  • Die zentralen Mittelfeldspieler ließen sich immer wieder in die erste Aufbaureihe zurückfallen, sodass das Zentrum oft vakant blieb. Weil Südtirol nur selten herausschob und die Bewegungen von Cosenzas Spielern nicht aufeinander abgestimmt waren (kurz: weil offenbar keinerlei offensives Prinzip befolgt wurde), blieben die Angriffsbemühungen der Gäste ebenfalls weitestgehend ohne Wirkung. 

  • Umstellungen kommen zu spät und sind komisch

    Kurz vor der Halbzeitpause war FCS-Trainer Valente groß im Bild, wie er auf seine Notizen schauend über Umstellungen zu sinnieren schien. Eine kleien Anpassung gab es, ja: Merkaj sollte in den zweiten 45 Minuten so eine Art Casiraghi-Rolle übernehmen: Er ließ sich halblinks zuirückfallen und Cagnano hinerlief ihn dann. Es war allerdings vorauszusehen, dass das nicht gut funktionieren würde: Das ist nämlich nicht die beste Rolle für Merkaj und außerdem fehlte er so im Strafraum, wenn Cagnano doch einmal eine Flanke versuchte (Ciervo rückte nur ganz selten in den Strafraum).

    Gewiss, es gab 1-2 Konterchancen für Südtirol, aber nur auf gegnerische Fehler zu hoffen, ist ein bisschen wenig für so ein wichtiges Spiel. Valente reagierte dann nach dem 0:1-Rückstand und brachte Davi für Rauti, Odogwu für Pecorino und Cisco für Cagnano und Vinetot für Kofler. 

    Die Formation blieb ungefähr die gleiche, nun veränderte sich aber die Ausrichtung der Südtiroler: Scaglia (jetzt halbrechter Innenverteidiger) war jetzt für die langen Anspiele auf Odogwu zuständig - Scaglia. Hohe, lange Bälle. Auf Odogwu, der gedoppelt, manchmal zu dritt verteidigt wurde. Konsequent wäre es gewesen, Pecorino mit Odogwu spielen zu lassen, zwei "Zielspieler", die im Verbund locker 3-4 Gegner binden können. Konsequent wäre es dann auch gewesen, doch den ganz frei und allein gelassenen Ciervo auf der rechten Außenbahn einmal anzuspielen. Aber auch das blieb aus...wie auch der Ausgleichstreffer. 0:1, 3 Punkte  - ach, was sage ich: 6 Punkte - im Abstiegskampf verloren.