Gesellschaft | Jugend Unterland

„Jugend braucht Beständigkeit“

Wenn Institutionen in Konflikt geraten, leidet häufig das Anliegen selbst – hier die Jugend. Politische Entscheidungen beeinflussen das Jugendzentrum in Kurtinig und Margreid, was zu Spannungen zwischen der Verwaltung und dem Verein Westcoast geführt hat.
Westcoast Jugendzentrum
Foto: Udo Giacommozzi
  • Am 24. September 2024 äußerte sich Kurtinigs Bürgermeister Manfred Mayr erfreut über das neue Jugendhaus samt Skatepark, das der lokalen Jugend zugutekommen soll. Trotz der durchwegs guten Resonanz aus der Bevölkerung beklagte sich Mayr jedoch, dass seiner Ansicht nach der Gemeindeverwaltung für ihre Bemühungen nicht genügend Dankbarkeit entgegengebracht worden sei. Diese Aussagen stießen bei Edith Zemmer, Vizepräsidentin des Jugendzentrums, und dem Vorstand auf Unverständnis. Westcoast, ein übergemeindlicher Verein, der in Kurtatsch, Margreid und Kurtinig aktiv ist, habe nämlich maßgeblich zur Planung und Umsetzung des Projekts beigetragen. Ebenso sei die Zusammenarbeit mit den Skatern auf Initiative von Westcoast erfolgt, um den Skatepark nach deren Bedürfnissen zu gestalten. In den Worten des Bürgermeisters und den aktuellen Entwicklungen sei diese Anerkennung jedoch weder erkennbar noch spürbar gewesen. Zemmer unterstreicht, dass solch ein Vorhaben ein Gemeinschaftsprojekt sei und viele der Beteiligten Dankbarkeit verdient hätten.

     

     „Unsere Arbeit fußt auf der Nähe zu den Jugendlichen und auf Beständigkeit.“

     

    Die Geschichte von Westcoast sei eine Erfolgsgeschichte, so Zemmer. Der Verein, entstanden aus einem Zusammenschluss freier Jugendvereine der drei Gemeinden, habe bereits seit 15 Jahren kontinuierlich wertvolle Jugendarbeit geleistet. „Unsere Arbeit fußt auf der Nähe zu den Jugendlichen und auf Beständigkeit. Wir verstehen ihre Bedürfnisse, weil wir vor Ort sind und eng mit den jungen Menschen und den lokalen Strukturen zusammenarbeiten.“ Diese direkte Beziehung lasse sich nicht einfach ersetzen. Jugendliche bräuchten konstante Bezugspersonen, die Vertrauen aufbauen, und dieses Vertrauen entstehe nur durch langfristige Beziehungen.

  • Jugendzentrum Westcoast: ist auch weiterhin in den drei Gemeinden für die Jugendlichen da und leistet wertvolle Arbeit in der Unterstützung, Aufklärung sowie Prävention. Foto: rhd

    Zemmer zeigt sich zudem enttäuscht, dass der Verein Westcoast, obwohl er eine zentrale Rolle im Projekt gespielt habe, seit Januar 2024 nicht mehr für die Jugendräume in Kurtinig und Margreid verantwortlich sei: „Die Gemeinde hat uns die Leitung der Jugendräume entzogen und an den Jugenddienst Unterland übergeben, der am Entstehungsprozess nicht beteiligt war.“ Dies, so kritisiert sie, sei auf Kosten der Jugendlichen geschehen. So seien bis Ende August keine regelmäßigen Öffnungszeiten für die Jugendräume angeboten worden, obwohl der Jugenddienst Unterland offiziell seit Beginn des Jahres zuständig gewesen sei. Viele Eltern hätten sich irritiert bei Westcoast gemeldet und nach den Veränderungen gefragt. „Jugend braucht Beständigkeit“, betont Zemmer. „Ein sicherer Rückzugsort ist dabei entscheidend. Der Übergang hat trotz Bemühungen leider nicht so gut funktioniert.“

     

    „Es hat so gewirkt, als wolle die Gemeinde die bestehenden Kosten für den Jugenddienst rechtfertigen, indem sie uns außen vor lässt.“

     

    Die Entscheidung, Westcoast von der Leitung auszuschließen, wurde mit dem Ziel der „Kostenreduzierung und Effizienz“ begründet, erklärte Zemmer. Allerdings seien die Personalkosten gleich geblieben. Zudem habe Westcoast durch den Einsatz von Ehrenamtlichen zusätzliche Arbeitsstunden erbracht, die von großem Wert seien und den Gemeinden langfristig erhebliche Kosten ersparen würden. Zemmer vermutet, dass hinter der Entscheidung eher politische Motive standen. „Es hat so gewirkt, als wolle die Gemeinde die bestehenden Kosten für den Jugenddienst rechtfertigen, indem sie uns außen vor lässt“, fügte sie hinzu. Dabei werde der Mehrwert übersehen, den Westcoast als lokaler und ehrenamtlich arbeitender Verein mit sich bringe.

     

    „Es fühlte sich so an, als wollte man uns damals bewusst fernhalten.“

     

    Natürlich dürfe die finanzielle Unterstützung, die dank Bürgermeister Mayr ermöglicht wurde, nicht vergessen werden. Diese sei von enormer Bedeutung und notwendig für die Umsetzung des Projektes gewesen, doch ohne die Arbeit von Westcoast wäre das Projekt nicht in der jetzigen Form realisierbar gewesen. Die Schwierigkeiten und Verzögerungen, die das Projekt begleiteten, insbesondere die mangelhafte Kommunikation während der Übergabe an den Jugenddienst, hätten jedoch zu Vertrauensbrüchen geführt. Viele seien von den ständigen Änderungen und Verzögerungen frustriert, was zur Folge habe, dass nicht nur positive Rückmeldungen zu erwarten seien.

     

  • Abendluftveranstaltung in Margreid: Ehrenamtlich ist Westcoast immer noch aktiv. So wurden beispielsweise in Kurtatsch, Kurtinig und Margreid den Sommer über Konzerte veranstaltet. Foto: Udo Giacomozzi
  • Fehlende Kntinuität

    Besonders problematisch sei die Situation um das neue Jugendhaus in Kurtinig. Obwohl das Gebäude bereits im Frühjahr 2023 fertiggestellt wurde, habe die Gemeinde es verabsäumt, die notwendige Katastermeldung zu beantragen, wodurch das Gebäude nicht offiziell bezogen werden konnte. Aufgrund fehlender Koordination und Kontinuität am Projekt habe sich somit der Bau und die Eröffnung zeitlich verzögert. „Es fühlte sich so an, als wollte man uns damals bewusst fernhalten“, kommentierte Zemmer.

    Trotz der Schwierigkeiten und der Enttäuschung, zeigt sich Westcoast weiterhin entschlossen, sich für die Interessen der Jugendlichen einzusetzen. „Das Ziel sollte immer sein, dass die Jugend davon profitiert. Aber wir müssen hinterfragen, ob Entscheidungen wie diese tatsächlich den Bedürfnissen der Jugendlichen gerecht werden oder ob sie eher aus anderen Motiven getroffen wurden.“

     

    „Am Ende zahlt die Jugend den Preis, weil die Entscheidungsträger sich nicht einig werden.“ 

     

    Sie äußerte ihr Bedauern, dass die Jugendlichen unter den Spannungen zwischen den Institutionen leiden würden: „Am Ende zahlt die Jugend den Preis, weil die Entscheidungsträger sich nicht einig werden. Die Beständigkeit, die den Jugendlichen versprochen wurde, ist verloren gegangen.“ Jugendliche bräuchten stabile Strukturen, aber die ständigen Wechsel der Verantwortlichen führten zu einem Vertrauensverlust. Zemmer regt zudem an, Jugendlichen mehr Eigenverantwortung zu übertragen, indem sie selbst Räume verwalten und Entscheidungen treffen können. Im Mittelpunkt steht die Frage, welche Institutionen – ob öffentlich, religiös oder privat – am besten geeignet sind, die Interessen und Entwicklung der Jugend zu fördern. Westcoast werde sich weiterhin für die Jugendarbeit in den Gemeinden Kurtatsch, Margreid und Kurtinig einsetzen und regulär anzutreffen sein. Sie wollen sicherstellen, dass die Jugendlichen die nötige Unterstützung und Freiheit bekommen, die sie brauchen.