Superreiche fürs Klima zur Kasse bitten
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Am 30.11.2025 entscheidet die Schweizer Wählerschaft über die Initiativvorlage „Für eine soziale Klimapolitik – steuerlich gerecht finanziert“, lanciert von den Jusos. Die Initiatoren fordern mehr Mittel für den Klimaschutz in der Schweiz, und dafür wollen sie die Erbschaften und Schenkungen der Superreichen besteuern. Der Bund soll zusätzlich eine Steuer von 50% auf Nachlässe und Schenkungen erheben, wobei die ersten 50 Mio. Franken nicht besteuert würden. Dieser hohe Freibetrag würde bewirken, dass nur rund 2.500 in der Schweiz ansässige Superreiche zur Kasse gebeten würden, wie der Bundesrat schätzt.
Derzeit erbringen die Erbschaftssteuern in der Schweiz nur 0,6% des gesamten Steueraufkommens, immerhin mehr als in Italien, wo sie nur 0,1% des Aufkommens ausmachen. Die geschätzten Zusatzeinnahmen der angepeilten Erbschaftssteuer von 2,5-5 Milliarden Franken müssen, laut Initiativvorlage, „zur sozial gerechten Bekämpfung der Klimakrise sowie für den dafür notwendigen Umbau der Gesamtwirtschaft“ verwendet werden, insbesondere in den Bereichen Arbeit, Wohnen und öffentliche Dienstleistungen. Und das ist höchst gerechtfertigt, denn in der DACH-Region haben die 10% Wohlhabendsten zum einen völlig überproportionalen Anteil am Gesamtvermögen (siehe OXFAM-Grafik oben), tragen andererseits vergleichsweise viel mehr zum CO2-Ausstoß bei als der Durchschnittsbürger. Laut des „World Inequality Reports“ stoßen die reichsten 10% nahezu 35% der CO2-Emissionen aus, während die unteren 50% für eben mal 19% der Gesamtemissionen verantwortlich sind.
Zusätzlich verlangt die Initiative Maßnahmen zur Verhinderung von Steuervermeidung, etwa durch den Wegzug aus der Schweiz. Dies ist auch einer der häufigsten Einwände, nämlich dass Superreiche in solchen Fällen ihren Wohnsitz in Steuersümpfe verlegen, wie z.B. bei uns Jannik Sinner. Monaco wendet keine Vermögenssteuer und nur minimale Erbschafts- und Vermögenssteuern an, was aber auch für Italien gilt. Zudem gibt es im Fürstentum aber kaum Einkommenssteuern, weder auf Löhne noch Dividenden noch Zinsen. Grund genug, potenzielle Steuereinnahmen dem Südtiroler Landeshaushalt vorzuenthalten.
Weil nun Reiche durch ihren Lebensstil ungleich mehr CO2 emittieren, sollen sie auch zu den Kosten des Klimaschutzes beitragen. Die Jusos sehen das auch als eine demokratische Grundverantwortung der Superreichen. Für Klimaneutralität 2050 wären in der Schweiz Investitionen von etwa 12 Milliarden Franken nötig: „Superreiche haben ihr Vermögen durch die Ausbeutung von Natur und Mensch erwirtschaftet. Es ist höchst an der Zeit, dass sie für ihre Klimaverbechen zur Rechenschaft gezogen werden“, sagte kürzlich die Juso-Vizevorsitzende Nathalie Ruoss bei einem Seminar des AFI-IPL.
Trotz der eigentlich geringen Zahl an Betroffenen befürchten die Gegner der Initiative aus dem bürgerlich-konservativen Lager, dass die Superreichen bei einer solchen Besteuerung abwandern würden. In diesen Fällen sieht die Volksinitiative eine „Wegzugsteuer“ vor, die in gewisser Weise rückwirkend wäre. Eine Bundessteuer auf Millionen-Erbschaften war bereits 2015 zur Abstimmung gekommen, vorgeschlagen von den Sozialdemokraten, den Grünen und der EVP. Doch die damalige 71%ige Ablehnung an der Urne zeigt, dass die Schweizer großen Wert darauf legen, ein sicherer Hafen für Superreiche aller Art zu bleiben.
Diese Volksinitiative der Schweizer Juso – am 30.11.2015 steht auch die Einführung des „Service citoyen“, eines allgemeinen gemeinützigen Dienstes zur Abstimmung – zeigt auch das allgemeine Potenzial der direkten Demokratie auf. Mit nur 100.000 Unterschriften können die Eidgenoss:innen politisch wichtige und dringende Themen aufs Tapet bringen und eine bundesweite öffentliche Diskussion auslösen. Auch wenn die Erfolgschancen dieser Initiative relativ gering sind, wird wuchtig auf Missstände und die Notwendigkeit von Reformen verwiesen. Oft greift die politische Vertretung diese Themen später je nach Unterstützung an der Urne auf. In Italien ist dieses Potenzial der Mitbestimmung von unten teils nicht bekannt und vor allem kaum genutzt. Die „proposta di legge di iniziativa popolare“ ist nur ein müder Abklatsch, denn die echte Volksinitiative existiert auf staatlicher Ebene nicht. In Südtirol gibt es sie, doch aufgrund von rechtlichen Hürden wird sie fast nie genutzt. Und gäbe es diese Hürden nicht, würden derartige Initiativen im Staat und im Land durch die Verfassung blockiert, die Referenden über Steuern und Abgaben verbietet. Glückliche Schweiz!
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