Kultur | Performance

Was für ein Zirkus!

Volles Haus, unaufhörliche Beats und Sprünge, viel Zwischenapplaus und zum Schluss nicht mehr enden wollende begeisterte Zurufe. Zirkus „Circa“ war in der Stadt.
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Foto: Circa
  • Kann es einen besseren SALTO-Kulturabend geben, als einen solchen, wo in über einer Stunde unzählige Körper durch die Luft fliegen und einen "Salto" nach dem anderen auf das Parkett legen? Wohl kaum! Grund genug, am gestrigen Abend selbst einen Salto in den großen Saal des Stadttheater Bozen gemacht zu haben. 
    Im Rahmen der aktuellen Ausgabe von Stagione Regionale Contemporanea war eine der bekanntesten Performancegruppen (mit Schwerpunkt Zirkus) zu Gast. Seit Jahren setzt die Kompanie Circa neue Maßstäbe in der Verschmelzung mehrerer Kunstformen und verbindet zeitgenössischen Tanz mit Akrobatik, Theater, Licht- und Musikkunst. Vom australischen Herkunftsort Brisbane aus bereist die Truppe seit 20 Jahren zahlreiche Länder, begeistert Kritiker*innen und sorgt für ausverkaufte Veranstaltungen. Dem modernen Zirkusensemble gelingt es, die klassische Zirkusidee aus der Mottenkiste zu holen und ihr ein attraktives Kleid überzustülpen, ohne dass dem Zauber "Zirkus" dabei etwas verloren geht. 

    Können wir jemals ein perfektes Gleichgewicht finden oder ist die Anpassung an den ständigen Wandel der einzige Weg nach vorn?

  • Viele, viele Salto`s: Akrobatische Höchstleistungen im Stadttheater Foto: Humans Filmstill

    Die unter der Leitung von Zirkusvisionär Yaron Lifschitz kreierte Perfomance Humans 2.0 vereint zehn talentierte Zirkuskünstler*innen. Sie erscheinen zu Beginn wie Lichtblitze auf einer tellerrunden Fläche, auf der sie in den nachfolgenden 70 Minuten ein wahres Feuerwerk an eleganten und akrobatisch beeindruckenden Figuren und Szenen hinlegen – poetisch ausgelotet zwischen Harmonie, geschmeidigem Körpereinsatz inmitten trance-artiger Zustände. Das Bild zweier gegenseitig übereinander laufen Uhrzeiger steht ebenfalls am Anfang. Danach springen Körper auf Köpfe, Schultern, Beine und Hände, werden in die Luft geschleudert, sanft aufgefangen, gehen an Grenzen und werden über den pulsierenden atemberaubenden choreografischen Lifschitz`schen Faden der sich durch das Spektakel zieht, bis zum Äußersten ausgereizt. 
    Yaron Lifschitz (1970 in Kapstadt geboren) gilt als einer der renommiertesten australischen Regisseure und ist insbesondere für sein Engagement in der Zirkuskunst bekannt. Mit dutzenden Inszenierungen in diesem Bereich, aber mit Oper, Körpertheater, Theater und Live-Events konnte er sich nicht nur in der Zirkuswelt einen Namen machen. 

  • Dicht am Licht: Das schlicht gehaltene Lichtdesign zur Performance stammt von Paul Jackson Foto: Filmstill Circa

    Das international gefeierte Stück war gestern gar nicht zum ersten Mal in Südtirol zu sehen. Die atemberaubende Performance aus dicht verwobenen Körpern war in ähnlichem Zuschnitt bereits vor Jahren im Rahmen des Festivals transart (Ende September 2019) in Steg bei Atzwang auf dem Gelände der Firma Niederstätter geladen. Damals noch unter dem schlichten Titel Humans angepriesen, agierte das Ensemble gestern unter dem Titel Humans 2.0. Hat die Neuauflage der Performance fünf Jahre später an Spektakulärem eingebüßt? Nein! 

  • Rückblick: Die Performance "Humans" bei "transart 2019"
    (c) transart 2019

  • Die Musik zum Abend ratterte unaufhörlich dahin. Pausen gab es nicht. Geschrieben hat sie der bekannte Musiker, Schlagzeuger und DJ Ori Lichtik, einer der Gründungsväter der Technoszene in Tel Aviv. Verzerrte Zupfinstrumente und rhythmische Beats bilden die Grundstimmung für die verschiedenen Sounds zu Humans 2.0. Sie verzahnen sich ineinander, wie die unaufhörlich agierenden Körper am Boden oder in luftiger Höhe. 
    Am Ende war man sich als Zuschauer nicht ganz sicher, ob man wie die Akteur*innen in einem Hamsterrad gefangen war, oder sich über Humans 2.0. aus diesem befreit hatte. Man war jedenfalls erleichtert, dass sich bei den Sprüngen niemand verletzt hat.

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