Politik | Reformpläne

Mehr oder weniger

Breite Zustimmung für neues Finanzierungsmodell unter Bürgermeistern. 92 Gemeinden können 2016 auf mehr Gelder vom Land zählen. Pöder: "Kleinstgemeinden zusammenlegen."

Am Ende hat es Gewinner und Verlierer gegeben – wie der Präsident des Rats der Gemeinden Andreas Schatzer angekündigt hatte. Er hatte am Freitag Abend die nicht einfache Aufgabe, die Bürgermeister aller Südtiroler Gemeinden von der Gemeindenfinanzierungs-Reform zu überzeugen zu versuchen. Gelungen ist es ihm nicht, doch am Ende zeichnete sich auf der Bürgermeistervollversammlung eine breite Mehrheit  für das neue Finanzierungsmodell ab, mit dem künftig das Land Beiträge an die Kommunen auszahlt. 166,6 Millionen Euro sind es, die 2016 nach dem Prinzip ‘Wer mehr hat, bekommt weniger, wer weniger hat, bekommt mehr’, vergeben werden.

Der Finanzkraft (Einnahmen) einer Gemeinde wird ihr Finanzbedarf (Ausgaben) gegenüber gestellt, die Differenz begleicht die Provinz. Als Grundlage zur Berechnung der Ausgaben wird die Einwohnerzahl der jeweiligen Gemeinde herangezogen, bei den Einnahmen werden GIS, Stromeinkünfte und Gebäude sowie Grundstücke in Gemeindebesitz berücksichtigt.


Die eine Seite...

Verständlich, dass daher vor allem unter den Vinschger Bürgermeistern Unmut über das neue Beitragsmodell herrscht. Die Stromgemeinden im Westen des Landes müssen vielfach auf bisherige Beiträge verzichten. So kann etwa Graun 2016 mit einem Viertel weniger Landesgelder als noch 2014 rechnen. Zu den großen Verlierern zählen auch die Passeirer Gemeinden Moos (73 Prozent weniger) und St. Leonhard (-32 Prozent), Waidbruck (-61 Prozent), Brenner (-15 Prozent) und bei den Städten Bruneck, das auf 11 Prozent der bisherigen Beiträge verzichten muss. Insgesamt sind es 22 Gemeinden, die im kommenden Jahr mit einem Minus rechnen müssen.

Zwei erhalten gleich gar keine Zuweisungen mehr: Corvara und Wolkenstein. Der Grund sind die hohen Gemeindesteuer-Einnahmen der beiden ladinischen Gemeinden. Mit diesen decken sie ihren gesamten Finanzbedarf und steigen auch noch gut dabei aus. Während landesweit pro Bürger durchschnittlich 772 Euro an Landesbeiträgen zur Verfügung stehen, können Corvara und Wolkenstein auf 1.665 beziehungsweise 1.365 Euro pro Einwohner zählen.


...und die andere

Auf der Gewinnerseite des neuen Finanzierungsmodell, an dem Andreas Schatzer gemeinsam mit Gemeindenlandesrat Arnold Schuler wochenlang gefeilt hat, finden sich 92 Gemeinden. Darunter Hafling (+189 Prozent an Beiträgen), die Grödner Kommunen St. Christina (+151 Prozent) und St. Ulrich (+118 Prozent), Kastelruth, das auf doppelt so viele Beiträge wie noch 2014 zählen kann und auch Bozen. 4,3 Millionen Euro mehr schauen für die Landeshauptstadt im kommenden Jahr an Landeszuweisungen heraus. “Mäßige” Zufriedenheit beim kommissarischen Verwalter Michele Penta, die Gemeindebuchhalter hingegen atmen auf: “Dank dieser Beiträge müssen wir keine Dienste kürzen.”

Sehr zufrieden hingegen Andreas Schatzer und sein Vize Alessandro Bertinazzo, der von dem neuen Finanzierungsmodell als ein “gerechtes System” spricht. Neu eingeführt wurde am Freitag auch ein Sonderfonds. Mit diesem soll jenen Gemeinden unter die Arme gegriffen werden, die sich 2016 besonders schwer tun werden, ihre Haushalte im schwarzen Bereich zu halten. Darüber hinaus greifen die Zuweisungen samt Kürzungen im kommenden Jahr erst zu 70 Prozent.


Neuer Wind in den Ratsstuben

Andreas Pöder von der Bürgerunion nimmt sich indes die anstehende Verabschiedung der Gemeinden-Finanzierungsreform zum Anlass, um eine Zusammenlegung der Kleinstgemeinden des Landes fordern. Er will im Landtag im Zuge der Behandlung des neuen Gemeindenfinanzierungsgesetzes einen entsprechenden Vorschlag einreichen, mit dem die Anzahl der Gemeinden auf 100 reduziert werden soll. Darin sieht er Sparpotential, denn “die Mikrogemeinden bringen eine unnötige Belastung für den Steuerzahler mit sich”, so Pöders Überzeugung. Begründet liegt diese in der wissenschaftlich belegten Tatsache, die auch die Grundlage für das neue Finanzierungsmodell bildet, dass Gemeinden mit einer Einwohnerzahl zwischen 5.000 und 15.000 am effizientesten arbeiten. Nach dem Vorbild des Trentino könne die Zusammenlegung laut Pöder für mehr Effizienz in den Verwaltungen sorgen und Steuergelder einer besseren Verwendung zuführen: “Es wird klar ersichtlich, dass es Gemeinden gibt, deren Verwaltungsaufwand nicht gerechtfertigt ist. So hat jede noch so kleine Gemeinde einen Bürgermeister, einen Ausschuss, einen Gemeinderat, einen Gemeindesekretär, Gemeindeverwaltungen. Einige Südtiroler Gemeinden haben bereits den Weg zur Zusammenarbeit und gemeinsamen Nutzung von Ressourcen gefunden”, so der Landtagsabgeordnete.

Nun liegt der Ball aber vorerst noch beim Rat der Gemeinden. Dieser muss am Montag seine Zustimmung zum neuen Finanzierungsmodell geben. Am gestrigen Freitag waren zu wenige der 17 Mitglieder anwesend und der Rat somit nicht beschlussfähig.