Gesellschaft | Studierende

"Nur für eine Wahl heimfahren, würde ich nicht"

Über die Bereitschaft der Studierenden im Ausland, für die Gemeindewahlen nach Hause zu fahren. Viele wünschen sich mehr: Briefwahl und Mitbestimmung dort, wo sie wohnen.

381.033 Personen sind bei den Gemeinderatswahlen am 10. Mai wahlberechtigt. Nicht alle halten sich an dem Tag in Südtirol auf. Unter anderem zahlreiche Studentinnen und Studenten, die auswärts – im restlichen Italien oder im Ausland – studieren. Wer für die Gemeinderatswahlen nach Hause fahren will, bekommt wie auch bei anderen Wahlen, einen Teil der Fahrtkosten rückerstattet.


Die Vergünstigungen für Zugfahrten

Der Fahrtpreis für ein Ticket zweiter Klasse wird bei Vorlage des Wahlausweises um 60 Prozent bei den Regionalzügen reduziert. Bei den anderen Zügen um 70 Prozent. Dabei muss die Hin- und Rückfahrt jeweils innerhalb von zehn Tagen vor beziehungsweise nach dem Wahltermin erfolgen. Der reduzierte Fahrtpreis kann an den Ticketschaltern unter Vorlage einer Identitätskarte und des Wahlausweises (oder einer Ersatzerklärung) in Anspruch genommen werden. Für die Rückfahrt muss der gestempelte Wahlausweis vorgelegt werden. So weit, so gut.

Doch hat die Sache einen Haken: Die Vergünstigung für Zugtickets gilt nur für Fahrten und Strecken innerhalb des italienischen Staatsgebiets. Die Regelung, wonach auch die Fahrtkosten in Österreich und Deutschland zum Teil rückerstattet werden, wurde im Zuge der Einführung der Briefwahl für die Landtagswahlen abgeschafft. Dabei wurde von der Landesregierung allerdings übersehen, dass die Briefwahl bei Gemeinderatswahlen nicht durchgeführt werden kann. Wegen etwaigen Stichwahlen.


StudentInnen im Ausland schauen durch die Finger

“Die Dummen sind leider die Studierenden”, bedauert die Südtiroler HochschülerInnenschaft. Sie macht ein Rechenbeispiel:

Ein Student in Wien, der insgesamt 16 Stunden Zugfahrt auf sich nehmen würde, um sein Wahlrecht auszuüben, lediglich für die kurze Strecke von Brenner bis zu seinem Heimatort einen Teil der Fahrtkosten rückerstattet. Von den 60 Euro (reduzierter Preis mit Vorteilskarte), die er alleine in Österreich für die Zugfahrt bezahlen muss, wird ihm kein einziger Cent rückerstattet.

Entsprechend unmotiviert sind die Auslands-StudentInnen, für die Wahlen am 10. Mai die mehr oder weniger lange Reise nach Hause anzutreten. In einer spontanen Umfrage von salto.bz gab keiner der befragten Studierenden an, für die Gemeinderatswahlen nach Hause fahren zu wollen. Die Gründe dafür sind mehrere: Einige müssen arbeiten oder haben an dem Wochenende Uni-Seminare. Andere wiederum wollen den doch hohen Zeit- und Geldaufwand nicht auf sich nehmen. “Ich fahre nicht. Und kenne auch niemanden, der oder die heimfährt. Briefwahl wäre cool, müsste nur gut gemacht werden. Wählen wäre doch wichtig”, so eine Studentin in Wien.


Briefwahl und Mitbestimmung am Wohnort

Auch andere finden die Idee der Briefwahl auch bei Gemeindewahlen interessant: “Ich fahre nicht extra nach Südtirol, würde aber gern per Briefwahl wählen – wenn die Möglichkeit bestünde. Es ist sehr schade, dass gerade die vielen Studierenden und im Ausland Lebenden nicht mitwählen.” Extra nach Hause fahren, um zu wählen? Die Vorstellung findet anscheinend keinen großen Anklang. “Nur für eine Wahl heimfahren würde ich nicht. Bei den vergangenen Wahlen habe ich ab und zu einen Tag angehängt oder vorverlegt, wenn ich aus anderen Gründen in Südtirol war. Diesmal werde ich nicht wählen.” Die Antworten sind beinahe identisch. “Wenn ich ohnehin dort wäre, ok, aber ich fahre nicht nur wegen Wahlen die weite Strecke.”

Aber die Studierenden gehen auch einen Schritt weiter: “Lieber wähle ich da, wo ich auch lebe”, so ein Student in Wien. “Auch ich würde lieber da wählen dürfen, wo ich wohne”, schließt sich eine Studentin an. “Ja, es wäre schön, überall wählen zu dürfen, wo man wohnt und Mitverantwortung verspürt. Gerade in einer globalen Welt wirken Interessen und Themen doch über die Grenzen hinaus, weshalb man sich durchaus angesprochen fühlen kann, bei einer Wahl in seinem Heimatort mitzustimmen, auch wenn man vorübergehend oder langfristig nicht dort wohnt.”


Appell an das Pflichtbewusstsein

Ausreden wie die Fahrt sei zu teuer oder die Umstände zu groß, lässt einer der Befragten hingegen nicht gelten: “Demokratie ist keine Dienstleistung, da muss man schon mitmachen. Wer nicht bereit ist zu wählen oder schlicht kein Interesse daran hat, sollte es dann aber auch die gesamte Gesetzgebungsperiode hindurch vermeiden sich über irgend eine politische Entscheidung zu echauffieren.”

Fazit: Die Bereitschaft der Studierenden, wählen zu gehen, ist da. Doch der Wille, die Fahrt und Kosten auf sich zu nehmen, auffallend gering. Darüber hinaus würden viele auch gerne an ihrem Studienort mitsprechen dürfen und Verantwortung übernehmen. Die Südtiroler HochschülerInnenschaft ruft indes alle Studierenden auf, sich von den Umständen nicht demotivieren zu lassen und am 10 Mai ihr Wahlrecht auszuüben.

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Alessandro Stenico Mi., 29.04.2015 - 18:07

„Die Regelung, wonach auch die Fahrtkosten in Österreich und Deutschland zum Teil rückerstattet werden, wurde im Zuge der Einführung der Briefwahl für die Landtagswahlen abgeschafft. Dabei wurde von der Landesregierung allerdings übersehen, dass die Briefwahl bei Gemeinderatswahlen nicht durchgeführt werden kann. Wegen etwaigen Stichwahlen.“

Nur zur Richtigstellung: bei Gemeinderatswahlen gab es nie eine Rückerstattung der Reisekosten sowohl für Studenten als auch für alle andere Heimatferne die im AIRE Register eingetragen waren.
Bei Landtagswahlen gab es bis zum Jahre 2013 eine sogenannte Pauschal - Rückerstattung der Reisekosten und nur für Heimatferne die im Aire Register eingetragen waren und nie für Studenten.
Für die Gemeinderatswahlen ist nicht der Landtag, sondern der Regionalrat zuständig.

Was die Zulassung zur Kommunalwahlen in den EU Länder betrifft, besteht für alle EU Bürger schon länger die Möglichkeit sich dort zu melden wo man ansässig ist und eine Eintragung in die Zusatzwählerlisten zu beantragen.
In der Europäischen Union dürfen alle EU-Bürger an Kommunalwahlen an ihrem Hauptwohnsitz teilnehmen, unabhängig davon in welchem Mitgliedsstaat sich dieser befindet.

Da bei den Gemeinderatswahlen eine Stichwahl vorgesehen ist, kann man keine Briefwahl durchführen. Es ist unmöglich vorauszusagen ob eine Stichwahl stattfinden wird und wenn es so wäre mit welchem Bürgermeisterkandidat. Bei einer Stichwahl kann nur eine „e-Wahl“ in Betracht gezogen werden ( Zukunftsmusik !!).

Mi., 29.04.2015 - 18:07 Permalink