Walpurgisnacht
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Bald ist sie da, die Nacht des Hexentanzes und Feuerspukes in der Wende vom 30. April auf den 1. Mai. Die Walpurgisnacht wurzelt in heidnischen Traditionen der Germanen und wird vor allem in Nordeuropa heute noch gefeiert. Im Hochmittelalter waren der katholischen Kirche die ausgelassenen Feiern der weisen Hagazussen ein Dorn im Auge. Im Rahmen der Christianisierung wurde somit das Gerücht verbreitet, dass nur Hexen, also Verbündete des Teufels, daran teilnahmen. Als solche galten starke und unabhängige Frauen – ihnen wurde vorgeworfen, für Krankheiten, Tod und materielle Schäden verantwortlich zu sein. Bei der Hexenjagd und den Hexenprozessen wurden sie mit unglaublicher Brutalität verfolgt, gefoltert und auf dem Scheiterhaufen öffentlich verbrannt. Als Gegenstück dazu, um Frauen vor den bösen Geistern zu bewahren, galt die heilige Walpurga als Vorbild für ein Leben in Keusch- und Reinheit.
Wir sprechen von einer Dualität, die quer durch Raum und Zeit dem patriarchalen Gesellschaftssystem dienlich ist, weil es die Frauen trennt: auf der einen Seite die unabhängige, eigenständig denkende oder andersdenkende Hexe (auch Lilith oder Hure). Auf der anderen Seite die den gesellschaftlichen Erwartungen und Rollenbildern angepasste, tugendhafte und selbstlose Heilige. Die aufopfernde, passive, untergeordnete Frau wird verherrlicht und auf ein Podest gestellt (Mutter Gottes), die selbstbestimmte Frau mit Misstrauen beäugt und verurteilt. Natürlich haben wir es mit Stereotypen oder Schubladen zu tun, in die Frauen aufgrund ihrer Kleidung, Sexualität und Selbstbestimmung im weitesten Sinne gesteckt, kontrolliert und unterdrückt werden. Das galt für die Frauen im Mittelalter genauso wie für die Feministinnen der 1970er Jahre und 2018 sogar für Hilary Clinton, um ein konkretes Beispiel zu nennen.
Warum? Weil es kaum eine größere Bedrohung für das Patriarchat zu geben scheint als eine Gruppe kritischer und unabhängiger Frauen, welche die Regeln des patriarchalen Systems herausfordern und in Frage stellen. Deshalb steht die Walpurgisnacht mit ihrer symbolischen Bedeutung für die Befreiung und die Stärkung der weiblichen Energie und für den Widerstand gegen patriarchale Strukturen. Durch ein neues Narrativ der Hexenfigur werden die Vielfalt der weiblichen Erfahrungen und Ausdrucksformen anerkannt und die Komplexität der weiblichen Identität gefeiert. Die Figur der Hexe wird zum Symbol für weibliche Macht und Weisheit, die außerhalb der patriarchalen Normen und Strukturen existiert.Aus der Reflektion der historischen Unterdrückung von Frauen und ihres Widerstands entsteht unsere kollektive Stärke. Es gilt, die Kraft und den Mut zu feiern, sich gegen gesellschaftliche Normen und Erwartungen aufzulehnen, die unsere Freiheit und Gleichstellung seit mindestens 12.000 Jahren, seit der Sesshaftigkeit, einschränken. Und dazu bedarf es unbedingt eines Hexenzaubers!