Das tagelange Tauziehen um das Rettungsschiff sea watch mit 42 aus dem Meer geretteten Migranten ist am Samstag mit der Festnahme der deutschen Kapitänin Carola Rackete zu Ende gegangen. Beim Versuch, trotz eines Verbots in den Hafen von Lampedusa einzulaufen, hatte das unter holländischer Flagge fahrende Rettungsschiff ein Boot der Guardia di finanza gerammt. Ob dieser Zwischenfall absichtlich provoziert wurde oder oder Folge eines verfehlten Manövers war, muss nun der ermittelnde Staatsanwalt aus Agrigento klären. Die 31-jährige wird der Beihilfe zur illegalen Einwanderung beschuldigt. Sie befindet sich auf Lampedusa im Hausarrest.
Die Operation sea watch hat einmal mehr Vizepremier Matteo Salvini den Rücken gestärkt, der den Erfolg seiner harten Haltung bestätigt sieht. Geflissentlich hatte der Lega-Chef bereits vor vier Tagen ein Angebot der Diözese Turin ignoriert, die 40 Flüchtlinge aufzunehmen. Am Rande des G 20-Gipfels in Osaka hatte Premier Giuseppe Conte die Aufnahme der Flüchtlinge durch fünf EU-Staaten ausgehandelt - unter der Bedingung, dass ihre Registrierung in Lampedusa erfolgen müsse. Diese Forderung wurde von Salvini abgelehnt. Damit bleibt das weitere Schicksal der Flüchtlinge ungeklärt. Für den Vizepremier sind sie lediglich ein Faustpfand für zukünftige Verhandlungen mit der verhassten EU. Dass bei der Immigration in Italien unterschiedliche Massstäbe gelten, demonstrierte das Beispiel Lampedusa. Vor und nach der Landung der Sea Watch liefen unbehelligt über 10 Boote in den Hafen der Insel ein, in denen sich über 300 tunesische Migranten befanden. Sie konnten problemlos an Land gehen und wurden im Aufnahmezentrum der Insel untergebracht. Ein Vorgang. der sich fast täglich wiederholt, wie der Bürgermeister der Insel versichert. Die Operation sea watch hat das in Italien weit verbreitete Bild deutscher Arroganz bestätigt, die unnütze Härte der Niederlande, unter deren Flagge die sea watch fährt, hat die von der Lega propagierte Abneigung gegen die EU weiter konsolidiert-
Ein Blick auf die Statistik zeigt die beeindruckende Abnahme des Flüchtlingsstroms. Wurden 2017 in den Monaten April, Mai, Juni und Juli an Italiens Küsten über 70.000 Flüchtlinge registriert, so ist deren Zahl mittlerweile auf wenige Hundert gesunken - auch dank Salvinis Vorgänger Minniti.
Die Operation sea watch hat das in Italien weit verbreitete Bild deutscher Arroganz verstärkt, die unnütze Härte der Niederlande, unter deren Flagge die sea watch fährt, hat die von der Lega propagierte Abneigung gegen die EU weiter konsolidiert.
Doch weil kein anderes Thema bei Wahlen so viele Stimmen bringt, eröffnet die Lega nun eine neue Front - auch hier gegen ein Phantom. Im Friaul will Präsident Massimiliano Fedriga - ein enger Lega-Freund Salvinis - die Grenze zu Slowenien mit Stacheldraht sichern und durch Drohnen überwachen lassen. Salvini spricht von der Errichtung einer barriera fisica: "Non auspico la sospensione di Schengen." Und Fedriga schiebt die Verantwortung einmal mehr auf die EU ab und beklagt "totale assenza dell'Europa". Man habe in den letzten Wochen an der Grenze zu Slowenien 129 Personen zurückgewiesen - eine fürwahr bedrohliche Bilanz. Mit Barrieren und Stacheldraht, wie sie die Lega wünscht, verbinden die Slowenen eine üble Erinnerung. Durch Jahrzehnte trennten sie etwa das italienische Gorizia vom jugoslawischen Nova Gorica - der Stacheldraht lief quer über Bahngleise, durch Gärtnen und zwischen Nachbarhäusern. Nach Jahrzehnten kommt der kommunistische Abschottungswahn offenbar wieder in Mode - diesmal dank Lega auf italienischer Seite. Fedriga: "Costruiremo un muro di 243 chilometri."