Wirtschaft | Landwirtschaft

„Das ist erst der Anfang“

Vom eigenen kleinen Hof leben können und einen nachhaltigen, positiven Impact auf den Tourismus schaffen – dieses Ziel verfolgt ein Projekt, das vor Kurzem im Wipptal gestartet wurde.
Kartoffeln Ernte
Foto: Pixabay/Pexels
  • Vor einigen Wochen wurde wie berichtet in der Gemeinde Ratschings das Projekt „Regionale Kreisläufe“ vorgestellt, mit dem vor allem die hiesigen Landwirte angesprochen werden sollten. Diese können zu fairen Konditionen und garantierten Preisen landwirtschaftliche Produkte herstellen, welche in den lokalen Gastbetrieben und Hotels angeboten werden. Auf die Beine gestellt  wurde das Projekt von der Tourismus Ratschings Genossenschaft in Zusammenarbeit mit dem Bauernbund und dem Südtiroler Beratungsunternehmen „Terra Institut“. Während sich auf Seiten der Abnehmer eine Gruppe aus acht Hotels zusammen getan hat, war man bis vor Kurzem noch auf der Suche nach Bauern, die bereit sind, in die Gemüse- oder Eier-Produktion einzusteigen. 

  • Bauernbund-Vertreter Matthias Braunhofer und Entwicklungsexperte Alexander Schweitzer: Mitte Mai haben die Initiatoren des Projektes interessierte Landwirte zu einem Info-Abend eingeladen. Foto: SALTO

    Wie Alexander Schweitzer vom Terra Institut berichtet, haben sich mittlerweile zehn Bauern aus der näheren Umgebung gefunden, die umsatteln bzw. ihre wirtschaftliche Tätigkeit erweitern möchten, genauer gesagt hat die Kooperation, die eigentlich erst im kommenden Jahr starten sollte, bereits begonnen. Bei einem Treffen, das vor Kurzem stattgefunden hat, hatten die Vertreter der Hotelbetriebe und die Bauern die Möglichkeit, sich direkt auszutauschen und auf die Wünsche und Vorstellungen der jeweils anderen Seite einzugehen. „Das Projekt ist auf viel positive Resonanz gestoßen und die Beteiligten sind ausgesprochen motiviert und engagiert“, so Schweitzer. Besprochen wurden unter anderem organisatorische Dinge wie beispielsweise die Anlieferung. So äußerten die Gastbetriebe den Wunsch, diese so zu organisieren, dass nicht jeder Bauer seine Produkte selbst liefert – dies wäre nämlich sowohl für die Landwirte ein Mehraufwand als auch für die Hotels. Gesprochen wurde weiters über mögliche Schwierigkeiten und Probleme, die im Zuge der Zusammenarbeit auftauchen können. Um die Kommunikation untereinander zu erleichtern, wurde eine WhatsApp-Gruppe eingerichtet. Die Bauern bieten darin regelmäßig ihre aktuell zur Verfügung stehenden Produkte an, jene Gastwirte, die Bedarf danach haben, melden sich und die Bestellung wird direkt verhandelt. Auch die Produktpalette ist inzwischen verhältnismäßig umfangreich: Das Angebot reicht mittlerweile von verschiedenen Salaten über Zucchini, Kartoffeln und Eiern bis hin zu Melonen. 

  • Treffen der Bauern und Stakeholder: Thema waren organisatorische Fragen und mögliche Herausforderungen, die im Zuge der Zusammenarbeit auftauchen könnten. Foto: Tourismusgenossenschaft Ratschings
  • „Wenn der Wille da ist, funktioniert das Projekt“, ist sich Schweitzer sicher. Vor allem die Hotelküchen, sprich die Köche sind gefragt, sich an die regionalen Angebote anzupassen, was im Grunde genommen heißt, dass nur bestimmte Produkte zu bestimmten Zeiten verfügbar sind. „Die Küche muss hier gezielt und aktiv mitarbeiten“, erklärt der Entwicklungs-Experte. Während es vielfach üblich ist, bei manchen Produkten auf Convenience- oder vorverarbeitete Waren zu setzen, ist die Arbeit mit frischen Produkten, die erst geschält und zugeschnitten werden müssen, mit wesentlich mehr Aufwand verbunden. Allerdings spreche das Ergebnis für sich: Man könne nicht nur mit regionalen, gesunden und frisch geernteteten Lebensmitteln werben, sondern auch mit Nachhaltigkeit – ein Aspekt, der zunehmend an Bedeutung gewinnt. „Dies ist erst der Anfang“, zeigt sich der Entwicklungs-Experte überzeugt. Das nächste gemeinsame Treffen ist für Herbst geplant, ein weiteres im Spätherbst bzw. im Winter. 

  • Den Ertrag steigern

    Andrea Wieser, zuständig für Product Management, Projects & Sustainability in der Tourismusgenossenschaft Ratschings: „Diese Form der Zusammenarbeit soll einen neuen Dialog zwischen beiden Wirtschaftszweigen anstoßen und den gegenseitigen Nutzen deutlich sichtbar machen.“ Foto: privat

    Bei Letzterem gehe es darum, dass sich die Bauern untereinander besser absprechen. Schließlich sei es nicht zielführend, wenn jeder dasselbe anbaue. Je mehr Beteiligte und je größer das Projekt, desto komplexer auch die Organisation – auch über diese Fragen, beispielsweise welche Gesellschaftsform man anstrebt, werde bereits nachgedacht. Andrea Wieser, zuständig für Product Management, Projects & Sustainability in der Tourismusgenossenschaft Ratschings, ergänzt, dass die Abnahme lokal erzeugter Produkte durch Tourismusbetriebe den Landwirten die Möglichkeit eröffne, sich ein attraktives zusätzliches Einkommen zu sichern. Gleichzeitig profitieren die Tourismusunternehmen von der hohen Qualität und der regionalen Verfügbarkeit dieser Produkte. „Diese Form der Zusammenarbeit soll einen neuen Dialog zwischen beiden Wirtschaftszweigen anstoßen und den gegenseitigen Nutzen deutlich sichtbar machen. Der Landwirt engagiert sich aktiv für den Erhalt der Kulturlandschaft und partizipiert direkt an der Wertschöpfung, die durch den Tourismus entsteht“, so Wieser. Sehr zufrieden zeigt man sich in der Tourismusgenossenschaft mit den bisherigen Ergebnissen. Für die nahe Zukunft erwartet man sich, dass noch weitere touristische Betriebe diesem Projekt beitreten werden, da das Interesse an nachhaltiger Entwicklung im Tourismussektor stetig wächst. 

     

    „Der Landwirt engagiert sich aktiv für den Erhalt der Kulturlandschaft und partizipiert direkt an der Wertschöpfung, die durch den Tourismus entsteht.“

     

    „Auch unter den Landwirten ist die Resonanz sehr positiv und wir sind zuversichtlich, dass dieses erfolgreiche Modell weitere Bauern und Bäuerinnen inspirieren wird, ähnliche Möglichkeiten zu nutzen“, erklärt die Beauftragte für Product Management, Projects & Sustainability, derzufolge es wünschenswert wäre, wenn die heutigen Nebenerwerbsbauern und -bäuerinnen durch dieses Projekt in der Lage wären, den Ertrag ihrer Höfe so zu steigern, dass sie wieder davon leben können. „Dies könnte auch dazu führen, dass beide Wirtschaftssektoren enger zusammenarbeiten, da sie die Vorteile der jeweiligen Tätigkeiten des anderen erkennen und nutzen können.“