Gesellschaft | Klassenkämpfe 6

Das Anderssein der Anderen

Ist ein bauchfreies Top tatsächlich gleichzusetzen mit Respektlosigkeit gegenüber der Lehrperson? Ist eine zerrissene Jeans gleichbedeutend mit mangelndem Ernst? Zeigt sich Respekt nicht eher im Verhalten – im Tonfall, im Zuhören und im Umgang miteinander?
Kleiderordnung
Foto: Acele, Unsplash
  • Wenn über Schule gesprochen wird, dann geht es meistens um Hausaufgaben, Notendruck oder Prüfungen. Aber es gibt ein Thema, das immer wieder für Diskussionen sorgt und oft unterschätzt wird: die Kleidung von Schülerinnen und Schülern.

    Mädchen kleiden sich angeblich zu freizügig mit bauchfreien Tops, engen Leggings oder kurzen Hosen. Jungs sollen zu „respektlos“ und zu „lässig“ sein - mit Kapuzenpullis, Caps oder zerrissenen Jeans. Aber wer legt das eigentlich fest, was zu viel, zu wenig oder gerade noch „angemessen“ ist?

  • Schüler sagen, was sie denken

    Wir reden zwar oft über Schule, lassen aber selten Schülerinnen und Schüler zu Wort kommen. SALTO ändert das mit seiner Mini-Serie Klassenkämpfe. In dieser Reihe kommen Schülerinnen und Schüler zu Wort, sprechen über ihre Hoffnungen und Ängste und auch darüber, ob es um das Schulsystem wirklich so schlecht steht, wie viele sagen. 

  • Eine Schule, viele Menschen, viele Stile

    Ich besuche eine Landesfachschule, an der Menschen zwischen 14 und 55 Jahren lernen. Diese Vielfalt spiegelt sich auch in der Kleidung wider. Während die jüngeren Schülerinnen oft modisch experimentieren, bevorzugen ältere Studierende meist praktische, schlichte Outfits.

    An einem ganz normalen Schultag sehe ich zum Beispiel:

    Eine Schülerin mit weitem Hoodie, lockerer Jogginghose und Crocs, Einen Schüler mit Hemd, Stoffhose und Sneakers, Eine Schülerin mit Crop Top und Jeansjacke, Eine erwachsene Studierende mit Bluse und Rucksack.

    Niemand fällt damit negativ auf. Alle sind einfach sie selbst. Die Kleidung passt zum Typ vielleicht nicht immer perfekt zur „Norm“, aber immer zum jeweiligen Menschen.

  • Unsere Autorin

    Mia Nicolussi ist 17 Jahre alt und besucht die Landesfachschule für Sozialberufe Hannah Arendt in Bozen. Später möchte sie auch einen Sozialberuf ausüben.

  • Kleidung = Respekt?

    Ist ein bauchfreies Top tatsächlich gleichzusetzen mit Respektlosigkeit gegenüber der Lehrperson? Oder ist eine zerrissene Jeans gleichbedeutend mit mangelndem Ernst?

    Zeigt sich Respekt nicht eher im Verhalten – im Tonfall, im Zuhören, im Umgang miteinander?

    Ich selbst trage manchmal enge Hosen, oversized Pullover oder auch mal ein Top, das etwas Bauch zeigt-  nicht, um jemanden zu provozieren, sondern weil ich mich darin wohlfühle. Für mich ist das kein Widerspruch zum Schulalltag. Ich kann mich in meinem Lieblingspulli konzentrieren, mich respektvoll verhalten und ernsthaft lernen.

  • Bauchfrei in die Schule: Ist ein bauchfreies Top tatsächlich gleichzusetzen mit Respektlosigkeit? Foto: Natalia Olivera, Pexels
  • Warum keine Schuluniform?

    In Ländern wie Großbritannien ist Schuluniform Pflicht. Alle tragen das Gleiche unabhängig von Herkunft, Körperform oder Stil. Das soll für Gleichheit sorgen. Aber wäre das wirklich eine Lösung? 

    Für mich nicht.

    Ich bin 17. Ich will mich nicht verstecken. Ich will zeigen, wer ich bin, nicht laut, nicht rebellisch, aber selbstbewusst. Ich will mich morgens anziehen können, wie ich mich gerade fühle. Und ich möchte ernst genommen werden, auch dann, wenn ich Jeans trage statt Stoffhose.

    Eine Schuluniform würde viele Unterschiede unsichtbar machen – aber nicht lösen. Anderssein gehört zum Leben. In der Schule sollten wir mit dem Anderssein der Anderen umzugehen lernen und es nicht „zudecken“.

  • Vielfalt statt Vorschrift

    Vielfalt und Diversität gehören zum Leben. Darum sollte man in der Schule das tragen dürfen, was man möchte.

    Mode verändert sich. Was heute „zu freizügig“ erscheint, ist in zehn Jahren vielleicht selbstverständlich. Deshalb sollten wir nicht an starren Kleidervorstellungen festhalten, sondern uns für Offenheit und gegenseitigen Respekt starkmachen.