Kultur | Salto Afternoon

Resistente Künstlerresidenz

Am 3. Mai wird im Lanserhaus in Eppan die Gruppenausstellung der Künstlerresidenz "Eau&Gaz" eröffnet. Ein Überblick vorab.
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Foto: Eau & Gaz

Die KünstlerInnen-Residency Eau&Gaz wurde 2014 ins Leben gerufen, um in der Gemeinde Eppan einen Treffpunkt für Künstlerinnen und Künstler zu schaffen, Kunst- und Kulturinteressierte und all jene, die in diesem Kontext produktiv sind. Entstanden ist eine Plattform, die zur Erforschung gesellschaftlicher, politischer sowie ästhetischer Fragen und damit zu lebendigem Zusammenkommen und aktivem Austausch einlädt. Jährlich werden Künstlerinnen und Künstler sowie Autorinnen und Autoren geladen, um in Eppan zu leben und zu arbeiten.

Aslı Çavuşoğlus Arbeiten untersuchen die Umstände, in denen kulturelle und historische Fakten von Individuen transformiert, repräsentiert und interpretiert werden. Die Künstlerin übernimmt dabei die Rolle einer Dolmetscherin, oder Moderatorin und wirft zugleich Fragen auf, wie Geschichte gelesen werden kann, wer diese schreibt und zu welchem Zweck.

Çavuşoğlu sucht nach Brüchen und Lücken in Erzählungen, die Raum bieten können für neue Interpretationen. Geschichten aus physischen Artefakten zu extrahieren zeigt zugleich, dass die Konstruktion und Legitimation einer Wahrheit immer erst anhand von Expertisen an Gültigkeit gewinnt. Während der Erforschung materieller und narrativer Konstellationen tauchen immer wieder vergessene oder verloren geglaubte Objekte und dessen verschwiegene Geschichte auf.

Tragbare Skulpturen selbst ausprobieren

Für die Ausstellung in Eppan haben die Künstlerinnen Helena Dietrich und Janneke Raaphorst eine immersive Installation in eine interaktive Shop-Erfahrung umgewandelt. In diesem Showroom sind die Besucher eingeladen, die tragbaren Skulpturen oder Textil-Körper selbst auszuprobieren. Ihr Elastic Habitat ist ein Tempel, ein Spielplatz, ein Laboratorium von austauschbaren Körpererfahrungen. Darin soll der imaginäre, unsichtbare und spekulative Körper erforscht werden: Eine Einladung, das gewöhnliche Habitat des eigenen physischen und virtuellen Körpers zu dehnen und zu überschreiten.

Elif Erkans Skulpturen sind wie Behälter, die ihren Inhalt schützen, zusammenhalten und aufbewahren. Sie konservieren den performativen Akt ihrer Entstehung. Erinnerungen und Begehren werden darin zu einer erstarrten Masse verdichtet. Es sind die Dinge, die mit unseren Körpern eine physische Bindung eingehen, ihn optimieren, heilen oder schützen sollen, die in Erkans Arbeiten regelmäßig wiederkehren.
In ihren neuen Arbeiten für Eau&Gaz steht im Mittelpunkt die Frage:

Does Work Love Me? (Werde ich von meiner Arbeit geliebt?)

Mit Methoden, die der Wahrsagerei und Zahlenmystik entnommen sind, entstehen folkloristische Bilder aus Filz, die sich dieser Frage annehmen und Betrachtende dazu anregen, ihr Verhältnis zu Arbeit, Erfolg und Schicksalhaftigkeit zu prüfen.

Die Installation von Masatoshi Noguchi suggeriert den Eindruck einer Herberge oder Wohnstätte. Ähnlich eines Schreins, der eine göttliche Kraft dazu einlädt, die Verehrungsstätte zu bewohnen, fungiert die Installation als Speicher. Erinnerungen und Sehnsüchte schreiben sich in den Objekten ein, deren glänzende glatten Oberflächen jeden Makel von sich zu weisen scheinen. Auffallend ist das wiederkehrende Motiv des Zaunes, das in seiner Bedeutungsebene, zwischen abschirmen, filtern und schützen, ambig bleibt und das Dahinterliegende nur aus einer gewissen Distanz wahrnehmen lässt.

Karin Ferraris künstlerische Forschung konzentriert sich auf die Narrative der Internet-Subkultur. Sie interessiert der (paranoide) Imaginationsraum als ein Symptom unserer Gegenwart und ihrer opaken Machtstrukturen. Sie bildet Verschwörungsvideos als Teil der Youtube-Kultur nach, indem sie ihrem Schema der Ästhetik und Sprache folgt. So wird auf eine weitere spekulative Deutungsebene verwiesen: Kunstwerk und Videos sind nicht mehr zu unterscheiden, künstlerische und „künstliche" Signifikanz verschwimmen.

Karin Ferrari DECODING ZiB / Quelle: Youtube

Rosalyn D'Mello arbeitet als Kunstkritikerin für verschiedene indische Magazine. In ihrem Debütroman „A Handbook For My Lover" (2015), einer Art Briefroman, verfasste sie über Jahre hinweg eine Sammlung von Briefen, die an ihren namenlosen, doppelt so alten Liebhaber adressiert sind. In diesem sehr persönlichen Zugeständnis schreibt sie über sexuelles Verlangen, Masturbation und Dehnungsstreifen und bricht damit vorherrschende Tabus in Indien.