Die letzten Leghisti
Bei den letzten EU-Wahlen hat die Lega Nord aus dem Sondrio 31.650 (33.88%) der Stimmen bekommen, eine Nasenlänge Vorsprung vor dem stark aufholenden PD mit 29.739 (31.83%).
Warum ausgerechnet Sondrio? Bestimmt nicht, weil sich Veltlin und Valchiavenna besonders als Padanien fühlen. Montagna bleibt Berg und Pianura bleibt Ebene. Auch nicht, weil die Bevölkerung den Rechtspositionen der Lega so nahe stünde. So geht man im Sondrio eigentlich recht gemäßigt und auch kreativ mit dem Flüchtlingsthema um. Klar, hatte der EU-Parlamentarier der PD, Antonio Panzeri, der sich als Maghreb-Beauftragter einen Namen gemacht hat, im Zuge des Wahlkampfs Diesbezügliches nahe legen wollen: «Immigrazione? Certamente un problema, ma anche un’opportunità. Sicuramente una questione complessa che non può essere risolta con slogan populisti.»
Damit hatte er ganz gezielt auf den «Politica irresponsabile»-Sager seine Kontrahenten Massimo Sertori, seines Zeichens auch Präsident der Provinz Sondrio, anspielen wollen, als der Provinz Sondrio im April ein Kontingent zur Unterbringung von vierzig Einwanderern aufgebrummt worden war. Aber Sertori hatte sich weniger über das Dass, als mehr über das Wie beschwert. So, wie er sich immer beschwert, über die Ohnmacht seiner Noch-Provinz, immer am unteren Ende der Nahrungskette zu stehen. Er steht da schon ein bissel wie ein Asterix, natürlich gegen den übermächtigen PD, scheut sich aber auch nicht, gegen die Führung der Lega Nord zu opponieren.
Ein etwas untypischer Leghista ist er, der Sertori, und fast könnte man glauben, er meint es ernst mit dem Ruf nach der Autonomie. Vielleicht ernster, als der damalige Ruf nach der Provincia interregionale dei laghi. Vielleicht ernster, als seinen damaligen Ruf nach Anschluss Sondrios an die Schweiz, der es ja drei Jahrhunderte bis Napoleon bereits angehörte. So verbündet sich in seinem Autonomiestreben mit Sertori auch der Belluneser BARD, dem man nun wirklich keine Nähe zur Lega nachsagen kann.
(Quelle: Wikipedia)
Präsident der Provinz Sondrio ist seit der jüngsten Verfassungsreform kein zukunftsträchtiger Job. So wundert es nicht, dass Sertori, der auch amtierender Präsident der Lombardischen UPI (Unione Province d’Italia) ist, sich als Kandidat des EU-Parlaments beworben hat. Seine Landsleute haben es ihm gedankt. Sertori wurde erstplatzierter Leghista im Sondrio, drittplatzierter in der Lombardei und fünftplatzierter im Wahlkreis Nord-Ovest, nach Vorzugsstimmenkönig Matteo Salvini (Milano, 223.103) , Gianluca Buonanno (Biella, 26.647), Angelo Ciocca (Pavia, 22.472) und Francesco Bruzzone (Genua, 21855). Aber 20.824 Vorzugsstimmen Im Wahlkreis reichen für Straßburg nicht aus und 17.972 Vorzugsstimmen aus der Provinz Sondrio sind in Anbetracht von 31.650 Lega Stimmen (entsprechend 33,88% Stimmanteile) eigentlich auffallend wenig.
(Quelle: La Stampa)
Da drängt sich die Frage auf, ob die Menschen in Valchiavenna und Valtellina schon wirklich hinter ihrem Asterix stehen, oder ob sie für ihre Autonomieträume nicht viel lieber einen Dorfmann wählen hätten wollen, wenn sie im Wahlkreis Nord-Ovest nur hätten können? Lega bleibt schließlich Lega.