Umwelt | Tierwohl

SOS! Fische in Not

Der Zoggler Stausee in Ulten läuft weiter aus. Für die Bevölkerung besteht nach wie vor keine Gefahr. Doch was wird aus der großen Fischpopulation?
Zoggler Stausee
Foto: Privat
  • Seit gut zwei Wochen verliert der Zoggler Stausee im Ultental aufgrund eines technischen Defekts am Grundablassstollen kontinuierlich an Wasser. Der Wasserpegel ist mittlerweile um über 21,5 Meter gesunken, rund 20 Millionen Kubikmeter Wasser sind abgeflossen. Dem Anlagenbetreiber Alperia zufolge ging dabei nie eine Gefahr für die Bevölkerung im Ultental aus. Sorgen bereiteten hingegen, was aus dem großen Fischbestand wird – der Neuen Südtiroler Tageszeitung zufolge sind es etwa sieben bis acht Tonnen an Fisch – dem kontinuierlich Lebensraum in Form von Wasser verloren geht. Relativ schnell kam deshalb die Frage auf, wie die Fische gerettet werden könnten, falls die Wasseraustrittsstelle nicht geschlossen werden kann.

    In den vergangenen Tagen hatte Alperia versucht, ein drei Tonnen schweres Gitter in der Nähe des Grundablassstollens zu bergen, um an die Schadensstelle zu gelangen und gegebenenfalls Reparaturen durchzuführen. Als dieser Versuch jedoch misslang, wurde die Sorge wieder aktuell, sodass sich der Meraner Tierschutzverein „RespekTiere“ mit einem Appell an verschiedene Landesämter und Institutionen im Land wandte.

     

     „Krankheiten und Pilzinfektionen könnten das Wasser verseuchen und den aquatischen Lebensraum sowie deren Lebewesen, welche am und im Wasser leben, gefährden.“

     

    In einem Schreiben spricht der Verein große Besorgnis aus: „Wir beobachten, dass der Wasserpegel rasant sinkt und die enorm große Anzahl von Fischen verschiedenster Arten sich nun sichtbar auf engstem Raum bewegen müssen.“ RespekTiere befürchtet ein massenhaftes Fischsterben. Einerseits könnten Fische, welche vor allem am Gewässergrund leben, bereits vom Sog des Wasseraustrittes mitgerissen und an das Gitter des Stollens sowie an Steinen und Mauern gedrückt werden. Sollte das Wasser weiterhin so schnell ablaufen, könnten Fische in isolierten Pfützen oder flachen Bereichen eingeschlossen werden und dort verenden. Zusätzlich sinke der Sauerstoffgehalt im Wasser stark, wenn es sich durch Sonneneinstrahlung erwärmt. Außerdem fürchtet der Tierschutzverein, dass Fische durch die Austrittsstelle flussabwärts gespült werden könnten. Problematisch sei das vor allem bei Fischarten wie Barschen oder Cypriniden, die nicht an schnell fließende Gewässer angepasst sind. In diesen ungeeigneten Lebensräumen werde somit ihr Überleben gefährdet.

    Sollte es zu einem Fischsterben kommen, prophezeit der Verein auch Risiken für die Wasserqualität. „Krankheiten und Pilzinfektionen könnten das Wasser verseuchen und den aquatischen Lebensraum sowie deren Lebewesen, welche am und im Wasser leben, gefährden“, so das Schreiben. Sollte die Fischfauna also nicht gerettet werden, fürchtet der Verein eine Veränderung der Nahrungskette, eine langsame Regeneration der Fischpopulation sowie einen Verlust der Artenvielfalt. Der Zoggler Stausee weise nämlich einen hohen Wild-Fischbestand und eine besondere Artenvielfalt auf. Im Besonderen was Salmoniden – also Bach-, Regenbogen-, Seeforellen oder Seesaiblinge – betrifft. Als „nicht autochthone Arten“ dürften diese im Falle eines Aussterbens nicht neu im See ausgesetzt werden. Eine Neuansiedlung von Fischen könne somit zwar stattfinden, die Artenvielfalt, die derzeit vorherrscht, werde jedoch nicht mehr zustande kommen.

  • Reges Treiben: Die Anzahl der Fische im Stausee ist sichtlich groß. Foto: Privat
  • „Hätten uns mehr Transparenz gewünscht“

    Seit Beginn des Wasseraustritts am Stausee beobachtet Agnes Schwienbacher von der Bürgerinitiative Ulten die Lage kontinuierlich: „Wir wissen heute genauso viel wie am Tag eins. Wir hätten uns mehr Transparenz, zumindest ein tägliches Update gewünscht“, bekundet sie. Anfangs habe Panik geherrscht, Menschen, die in der Nähe der Stauer wohnen, hätten anderswo übernachtet. „Man wusste ja nie, wie sich die Situation entwickeln wird.“ Trotz anfänglicher Ungewissheit habe sich die Bevölkerung mittlerweile beruhigt.

    Auch über das Wohlergehen der Fische weiß Schwienbacher Bescheid: „Wenn man bis zum Wasser hinuntergeht, sieht man regelrecht, wie sich die Fische im noch verbliebenen Wasser tummeln. Vorher war das nicht so“, weiß die Ultnerin.

  • Die Lösung

    Auch dem Stauseebetreiber Alperia ist das Dilemma rund um die Fische bekannt. Das Energieunternehmen hat sich dazu entschieden, die Höhe des Sees kontinuierlich und kontrolliert zurückzufahren, damit der Inspektionsstollen trockengelegt und die Schadensstelle erreicht werden kann. Hierfür sollen verschiedene Maßnahmen umgesetzt werden: Zunächst wird ein provisorischer Schutzwall im Bett des Stausees vor dem Staudamm gebaut, die Zuflüsse werden umgeleitet. Zusätzlich sollen Maßnahmen zum Schutz der Fischfauna ergriffen werden. Derzeit liege der Wasserstand im Stausee über der Mindestregulierungshöhe. Trotz des stetigen Wasserverlusts bestehe somit keine Gefahr für die Fische. 

    Angesichts der kontrollierten Absenkung des Sees habe Alperia bereits einen Plan zum Schutz der Fische ausgearbeitet, der mit den Experten des Landesamts, dem Fischereiverein des Ultentals und einer spezialisierten Firma besprochen wurde. Demnächst sollen im hinteren Teil des Seebetts drei große Becken angelegt werden, die genügend Wasser speichern können, um den Fischen einen geeigneten Lebensraum zu bieten. Die Fische werden dann in die angelegten Becken gebracht, wo sie bis zur Behebung des Defekts und der allmählichen Wiederauffüllung des Sees, der die Becken zusammen mit den Fischen nach und nach wieder aufnehmen wird, überleben können.