„Habe die Jalousien zugemacht“
... es sind ruhigere dabei und flottere, auch eines ganz ohne Loops und Sustain.
salto.music: Im April 2022 veröffentlichst du dein neues Album „Piano Bar“ als Vinyl, CD und digitalen Release. Die ersten Eindrücke und die Beschreibung des Albums mit den Schlagworten „Klavier, live loops, live digital sustain“ überraschen zunächst. Wann und wo wurden die Live-Improvisationen aufgenommen? Wie klingt Jörg Zemmler 2022?
Jörg Zemmler: Das war letztes Jahr im Frühling, in Seis, in meinem, Studio ist übertrieben. Ich hab ein gebrauchtes Wandklavier gekauft, am Computer getüftelt, wie ich das mit den Loops und dem digitalen Sustain live beim Einspielen hinbekomme, habe die Jalousien zugemacht, um den Straßenlärm auszuschalten und aufgenommen.
Das Album klingt, nun ja, nach Klavier. Ich habe es nicht verfremdet, nur erweitert. Die Loops könnten als zusätzliche Spielhände gesehen werden und Klaviere haben meist auch ein sogenanntes Sustainpedal, das die Saiten und damit die Töne länger klingen lässt. Das digitale Sustain klingt so lange, bis ich es wieder ausschalte. Gleiches gilt für die zusätzlichen Hände, die Loops. Von den Aufnahmen habe ich dann die für mich gelungensten ausgesucht. Es sind zehn Stücke geworden, es sind ruhigere dabei und flottere, auch eines ganz ohne Loops und Sustain.
salto.music: Hast du das Artwork für „Piano Bar“ selbst gestaltet?
Jörg Zemmler: Die Zeichnung ist von mir, ja. Den Rest hat Benjamin Tomasi gemacht in Wien, der ursprünglich aus Völs kommt. Die Zeichnung habe ich eigentlich nur gemacht, um ihm zu zeigen, wie ich mir das Cover circa vorstelle. Aber wir haben dann zusammen beschlossen, sie zu nehmen.
Die Stücke sind ja auch improvisierend entstanden.
salto.music: Siehst du dich nach all den Jahren als Musiker eher in einer Piano Bar als auf einer Festival/Konzertbühne?
Jörg Zemmler: Ich möchte gerne beides machen. Die Musik vom neuen Album kann, glaube ich, auch als Hintergrund funktionieren, in einer Piano Bar beispielsweise. Was aber eben nicht Festivals oder Konzerte ausschließt. Dabei werde ich aber nicht versuchen, die Stücke vom Album zu reproduzieren, sondern improvisieren. Die Stücke sind ja auch improvisierend entstanden.
War das eine gute Entscheidung, damals vor 12.000 Jahren, nicht mehr umherzuziehen und von der Hand in den Mund zu leben?
salto.music: Du warst bis vor einem Jahr freier Mitarbeiter für Radio RAI Südtirol und hast die Sendung „Forum Literatur“ gestaltet. Hast du dich inzwischen mit dem Gedanken in Südtirol zu leben, angefreundet? Wie sind deine derzeitigen Beziehung zu Südtirol und zu Wien?
Jörg Zemmler: Da erwischt du mich am falschen Fuß. Ich habe wirklich keine Ahnung, wie es weitergehen wird. Ich habe Freunde in Südtirol als auch in Wien, beide Orte haben Vor- und Nachteile, ich bin gern da und auch dort und dort immer wieder froh, wieder nach da zu kommen und da freu ich mich dann bald wieder auf dort. Es soll auch anscheinend außer Wien und Südtirol noch andere Orte geben. Und muss man sich entscheiden, kann man nicht alles haben? Muss man sesshaft sein? War das eine gute Entscheidung, damals vor 12.000 Jahren, nicht mehr umherzuziehen und von der Hand in den Mund zu leben? Für die RAI habe ich gearbeitet, das stimmt. Und wieder aufgehört, das stimmt auch. Irgendwie möchte ich gern nach Mexiko. Nur was soll ich da.
Nächste Frage. Ach so, schon fertig. Danke für das Interview.
Info: https://www.joergzemmler.net