Chronik | Jahresrückblick

Was 2017 knallte

Am letzten Tag des Jahres ist es Zeit, unseren LeserInnen noch einmal einen Spiegel vorzuhalten: Was zieht bei Euch besonders, was erntete 2017 am meisten Clicks?
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Foto: upi

Best of 2017: Das mag eine relative Aussage sein. Schließlich hat jede Leserin ihre persönlichen Interessen, mag jeder Leser selbst entscheiden, welche Artikel für ihn gut sind. Doch wie mittlerweile hinlänglich bekannt ist, kann im Online-Journalismus zumindest quantitativ gesagt werden, was besonders gefallen hat. Jeder Click auf salto.bz wird registriert – und so können wir unseren LeserInnen dank Google Analytics einen Spiegel vorhalten, was sie am ehestens dazu verleitet, uns zu lesen. Was also waren die richtigen Knaller oder Click-Feuerwerke des Jahres 2017?

Nun, ein Blick über die 50 meistgelesenen Stücke zeigt einmal mehr: Ihr mögt es gerne stark gewürzt. Klare Ansagen und Meinungen, gerne auch polemisch zugespitzt, ziehen genauso wie Tabuthemen, Streitigkeiten oder alles, wo es - auf gut Südtirolerisch - menschelet. So wundert es wenig, dass es gleich zu Jahresbeginn so richtig knallte, als Maria Theresia Bortoluzzi, die Witwe des verunglückten Möltner Bergläufers und Wirts Karl Gruber, all diese angesagten Ingredienzien in der markanten Aussage „Wir sind alle sierig“ konzentrierte – und an dem Tabuthema rührte, welche Verantwortung Familienväter bei der Ausübung risikoreicher Bergsportarten haben. Auf reges Interesse traf nicht nur eine sehr persönliche Antwort von Bergführer Hanspeter Eisendle. Auch sein Freund und Bergsteiger-Kollege Reinhold Messner traf mit seinen Kommentaren zur aktuellen Tagespolitik hinsichtlich Zugriffszahlen immer ins Schwarze – ganz besonders, als er sich für eine weitere absurde Toponomastik-Debatte schämte. Zum Schämen fand Chefredakteur Christoph Franceschini in seiner beliebten Samstags-Rubrik Pollo der Woche übrigens auch die Tatsache, dass sich eine Südtiroler Tourismus-Gemeinde wie Kaltern offen weigert, Flüchtlinge aufzunehmen. „Ich erkenne Kaltern nicht mehr“, bezog dazu ein gut integrierter Kalterer Zuwanderer, der Jungunternehmer Zauheb Sardar, in einem vielgelesenen Interview Stellung.

Hoch gingen die medialen Wogen auch kurzzeitig, als zwei junge Naturnser in Thailand im Gefängnis landeten, weil sie in betrunkenem Zustand einige Nationalflaggen aus den Halterungen gerissen und beschädigt hatten. Die feindseligen Reaktionen, die sie dafür auch in Südtirol ernteten, waren für die in Thailand lebende Journalistin Christine Losso die „Spiegelung einer kranken Gesellschaft“. Ein klares gesellschaftspolitisches Problem ist auch die hohe Zahl an Selbstmorden junger Menschen. Sie brachten die Brunecker Schulleiterin Marlene Kranebitter zum Aufruf, ein Tabuthema öffentlich zu machen. „Es ist Zeit darüber zu reden“, stellte sie die mediale Schweigepflicht zu Selbstmorden zur Diskussion.

Ein Schultag in Bruneck gab auch Anlass für einen jahrelangen Prozess der Rockband Frei.Wild gegen den Jungendarbeiter Armin Mutschlechner. Obwohl Philipp Burger & Co. mit ihrem prominenten Anwalt Gerhard Brandstätter hartnäckig versuchten, dem Jugendarbeiter für seine Aussagen zur Skinhead-Vergangenheit einiger Bandmitglieder in einer Klasse wegen übler Nachrede zu verklagen, endete der Gerichtsstreit für sie schließlich 0:3. Pikante Details brachte ein Artikel zu einem weiteren Brandstätter-Schützling, Ex-Geher Alex Schwazer, dessen Ausschluss von der Olympiade in Rio angesichts von Russen gehackter Mails immer mehr nach Komplott roch. Keine unwesentliche Rolle spielt Brandstätter dagegen als Sparkassen-Präsident im Fall Rotolongo – der Geschichte um einen drohenden Millionenausfall im Unternehmen seiner Schwester und seines Schwagers.

Schlatterer und Störenfriede

Immer gut geklickt natürlich generell, wenn Promis auf die Finger geklopft wird – wie zum Beispiel, wenn es um die misteri des Führerscheins von SVP-Parteiobmann und Landesrat Philipp Achammer ging. Äußerste Prominenz hat in diesem Jahr auch SAD-CEO Ingemar Gatterer erlangt, der allerdings selbst gerne anderen auf die Finger klopft. Sein besonderes Faible für gerichtliche Streitsachen bekam unter anderem der Brixner Liedermacher Markus „Doggi“ Dorfmann zu spüren, dessen Lied zum SAD-Streik samt schönem Reim „Herr Gatterer, was sind sie für ein Schlatterer“ den SAD-Eigentümer zum Versuch einer Einschüchterung oder genauer gesagt einer Strafanzeige verleitete. „So bitte nicht, Herr Gatterer“ konterten gleich mehrere Südtiroler Künstler, während sich der Grüne Landtagsabgeordnete Hans Heiss von der Causa zu Heissen Reimen, also einer eine ernst-heitere Landtagsanfrage in Versform inspirieren ließ.

Dass sogenannte Störenfriede am Ende oft als Sieger dastehen, beweist unter anderem der junge Meraner Stefan Raffeiner, dessen digitales Klassenbuch trotz Widerstands im deutschen Schulamt ein voller Hit geworden ist. Ein kurzer Aufreger mit juristischen Folgen war dagegen das Pestiztirol-Plakat in der Münchner Innenstadt. „Wir wollen provozieren“, gab der Kopf hinter der Aktion, Karl Bär vom Umweltinstitut München, offen zu. Einer der diesjährigen Höhepunkte im langjährigen Streit um Petizide, in dem sich Bio-Bauern wie integrierte Bauern allein gelassen fühlen.  

Ein mindestens ebenso heißer Dauerbrenner, die Südtiroler Sanität und ihre diversen Wehwehchen, sorgten auch 2017 für verlässliche Schlagzeilen. Am meisten Zuspruch erhielt dabei auf salto.bz die Frage, die knapp 160 Jungmediziner im Ausland rund um die Meranerin Elisa Reiterer in einem offenen Brief an die Sanitätsverantwortlichen stellten: Warum sollten wir zurückkehren? Eine Initiative, die für viele kontroverse Reaktionen sorgte, wie nicht zuletzt die Replik eines Rückkehrers zeigte.

Umso schöner, wenn auch einmal eine völlig unumstrittene und lobenswerte Initiative wie der erste plastik- und verpackungsfreie Bio-Supermarkt in Bozen ein richtiges Click-Feuerwerk wird. „Wir wollen ein Zeichen setzen“, erklären die beiden Gründer Maria Lobis und Stefan Zanotti. Viele solcher Zeichen wünschen wir uns auch für das neue Jahr. Doch davor lasst es noch einmal knallen.