Politik | Pensionsvorschüsse

Rosa Thaler: „Wie man es macht, macht man es falsch“

Während Rosa Thaler die Reform der Leibesrente mit "aufräumen und einsparen" rechtfertigt, werden auf avaaz.org Unterschriften gesammelt. Für mehr Gerechtigkeit zwischen PoltikerIn und BürgerIn.

Müde ist sie von den letzten Tagen, vom Erklären, vom Rechtfertigen. Sie sagt es immer wieder, dass sie sich Gedanken gemacht habe, dass sie mit vielen Leuten zusammen gesessen sei, dass „ihr Konzept“ lange brauchte, bis es Form annahm.

„Ich hätte auch nichts tun, die ganze Sache aussitzen können“, sagt Rosa Thaler dann, irgendwann im Laufe des Gesprächs. Doch das sei nicht ihre Art gewesen, sie wollte einem Misstand trotzen, „vergessen wir nicht, das sind Rentenrechte, die die Politiker aus den 70er und 80er Jahren erworben haben. Da gab es noch die Babypensionen.“ Und trotz ihrer Müdigkeit will sie erklären, gibt sich Mühe, dass es nachvollziehbar wird. „Die Auszahlung der Pensionen an die Altmandatare und die Noch-PolitikerInnen ist ein langfristiges Sparprojekt. In der Vergangenheit haben sich doch alle über die hohen Renten beschwert. Jetzt haben wir sie von 6.800 auf 2.900 Euro gekürzt und auch das ist nicht recht.“

„Vergessen wir nicht, das sind Rentenrechte, die die Politiker aus den 70er und 80er Jahren erworben haben.“

Null Bock auf Politik
Auf Verständnis hofft sie immer noch ein bisschen und weiß gleichzeitig: Jetzt hat das Volk genug, diese Zahlen waren zu viel. Die neuen Millionäre Südtirols kurbeln die Politikverdrossenheit zusätzlich an, "da bin ich aber froh, dass ich nicht wählen gegangen bin", schreibt eine Südtirolerin auf Facebook. Auf die Frage, ob man nicht noch mehr kürzen hätte können, sagt Thaler, langjährige SVP-Politikerin: „Irgendwann hätten sich die Politiker dann geweigert mitzumachen. So hab ich halt einfach eine Grenze gesetzt. Und auf 2.900 Euro gekürzt. Ich bin froh, dass ich das durchgebracht habe.“ Die Zweifel kamen ihr dann doch, in den letzten Tagen, in denen die Kritik überhand nahm. „Ich bin zum Professor Tappeiner gegangen und hab gesagt: 'Hab ich etwas falsch gemacht?' Und er hat geantwortet: 'Es ist das Beste, was du hast tun können.'

„Ich bin zum Professor Tappeiner gegangen und hab gesagt: 'Hab ich etwas falsch gemacht?' Und er hat geantwortet: 'Es ist das Beste, was du hast tun können.'

Relativieren wir
Dass eine Sabina Kasslatter-Mur satte 1.140.000 Euro an den Family Fonds überwiesen bekommt, auch das will Thaler relativieren. „Die Politiker haben ja in die Pensionskasse auch eingezahlt, bei der Frau Kasslatter waren es in der letzten Legislaturperiode etwa 200.000 Euro. Ich kann doch nicht jemandem ein Recht, das ihm zusteht, wegnehmen. Das geht doch bei anderen Menschen auch nicht.“ Enttäuscht und etwas vergrämt sagt Thaler: „Wahrscheinlich kann man es den Leuten nie Recht machen, wenn man PolitikerIn ist." Und sie verweist auf Managergehälter, Generaldirektoren. Sollen die nicht auch in den Fokus?

Ein Versuch zu verstehen
Bereits 2011 fing Thaler an über eine "Gesamtreform von Entschädigungen und Renten der Abgeordneten nachzudenken." Treffen mit Fachleuten, durchforsten von Fachliteratur. "Ich wollte ein tragfähiges Konzept erarbeiten, sparen und vereinfachen. Aussitzen wollte Rosa Thaler nicht, sie hat gehandelt. 2012 hat sie gekürzt, das Gesetz wurde verabschiedet. Die auf den ersten Blick seltsam anmutenden Unterschiede zwischen den güldenen Pensionsgehältern erklärt die Mutter der Leibesrentenreform so: „Durnwalder und Munter haben dasselbe Recht pro Monat angereift. Durnwalder ist jedoch 19 Jahre älter, deshalb ist die Gesamtsumme für das kapitalisierte zukünftige Recht natürlich weitaus geringer. Vom gesamten zustehenden Recht wurde den Einzelnen ein Teil überwiesen und ein Teil in Form von blockierten Fondanleihen zugewiesen.“ Sparen bei den Jungen? Hanspeter Munter bekommt 935.000 Euro in den Family Fond gezahlt, Luis Durnwalder 450.000 Euro. In gewisser Weise ja, sagt Rosa Thaler. "Je jünger jemand ist, umso weniger hat er im Verhältnis als Anzahlung
überwiesen bekommen und umso mehr wurden als Anteile im Familyfond für Investionen vor Ort blockiert.“ Blockiert für acht Jahre, „somit steht das Geld der lokalen Wirtschaft zur Verfügung.“

„Durnwalder und Munter haben dasselbe Recht pro Monat angereift. Durnwalder ist jedoch 19 Jahre älter, deshalb ist die Gesamtsumme für das kapitalisierte zukünftige Recht natürlich weitaus geringer.

Ob jemand Kinder hat, verheiratet ist oder ledig, all das spielt keine Rolle, „wir haben nur das Recht des einzelnen kapitalisiert.“

"Wir haben etwas bewirkt"
Nun liegen die Zahlen und die Namen auf dem Tisch. „Ich war überzeugt von der Sache und bin es nach wie vor.“ Und Thaler sagt noch einmal eindringlich, wiederholt es, um nicht zu vergessen: „Wir haben 50 Millionen Euro für das Familienpaket aus dem Pensionsfond abgeschöpft.“ Was sie nicht sagt, was aber durchklingt, ist die Frage: Ist das etwa nichts? Und noch etwas steht im Raum: Wollte vor Thaler niemand das heiße Eisen Politikerpensionen anfassen?

Doch das Volk ist aufgebracht, die Online-Plattform Avaaz sammelt Unterschriften. 2.004 sind es um 22 Uhr am 25. Februar, an dem Tag, an dem Südtirol aufschreckt und protestiert. Um dann, nach einiger Zeit wieder zu resignieren und zu nicken: Ja, ihr da oben, wir da unten.

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Profil für Benutzer Karl Nickel
Karl Nickel Mi., 26.02.2014 - 08:57

Kann mir jemand erklären, warum die Pensionsansprüche in einem Schub ausbezahlt werden? Wenn jemand seine Pension antritt, dann wird ihm doch nur monatlich ein bestimmter Betrag ausbezahlt, aber keinesfalls die gesamte Summe die er über die Jahre eingezahlt hat? Anders gesagt, wenn Durnwalder (ich nehme an, er hat seine Pension jetzt angetreten) morgen stürbe, dann würde das gesamte Geld beim Staat verbleiben, das ihm jetzt als ganzes ausbezahlt worden ist. Wenn mir das jemand erklären kann, wäre ich dankbar!

Mi., 26.02.2014 - 08:57 Permalink
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Salto User
Manfred Gasser Mi., 26.02.2014 - 17:38

"Die Politiker haben ja in die Pensionskasse auch eingezahlt, bei der Frau Kasslatter waren es in der letzten Legislaturperiode etwa 200.000 Euro. Ich kann doch nicht jemandem ein Recht, das ihm zusteht, wegnehmen. Das geht doch bei anderen Menschen auch nicht.“

Ok, soweit so gut, aber wenn die gute Frau 200.000 eingezahlt hat für 5 Jahre, sind das laut Adam Riese cirka 3.333 € monatlich, die sie jetzt aber nichz mehr bekommen kann, weil sie ja schon alles bekommen hat, wer zahlt jetzt die Renta von 2.900 € ?

Mi., 26.02.2014 - 17:38 Permalink
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Maria Theresia… Do., 27.02.2014 - 09:42

ich bekomm einen Gehalt von 1800 euro nach 26 Dienstjahren anfangs waren es nur 1200 aber die Mietberechnung der Sozialwohnung wurde schwups auf 700 euro berechnet seit der ´Sohn auch verdient und die Hinterbliebenenrente weil mein Mann bereits vor 7 Jahren verstarb schwups auf 300 Euro reduziert sobald der erste Sohn verdiente..(hab zwei Söhne) Bis jetzt hatte ich ein schlechtes Gewissen weil mir bewusst war, dass Verkäuferinnen die acht Stunden oder mehr hinter der Theke stehen von 800 bis 1300 nur verdienen....liebe Landtagsabgeordnete die ihr nun nicht mehr dient, bitte gebt diese immensen Pensionsvorauszahlungen in ein Fond und investiert dieses für soziale Zwecke im so reichen (nach außen) Südtiroler Land.

Do., 27.02.2014 - 09:42 Permalink
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paul dorfmann Do., 27.02.2014 - 11:14

Rosa Thaler mit Ihrem und Theiner mit Seinem Argument, wenn sie nichts getan hätten wärs auch nicht besser gewesen schlägt dem Faß den Boden. Ich hoffe daß es zu einer rückwirkenden Gerechtigkeit kommen wird und man imstande sein wird, auch ein mit dem Segen des Prof. Tappeiner erworbenes Unrecht abzuschaffen.
die Ethik in der Gesellschaft

Do., 27.02.2014 - 11:14 Permalink