Im März 2020 unternahm der damalige Chefberater von Boris Johnson einen netten Ausflug mit seiner Familie zu einer Touristenattraktion. Dabei ließ sich Dominic Cummings weder davon beeindrucken, dass sich das Land im tiefsten Lockdown befand, noch hielten ihn Corona-Symptome davon ab. Er habe, so Cummings in
einer Pressekonferenz, mit der Autofahrt lediglich testen wollen, ob seine Sehkraft durch die Erkrankung beeinträchtigt sei. Es hält einen ja fast nichts mehr auf dem Sessel bei solcherart Rechtfertigungen, man möchte applaudieren und „Zugabe“ rufen, und doch hat Jasmin Ladurner bei ihrem finalen faux pas leider davon abgesehen, ähnlich abenteuerliche Erklärungen zu liefern. Es handle sich um „Flüchtigkeitsfehler“ bei ihrer Spesenabrechnung,
erklärte sie wenig inspiriert und – Schock! – trat zurück.
Umso enttäuschender, dass Ladurner sich nicht das Verhalten einiger Kolleg*innen zum Vorbild genommen hat: Sie hätte die Falschangaben ihrer Katze unterschieben können.
Nein, nein, so geht das nicht, blonde Kollegin! möchte man haareraufend rufen. Ein wenig mehr Fantasie bitte, und vor allem: eine Reihenfolge einhalten. Denn einfach so zurücktreten, ohne dass einem das Messer auf die Brust gesetzt worden wäre, das macht man nicht mehr. Das ist überholt, altmodisch und auch ein bisschen uncool. Heutzutage sitzt man Skandale aus, liefert halbgare Erklärungen, eventuell zerknirschte Entschuldigungen (auch uncool) und hofft, dass der Aufschrei bald jemand anderem gilt. Was ja meistens auch passiert, Beispiele dafür gibt es genug.
Umso enttäuschender, dass Ladurner sich nicht das Verhalten einiger Kolleg*innen zum Vorbild genommen hat: Sie hätte die Falschangaben ihrer Katze unterschieben (“Ich habe sie am PC erwischt, sie hasst mich seit sie nur noch Trockenfutter bekommt“) oder die Chose mit einer großzügigen Spende an verarmte Alt-Mandatare wiedergutmachen können. Aber auch hier zeigte die Abgeordnete den innerparteilich beklagten Eigensinn, trat übereilt zurück und bescherte der Partei somit ein 2 G-Ereignis, um Corona-Diktion zu bedienen: Den einen machte sie damit ein Geschenk, weil es moralisch richtig war, den anderen legte sie damit ein Goggele. Denn wie um alles in der Welt sind gröbere Vergehen zu ahnden, wenn Kollegin Ladurner bereits bei ein paar hundert unrechtmäßig kassierten Euro Servus, Pfiat Gott und Aufwiederseh‘n sagt?
Nachdem der LH in ungewohnter Härte das „Arnogeddon“ heraufbeschwor und eine Wiederkandidatur von der Aufarbeitung besagter Affäre abhängig macht, ist der Teppich, unter den man alles kehren könnte, zu einem Bettvorleger geschrumpft.
Dieses Dilemma dürfte derzeit jene in der SVP beschäftigen, die als Akteure oder Aufräumer in der SAD-Affäre in Erscheinung treten. Nachdem der LH in ungewohnter Härte
das „Arnogeddon“ heraufbeschwor und eine Wiederkandidatur von der Aufarbeitung besagter Affäre abhängig macht, ist der Teppich, unter den man alles kehren könnte, zu einem Bettvorleger geschrumpft. Aussitzen ist nicht mehr, dank Arnos Ultimatum, und mit zu verschmerzenden Rücktritten von ein paar Pöstchen dürfte es nach Ladurners klarem Schnitt auch nicht mehr getan sein. Dass die Abhörprotokolle belegen, wie der LH von aktiven und nicht mehr aktiven Partei-Exponenten in Abwesenheit mit wüsten Beschimpfungen bedacht wurde, man ihn einen „(Piep)“ oder „(Piep)“ oder gar den „(piep)sten (Piep)mann aller (Piep)en“ nannte, ist dabei noch am einfachsten zu regeln. Fällt das doch bei aller Ungustiösität wohl unter die Meinungsfreiheit in einem privaten Setting, und Satisfaktion könnte ganz unkompliziert mittels eines Duells zwischen Beleidiger und Beleidigtem hergestellt werden. Als Instrumente zur Ausführung empfehlen sich Sahnetorten oder überdimensionierte Schaumgummi-Hämmer, als Austragungsort käme der Rasen vor der Parteizentrale in Frage, sodass man anschließend unverzüglich wieder an die Arbeit gehen könnte und im Interesse des Steuerzahlers nicht weiter Zeit verplempern müsste.
Als Instrumente zur Ausführung empfehlen sich Sahnetorten oder überdimensionierte Schaumgummi-Hämmer, als Austragungsort käme der Rasen vor der Parteizentrale in Frage.
Etwas anders verhält es sich mit den Vorwürfen, dass ehemalige und aktive Parteifunktionäre in der SAD-Affäre Privatinteressen auf Kosten der Allgemeinheit verfolgt und aktiv Schritte unternommen hätten, um den LH in der Öffentlichkeit schlecht aussehen zu lassen (das Türkise Playbook lässt grüßen). Da wird der Gummihammer nicht ausreichen, denn das ist dann doch ein Nümmerchen größer als das, was Frau Ladurner sich geleistet hat - wenn das Volk auch nur zu Letzterer sozialmedial Gift und Galle spuckte, während zum Gebaren von Durni, Widmann und Co. merkwürdige Stille herrschte. Sie wüssten ja gar nicht mehr, was sie damals so gesagt hätten, sollen Betroffene beteuert haben. Sie können beruhigt sein: Der Gedächtnisleistung werden die Protokolle gewiss auf die Sprünge helfen. Den parteiinternen Entscheidungsträgern beim Festlegen der Konsequenzen auf die Sprünge helfen sollte indes die Tatsache, dass es nicht der LH oder die Wähler*innen sind, die den größten Schaden aus der Affäre erleiden, sondern die Partei und der eigene Berufsstand. Vorurteile gegen Politiker*innen werden aufs Schlimmste bestätigt, eine Institution, die in Online-Foren ohnehin schon als „Kindergarten“ oder „Intrigenstadel“ verunglimpft wird, noch weiter abgewertet. Der traurige Tiefpunkt war am 4. Jänner 2022 erreicht, als Peter Thalmann, anders als die Unterfertigte ein seriöser Journalist, den Landtag in der „Tagesschau“ gänzlich
unironisch als „Schlangengrube“ bezeichnete.
Da wird der Gummihammer nicht ausreichen, denn das ist dann doch ein Nümmerchen größer als das, was Frau Ladurner sich geleistet hat.
Ob man die Telenovela „Schlammschlacht im Palais Widmann“ noch unnötig verlängern will oder sich dazu durchringt, schon nur aus Gründen der Selbstachtung reinen Tisch zu machen und sich auf die eigentliche Aufgabe von Politiker*innen zu besinnen, das wird sich bald darin zeigen, wie die SVP mit den Verantwortlichen umgeht.