Der Volkszorn über die Rentenregelung der Landespolitiker entlädt sich in Unterschriftensammlungen, Appellen, Parteiaustritten, Kundgebungen und Leserbriefen. Italiens Medien und der sattsam bekannte Bruno Vespa greifen die Steilvorlage dankbar auf, ohne dass diesmal das übliche Lamento über deren Südtirolfeindlichkeit angestimmt werden kann.
Es ist ein klassisches und fatales Eigentor - und bei weitem nicht das erste. Landeshauptmann Arno Kompatscher und sein Trentiner Kollege Ugo Rossi wollen das explosive Erbe, das sie nicht zu verantworten haben, möglichst rasch loswerden. Das ist verständlich. Doch die Hoffnung, die empörte Bevölkerung mit einer rein technischen Lösung versöhnen zu können, scheint trügerisch. Denn reformbedürftig ist nicht nur die Rentenregelung, sondern die Politik an sich.
Dass Abgeordnete und Landesräte für je drei Legislaturen amtieren dürfen, ist ein simpler Trick zur Verlängerung der Politikerkarrieren. Dass ein zu einer Haftstrafe verurteilter Landesrat mit 1.1645.000 Euro belohnt wird, empfindet der Normalbürger zu Recht als obszön. Kompatschers Frust über das faule Erbe der Vergangenheit ist durchaus begreifbar. Doch die langen Schatten der Rentenaffäre fallen gleichermaßen auf seine Partei und die Opposition. Nie war die Empörung unter der Bevölkerung größer als jetzt.
In dieser Situation könnte der neue Landeshauptmann Mut beweisen und den vieldiskutierten Konvent vorziehen, in dem Politik und "Zivilbevölkerung" sich in sinnvollem Dialog über die Zukunft, die Pioritäten und die notwendigen Veränderung der Autonomie unterhalten. Parteien, Universität Bozen, Eurac, Verbände, Gewerkschaften, interessierte Gruppen und Einzelpersonen aller drei Sprachgruppen könnten sich in diesem Konvent zusammenfinden, um den Kurs für die nächsten Jahre abzustecken und ein drittes Autonomiestatut zu entwerfen, das sich nicht in Kleinräumigkeit erschöpft und mutige Schritte zur Bewältigung der Zukunft beweist. Wann, wenn nicht jetzt, wo das Vertrauen in die Politik tief erschüttert ist und ein Zeichen des Neubeginns mit Einbindung der frustrierten Bürger als sinnvolle Initative erscheint ?