Dramatischer hätte die Bankkrotterklärung der italienischen Politik kaum ausfallen können. Nach sechs ergebnislosen Wahlgängen zur Kür eines neuen Staatspräsidenten sah sich der amtierende Regierungschef Mario Draghi gezwungen, den fast 80-jährigen Sergio Mattarella zum Verbleib im Amt zu bewegen. Noch am Abend zuvor hatte Lega-Chef Salvini grosspurig angekündigt, man werde eine "politisch versierte Frau" für das höchste Staatsamt ausfindig machen. Kurz vorher war das genaue Gegenteil passiert: die Delegierten hatten die langjährige und hoch qualifizierte Leiterin des Aussenministeriums Elisabetta Belloni gedemütigt - mit nur 4 Stimmen. Eine skandalöse Vorgangsweise. Fest steht, dass Salvini in der selbstgewählten Rolle des kingmakers kläglich versagt hat.
Das Ergebnis kommt einer katastrophalen Niederlage des verkommenen Parteiensystems gleich. Erster Verantwortlicher dafür ist der allgegenwärtige Lega-Chef Matteo Salvini, der ausser grossen Sprüchen nichts zu bieten und kurz vor dem entscheidenden Wahlgang die Kandidatur einer Frau angekündigt hatte. Mattarella, der den Quirinalspalast bereits verlassen hatte und seine Wohnung in Palermo einrichtete, hat seine Bereitschaft erklärt, das Amt weiterzuführen: "Non mi sottaggo. Avevo altre piani, ms se serve, ci sono". Draghi sprach ihm dafür den Dank aus. Das Amt des Regierungschefs hingegen soll Draghi weiterführen - vermutlich bis zu den in einem Jahr fälligen Neuwahlen von Kammer und Senat. Die Ereignisse der letzten Stunden dürften die bisherigen Divergenzen zwischen den Parteien weiter erhöhen, deren Versagen bei dieser Präsidentenwahl mehr als offenkundig war. Die Südtiroler Volkspartei hat die Rückkehr Mattarellas in den Quirinalspalast begrüsst. Er sei ein "Garant der Autonomie", so Senatorin Julia Unterberger.
Das Ergebnis kommt einer katastrophalen Niederlage des verkommenen Parteiensystems gleich.
Die Tageszeitung La Stampa bezeichnet die Wahl als bancarotta della politica, in der zwei "costruttori" wie Sergio Mattarella und Mario Draghi die Geschicke des Landes leiten und für Stabilität sorgen müssen". Der Corriere della Sera sieht ebenfalls das verkommene Parteiensystem als Ursache der Krise: "Si deve dire che questa nuova eccezionalità ha un solo ed esculsivo responsabile: il sistema dei partiti. Questi incredibili sei giorni di votazioni, o di mancate votazioni, lasciano un cumulo di macerie." Das römische Parlament ist so tief zersplttert wie selten zuvor, die Zahl der Überläufer hat mit 156 eine Rekordhöhe erreicht. Der 12. Staatspräsident in der Geschichte Italiens ist nach Giorgio Napolitano erst der zweite, der wiedergewählt wurde.