Politik | Was die anderen nicht schreiben

Eine (schein)heilige Familie

Seit Wochen schürt die Athesia in Sachen Politikerrenten den Volkszorn. Was man aber versteckt: Die Familie Ebner kassiert seit Jahren gleich drei lukrative Politpensionen.

Toni Ebner hat einen Scoop gelandet. Seit der Chefredakteur der Dolomiten und seine Mann- und Frauschaft vor gut zwei Wochen den Skandal um die Pensions-Vorschusszahlungen der Landtagsabgeordneten aufgedeckt haben, rollt eine berechtigte Lawine der Empörung durchs Land. Der Volkszorn kocht hoch in Südtirol.  An vorderster Front der moralischen Entrüstung marschieren dabei die Tageszeitung Dolomiten und die Athesia

Was der Herold der Volksmoral Toni Ebner und sein Blatt aber bewusst ausblenden, ist die Tatsache, dass er und die Athesia damit weit mehr als nur aus dem Glashaus mit Steinen werfen. Denn es gibt keine Familie in Südtirol, die von den goldenen Politpensionen mehr profitiert als seine eigene. Die Familie Ebner kassiert seit Jahren gleich drei lukrative Politpensionen. 

Michl Ebner saß von 1979 bis 1994 im italienischen Parlament. Dafür kassierte er bis 2012 eine monatliche Rente von 5.305 Euro. Nach einer vom Parlament beschlossenen Kürzung sind es seit 2013 nur mehr 4842,71 Euro. Doch Michl Ebner saß von 1994 bis 2009 auch im Europaparlament. Dort klingelt für den amtierenden Handelskammerpräsidenten ebenfalls ordentlich die Kasse. Wie viel Ebner aus Brüssel bekommt, ist ein Geheimnis des Glaubens. Das EU-Parlament legt die Renten nicht offen, er selbst will sich in den Medien dazu nicht äußern.

In Brüssel heißen die Politpensionen recht nobel „Ruhegehalt“. Die oberste Grenze dieses Ruhegehaltes sind derzeit 5.569,80 Euro. Nach dieser Berechnung würde Michl Ebner monatlich 3.098,18 Euro bekommen. Doch die Regelung wurde im Juli 2009 eingeführt. Michl Ebner verließ das EU-Parlament aber wenige Wochen zuvor. Für ihn gilt deshalb noch die alte viel lukrativere Regelung, die „1989 eingeführte Ruhegehaltsergänzungsregelung für Mitglieder des Europäischen Parlaments“. Demnach dürfte seine Brüsseler Pension zwischen 4.000 und 5.000 Euro im Monat liegen.

Wie viel ergibt eine Hinterbliebenen-Rente von 2500 Euro in 30 Jahren?

Was Südtirols Medien aber (bewusst) vergessen: Die Politik ist der Familie Ebner in die Wiege gelegt und damit auch die Politpension. Auch Toni Ebner, Vater von Michl und Toni, saß von 1948 bis 1963 als SVP-Abgeordneter im italienischen Parlament. Bereits in der ersten Legislatur führte das Parlament im Nachkriegs-Italien eine Regelung ein, die einem nicht mehr Gewählten eine Rente sichert. Der Hintergedanke: Nicht nur Reiche sollen in die Politik gehen.

Toni Ebner Senior verstarb 63-jährig im Dezember 1981. Damit fällt die Rente an seine Frau Martha Ebner. Die Regelung sieht vor, dass die Ehefrau 60 Prozent der Politikerente bekommt. Derzeit gibt es in Italien 1.064 solcher Leibrenten, die an die Ehefrauen oder Kinder verstorbener Parlamentarier übertragen werden. Die Empfänger werden vom Parlament nicht offen gelegt. Martha Ebner bekommt so seit gut 30 Jahren eine parlamentarische Hinterbliebenen-Rente, die bei 2.500 Euro im Monat liegen dürfte. In über 30 Jahren sind das rund 1 Million Euro.

Eine Tatsache, die der durchaus sozial verdienten Grande Dame aus dem Hause Ebner, kaum vorzuhalten ist. Ihren beiden Söhnen aber schon. Denn anscheinend gilt die zur Schau gestellte Moral im eigenen „Athesia“-Haus nicht. Michl Ebner, der laut Steuererklärung im Jahr 2011 ein Gesamteinkommen von 1.070.822 Euro angegeben hat, könnte die Massen mit einen einfachen Schritt beruhigen: Der Millionär soll auf seine Politrenten oder auf seine monatliche Entschädigung von 6.800 Euro als Handelskammerpräsident verzichten. Dann wäre die Dolomitenkampagne weniger „scheinheilig“.

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Johannes Engl Do., 06.03.2014 - 17:54

Wie lautet doch gleich diese alte bilblische Weisheit ?
... den Splitter im Auge deines Nächsen siehst du, den Balken in deinem eigenen Auge aber nicht ......
Der Ebner sollte zumindest den Versuch wagen, seine (vor Erreichen des Rentenalters) bezogene Rente zu rechtfertigen.
Wenn er schweigt, hat er offensichtlich was zu verbergen.

Do., 06.03.2014 - 17:54 Permalink
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Willy Pöder Fr., 11.04.2014 - 09:58

Franceschini ist ein guter und war in politischen Dingen ein stets gut informierter Journalist. Ob die Dolomiten den Skandal aufgedeckt haben? Wenn die Freiheitlichen schon im September 2013, also einen Monat vor den Wahlen vom Rentenglück informiert wurden, umso mehr muss man das von den Urhebern des Skandalgesetzes, also der Mehrheitspartei annehmen. Dazu gehört auch Tonia Ghymkana-Partner Thomas Widmann. Außerdem musste auch Franceschinis damaliger Chef als unmittelbarer Nutznießer von der Maßnahme gewusst haben. Ob eine stillschweigende Übereinkunft zwischen den Parteien und den Medien bestanden hat, um die Veröffentlichung des Skandals bis nach den Wahlen hinauszuzögern? Der Verdacht liegt nahe. Willy Pöder

Fr., 11.04.2014 - 09:58 Permalink