Gesellschaft | Interview

“Ich denke nur ans Skifahren”

Die Grödner Abfahrerin Nadia Delago spricht über ihren Olympia-Erfolg, Druck, den sie nicht kennt – und verrät, was sie vor einem Rennen immer macht.
Nadia Delago
Foto: fisi

Für Nadia Delago ist ihr Traum schon in Erfüllung gegangen, als sie gemeinsam mit ihrer großen Schwester Nicol zu den Olympischen Winterspielen nach Peking aufbrach. Dass sie dort dann auch eine Medaille gewonnen hat – Bronze in der Abfahrt –, ist für die 24-jährige Grödner Ski-Athletin die vorläufige Krönung ihrer sportlichen Karriere. Noch bis Freitag ist Nadia Delago in China. salto.bz hat sie am frühen Morgen in Peking – dort ist früher Nachmittag – erreicht.

salto.bz: Nadia, du lagst bei der Olympia-Abfahrt am Dienstag mit Startnummer 11 zwischenzeitlich in Führung. Wann hast du realisiert, dass du tatsächlich eine Olympia-Medaille gewinnen wirst?

Nadia Delago: Wirklich realisiert habe ich es bis heute noch nicht. Ich habe bis zur letzten Läuferin gewartet, denn bei Olympia weiß man ja nie… Ich habe ziemlich gezittert, auch bei den Läufen von Kira Weidle (die Deutsche landete auf Platz 4, Anm.d.Red.) und Lara Gut (die Olympia-Super-G-Siegerin aus der Schweiz beendete das Rennen auf Platz 16, Anm.d.Red.), die nach mir gestartet sind. Ich habe die ganze Zeit zu Nicol gesagt, na, ich glaube, ich werde wieder Vierte. Sie hat mir immer wieder geantwortet: Nein, nein, du bleibst auf dem Podest, du hast dir das verdient. Dass es am Ende geklappt hat, ist mega.

Vor den Rennen esse ich immer ein Stück Schokolade

Die Abfahrt war die einzige Disziplin, in der du in Peking an den Start gehst. Wie groß ist da der Druck, wenn es nur eine Chance auf eine olympische Medaille gibt?

Ich muss sagen, dass ich überhaupt keinen Druck verspürt habe. Es ist meine erste Teilnahme an olympischen Spielen und ich bin so dankbar, dass ich dabei sein darf. Ich wollte diese Erfahrung einfach nur genießen, so fahren, wie ich es kann und mein Bestes geben. Ich war nicht darauf fokussiert, unbedingt eine Medaille gewinnen zu müssen.

Als feststand, dass es Bronze wird, wer hat dir als erstes gratuliert?

Meine Schwester und meine Teamkolleginnen.

Hattest du schon Zeit, deinen Erfolg zu feiern?

Gestern (Dienstag, Anm.d.Red.) Abend bin ich mit meiner Schwester und Sofia (Goggia, die vor Delago Zweite wurde, Anm.d.Red.) zur Casa Italia gefahren. Wir haben angestoßen und gesungen. Es war echt schön.

Nach mehreren Top-Platzierungen war der 3. Platz bei Olympia für dich das erstes Podium in deiner Profi-Karriere. Warum hat es gerade bei Olympia geklappt? Hast du anders trainiert?

Es war einfach mega, dass genau an dem Tag alles zusammengepasst hat. Ich bin jetzt einige Male Vierte, Fünfte, Sechste geworden – immer wegen ein paar Hundertstel. Ich habe immer daran geglaubt, dass diese Hundertstel irgendwann zurückkommen. Dass es genau an diesem Tag war, war einfach mega. Dass ich anders trainiert habe, würde ich nicht sagen. Ich habe immer daran geglaubt, dass es irgendwann klappen wird.

Ich habe die ganze Zeit zu Nicol gesagt, na, ich glaube, ich werde wieder Vierte

Wie wichtig ist es für dich und deine Schwester Nicol, gemeinsam in Peking zu sein?

Am Anfang der Saison habe ich gesagt, es wäre ein Traum, wenn wir zusammen nach Peking fliegen würden. Dass er in Erfüllung gegangen ist, ist umso schöner.

Werdet ihr eigentlich manchmal verwechselt?

Wir werden ziemlich oft verwechselt, ja. Manche fragen uns auch, ob wir Zwillinge sind, weil wir uns so ähnlich sind (lacht).

 

Wie bereitest du dich mental auf ein Rennen vor?

Ehrlich gesagt bin ich immer ziemlich locker und mache mir nicht so viele Gedanken. Ich denke immer nur ans Skifahren, daran, gut zu fahren. Das war bei der Olympia-Abfahrt nicht anders als bei anderen Rennen.

Hast du ein Ritual vor den Rennen?

Vor den Rennen esse ich immer ein Stück Schokolade. Und beim Einwärmen mache ich immer dieselben Übungen, in derselben Reihenfolge. Im Rucksack ist auch immer mein Glücksbringer dabei.

Ich wollte diese Erfahrung einfach nur genießen, so fahren, wie ich es kann und mein Bestes geben

Hast du in Peking die Möglichkeit, dir andere Rennen oder Bewerbe anzuschauen?

Ich war beim Rennrodel-Bewerb dabei, als Dominik Fischnaller auch die Bronzemedaille gewonnen hat. Das war eine mega Erfahrung, auch die Strecke einmal live zu sehen – die ist doch ziemlich steil! Ich habe mich riesig gefreut, als Dominik im Ziel war und führte. Am Donnerstag werde ich meiner Schwester zuschauen, sie fährt noch die Kombination.

Im Abfahrts-Weltcup liegst du derzeit auf Platz 6. Was bedeutet der Olympia-Erfolg für die restliche Weltcup-Saison?

Er ist sicher eine zusätzliche Motivation für die nächsten Rennen. Ich versuche weiterhin, mein Bestes zu geben, Spaß zu haben und nicht zu viel nachzudenken. Und dann hoffe ich, dass es so weitergeht (lächelt).