Umwelt | Salto Gespräch

Hoffnung im Van

Die Umweltaktivistin Magdalena Gschnitzer über ihr Filmprojekt „HOPE“ und darüber, wie sie sich selbst in einem Van auf die Suche nach Hoffnung begibt.
Magdalena Gschnitzer
Foto: Magdalena Gschnitzer

Zwischen dem Wunsch wegzufahren, Filmkosten und ihrer Rolle als Aktivistin: Die 37-jährige Umwelt- und Tierschützerin Magdalena Gschnitzer aus Gasteig bei Sterzing erzählt von ihrem Filmprojekt „HOPE“. Das Road-Movie thematisiert Umwelt-, Tierschutz und Menschenrechte und soll 2023 in den Kinos erscheinen. Magdalena berichtet von ihren Beweggründen, in einen Van zu ziehen und was ihr hilft, ihr eigenes Hoffnungs-”Fassl” in schwierigen Lebenslagen wieder aufzufüllen.

 

Salto.bz: „HOPE“ bedeutet aus dem Englischen übersetzt Hoffnung. Worum handelt es sich bei deinem Projekt und welche Rolle spielt die Hoffnung dabei?

Magdalena Gschnitzer: Das Projekt ist entstanden, weil ich in den letzten 8 Jahren als Aktivistin viele schlimme Dinge erlebt und gesehen habe. Ich hatte wirklich Momente, in denen ich dachte „Scheiße, wo geat des hin mit ins“. In der Zeitung und in den Nachrichten wird man mit vielen negativen Dingen konfrontiert. Das zieht uns alle so sehr runter. Ich finde, dass es Zeit wird, richtig hinzusehen, zu erkennen, was alles schon Gutes passiert und uns darauf zu fokussieren. Ich möchte auch zeigen, dass jeder von uns Teil der AKTIVEN Hoffnung werden kann, die wir so dringend brauchen. Ich kann nicht auf der Couch sitzen, Däumchen drehen und denken: Es wird ja alles gut. Das ändert die Lage nicht. Wir müssen selbst ins Handeln kommen, Hoffnungsträger/innen werden. Es geht um die Hoffnung, die wir SELBST kreieren und weitergeben.

 

Es wird Zeit für einen Film, der aufzeigt, wie viel Gutes auf der Welt schon passiert.

 

Nach deinem veganen Kochbuch erschien nun dein Buch mit dem Titel „HOPE“. Warum hast du dich zusätzlich für einen Film entschieden?

Mit dem Film habe ich eigentlich vor dem Buch begonnen. Schon 2018 bin ich mit meiner Kamera losgezogen und habe verschiedene Personen interviewt, die ich selbst kannte. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich aber noch kein Konzept und der Film konnte dann aus verschiedenen Gründen nicht fertig gestellt werden: Kurz nachdem ich mich selbstständig gemacht hatte, kam Corona. Dann passierte das schlimmste Ereignis in meinem Leben, als mein Freund, mit dem ich das Projekt „Hope“ gestartet hatte, sich dafür entschied, diese Welt zu verlassen. Er hielt das Leid auf dieser Welt nicht mehr aus. Das hat mich sehr mitgenommen. Ich konnte nicht mehr weiterarbeiten. Aber dann kam eine Stimme in mir auf. Sie sagte: „Jetzt erst recht“. Für mich ist es nun wichtiger als je zuvor, den Film fertig zu drehen, weiterzumachen.

Wer hat dich dabei unterstützt, das Filmprojekt wieder aufzunehmen?

Die Produktionsfirma „Albolina Film“ ist auf mich zugekommen und hat mich dazu animiert, den Film gemeinsam zu produzieren. Jetzt haben wir auch bei der Südtiroler Filmförderung IDM für eine Förderung angesucht. Ich habe mir nicht gedacht, dass ein Film so teuer sein kann! (lacht) Wir haben nun eine ganze Filmcrew mit an Bord, ein professionelles Filmteam. Jetzt geht es darum, Sponsoren zu finden. 2023 soll der Film dann in die Kinos kommen.

Ich habe gehört, dass du für den Film deine Wohnung verlassen wirst, um in einen Van zu ziehen.

Ja, genau. Der Film wird ein Road-Movie, das heißt, ich ziehe im März aus meiner Wohnung aus und werde in einem Van leben. Mit diesem Van reise ich mit der Filmcrew durch Europa zu verschiedenen Stationen, wo wir filmen und aufzeigen möchten: „Schau, hier passiert so viel Gutes!“

 

Van und Nachhaltigkeit; wie passt das zusammen?

Wir versuchen die Reise so nachhaltig wie möglich zu gestalten. Mit einem Van reisen - natürlich ist es fraglich, wie nachhaltig das ist. Besser wäre mit dem Zug, aber es soll auch authentisch sein. Und mit einer mehrköpfigen Filmcrew und der technischen Ausstattung ist eine mehrmonatige Zugreise fast unmöglich. Allerdings achten wir auf verschiedene Komponenten, wie zum Beispiel die Kriterien des „Greenshootings“, eine vorwiegend vegane Ernährung für die Crew wird stark unterstützt und der Film wird am Ende klimafreundlich gestellt. 

Und wann geht’s los?

Wir starten Mitte März, fahren nach Frankreich und besuchen verschiedene Stationen in Europa. Wenn alles klappt, filmen wir bis Juni. Jetzt steht die Planung der Reise an. Wir müssen festlegen, wo und wann wir genau wen filmen und interviewen. Mit den aktuellen Corona-Regeln ist das nicht immer ganz einfach. Uns steht eine Menge bevor, aber wir haben eine top Crew und ich freue mich schon sehr darauf.

Welche Menschen sind Teil von „HOPE“?

Wir besuchen verschiedene Hoffnungsträger/innen in ganz Europas. Beispielsweise eine Frau, die sich auf ihrem „Lebenshof“ für verschiedene Tiere einsetzt. Und das mitten in einem Jagdgebiet. Klingt mutig, oder? Wir interviewen aber auch Menschen, die ganz viel zu Hoffnung sagen können, wie wichtig Hoffnung ist, aber auch, was Hoffnungslosigkeit mit uns macht. Anschließend geht es weiter zu Aktivist*innen, die sich für Menschenrechte starkmachen, für eine saubere und gesunde Welt, für Tierschutz und für das Meer. Es sind wirklich viele tolle Projekte dabei.

Die Filmcrew ist immer dabei, begleitet deine Reise und dein Leben im Van. Kann man sich das so vorstellen?

Ja, genau. Die Filmcrew wird mich immer begleiten und filmen. Nicht nur die Begegnungen mit den Menschen, sondern auch, wie ich mich auf diese Reise begebe. Es wird also ein Road-Movie, das aufzeigt, wie ich mich als Protagonistin auf die Suche nach Hoffnungsträger/innen begebe und wie ich selbst die Hoffnung suche. Denn ich bin selbst Suchende. Auch mir fehlt manchmal die Hoffnung. Ich bin zwar ein sehr positiv-gestimmter Mensch, habe aber viele Dinge erlebt und gesehen, die es mir manchmal schwer machten, die Hoffnung zu behalten.

 

Es wird auch eine Suche nach Hoffnung für mich selbst.

 

Welche Ziele möchtest du mit „HOPE“ erreichen?

Mein Ziel ist es nicht, dass die Menschen aus dem Kino gehen und denken: „Es passiert so viel Gutes auf der Welt, ich brauche ja nichts mehr tun“. Ich möchte aber auch nicht, dass sie denken: „Es passiert so viel Schlimmes auf der Welt, man kann nichts mehr tun“. Ich möchte die Menschen im Herzen treffen, sie berühren, um ihnen zu zeigen, wie wertvoll es ist, sich für die Welt einzusetzen. Wie viel es einem selbst gibt, wenn man sich für etwas Größeres einsetzt, wie viel jede/r Einzelne beitragen kann und welche Möglichkeiten es dafür gibt. Und ich möchte die Menschen dazu animieren, nie aufzugeben. Denn genau dadurch haben sich all die Projekte, an denen ich heute arbeite, ergeben: weil ich nie aufgegeben und die Hoffnung immer behalten habe.

Worauf freust du dich am meisten?

Ich freue mich endlich von Gasteig wegzukommen. (lacht) Das meine ich gar nicht böse aber Südtirol fällt mir langsam auf den Kopf. Ich freue mich darauf, wieder aktiv draußen unterwegs zu sein und mich mit Aktivist/innen auszutauschen und Menschen zu treffen, die ähnlich ticken wie ich. Ich freue mich aufs Tauchen, Menschen und Aktivist/innen aus aller Welt wiederzusehen und nach dem Stand ihrer Projekte zu fragen. Ich freue mich aber, auch auf die Zeit im Van. Das wird sehr spannend, aber etwas aufgeregt bin ich schon. Der Platz im Van ist begrenzt. Ich muss mein Hab und Gut aufs Minimum reduzieren. Es wird ein neuer Abschnitt meines Lebens. Ich freue mich auf die gesamte Reise und auf Menschen, die mir helfen, mein „Fassl“ an Hoffnung wieder aufzutanken, denn das wird Zeit.

 

Gibt es auch Dinge, die dir Sorgen bereiten?

Was sicher schwierig wird, ist die Emotionalität vieler Themen. Man sieht nicht nur Positives, sondern auch viel von dem, was schiefläuft in der Welt. Schwierig ist auch, dass ich den Film mit meinem Freund gestartet habe und jetzt ohne ihn weiter mache. Ich freue mich aber das Thema anzugehen und es von einem anderen Blickwinkel zu betrachten.

 

Meine größte Hoffnung ist, dass wir uns wieder in die Welt verlieben. Denn ich glaube, was wir lieben, schützen wir auch.

 

Inmitten einer weltweiten Pandemie verändert sich gesellschaftlich und politisch derzeit sehr viel, welche Veränderungen erhoffst du dir für die Zukunft?

Ich trage sehr, sehr viele Hoffnungen in mir. Ich hoffe, dass wir Menschen als Menschheit anfangen zu wachsen, aufzustehen und aus Fehlern zu lernen. Meine größte Hoffnung ist, dass wir uns wieder in die Welt verlieben. Denn ich glaube, was wir lieben, schützen wir auch. Wir müssen die Sichtweise auf die Welt verändern. Wir müssen verstehen, dass wir nicht die Einzigen auf der Welt sind und wir nicht die Herrschenden verkörpern, um uns wieder als Teil der Welt zu sehen.

 

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Magdalena Gschnitzer ist nicht Tierschützerin sondern Tierrechtlerin. Vielen wird der Unterschied nicht bewusst sein, haben doch beide Gruppen eine gemeinsame Schnittmenge. Nichtdestsotrotz gibt es fundamentale Unterschiede.
Während Tierschützer sich für den Erhalt von Lebensräumen, für Artgerechte Haltung von Tieren und gegen das Aussterben von Tierarten einsetzen, gehen Tierrechtler von dem Prinzip aus, dass Tiere ein Recht auf Leben haben, das dem von Menschen gleichgstellt ist. Das hat zur Folge dass Tiere von jeglicher Verwertung durch dem Menschen entzogen werden.
Tiere nehmen in den Vorstellungen von Tierrechltlern im Verhältnis zum Menschen die Rolle von Schutzbefohlenen ein, die in ihren Interessen nicht dem von Dritter (also Menschen) untergordnet werden dürfen.
Das hat zur Folge, dass Menschen auf Produkte wie Fleisch, Milch, Eier, Honig und alle weiteren Tierprodukte darunter auch Medikamente auf Tierbasis kategorisch verzichtet müssen.
Des Weiteren sind jegliche Art von Tierversuche untersagt, die unter anderem auch für die Herstellung von Medikamenten vorgesehen sind.
Auch sind die Abrichtung von Tiere für Aufgaben in denen diese selbst Gefahr laufen Schaden zu nehmen verboten, wie z.B. im Polizeieinsatz, Lawinenrettung, Entschärfung von Antipersonenminen und andere Bereiche, wo man den Einsatz von Tieren bevorzugt, um Menschenleben nicht zu gefährden.

So., 20.02.2022 - 18:51 Permalink