„Müssen vor 2050 klimaneutral sein“
Am 8. März ist im Kulturhaus Luis Trenker in St. Ulrich die Veranstaltungsreihe zur Nachhaltigkeitsstrategie der Landesregierung Südtirols gestartet. Über 100 Menschen finden sich ein, um an der interaktiv ausgerichteten Bürger:innenversammlung mit Landeshauptmann Arno Kompatscher und Verkehrslandesrat Daniel Alfreider teilzunehmen.
Wie auch der Bürgermeister von St. Ulrich Tobia Moroder in seinen Grußworten festhält, geht es bei einer nachhaltigen Entwicklung in Südtirol nicht zuletzt darum, „herauszufinden, was wir wollen und was wir bereit sind zu leisten“. Hierfür kann während der Veranstaltung an einer menti-Umfrage zu den verschiedenen Aspekten der Nachhaltigkeit teilgenommen werden. Die Ergebnisse der Fragen werden in Echtzeit auf die Leinwand gespielt und sollen in eine Erhebung des Landes einfließen.
Bei der Auftaktveranstaltung wird klar, dass die Landesregierung durchaus eine wirksame Klimapolitik verfolgen möchte, allerdings aber auch auf die Zustimmung und die Beteiligung der Bevölkerung setzen will. „Die Politik muss den Mut haben, Visionen zu entwickeln und Leadership zu übernehmen, aber wir brauchen auch die Beteiligung der Bevölkerung“, macht Landeshauptmann Arno Kompatscher in seiner Rede klar. Laut den Ergebnissen der menti-Umfrage kann Kompatscher zumindest auf eine breite Unterstützung des Publikums im Saal zählen.
„Die Politik muss den Mut haben, Visionen zu entwickeln und Leadership zu übernehmen, aber wir brauchen auch die Beteiligung der Bevölkerung“, so Arno Kompatscher.
Zusammenarbeit mit der Wissenschaft
Dass die Zeit knapp und das Umweltproblem größer als etwa das Ozonloch, saurer Regen oder die Eutrophierung ist, verdeutlicht sein Vorredner, Präsident von Eurac Research Roland Psenner. In seinem Kurzvortrag geht er auf die in seinem Haus im Auftrag des Landeshauptmannes durchgeführte und 2020 veröffentlichte Studie „Denkanstoß Covid-19. Zukunftsszenarien für ein nachhaltiges Südtirol 2030+“ ein.
In der Studie werden vier verschiedene Zukunftsszenarien entwickelt, die ein breites Spektrum an Perspektiven und Handlungsoptionen abbilden sollen, um die von den Vereinten Nationen (UN) beschlossenen 17 Nachhaltigkeitsziele in Südtirol zu erreichen. Szenario Eins hat einen regionalen Fokus, Szenario Zwei setzt auf globale Kooperation, Szenario Drei auf Individualismus und Szenario Vier hat für alles eine technische Lösung. Je nach Szenario werden die jeweiligen Nachhaltigkeitsziele mehr oder weniger gut oder gar nicht erreicht.
Psenner schließt sich bei der Beurteilung der Szenarien der Einschätzung der Studienverfasser:innen an: Es solle am Ende nicht ein Szenario dominieren, sondern es sollen Elemente aus unterschiedlichen Szenarien kombiniert werden, um den spezifischen Interessen und Bedürfnissen im Land gerecht zu werden. Dabei betont der Präsident von Eurac Research, dass „sich Wirtschaftlichkeit und soziale Gerechtigkeit nicht ausschließen müssen, sondern als komplementäre Zielsetzungen zu verstehen sind“. Hier widerspiegeln sich die in der Fachliteratur gängigen drei Dimensionen der Nachhaltigkeit: Umwelt, Gesellschaft und Wirtschaft;
Wir haben ein Problem
Blicken wir auf die bereits spürbaren Folgen der menschengemachten Klimaerwärmung und den neuesten Bericht des Weltklimarates (IPCC), der Ende Februar veröffentlichte wurde, scheint es allerdings aus Gründen des Menschenschutzes nur logisch, der Nachhaltigkeitsdimension Umwelt – insbesondere Klima – Priorität einzuräumen: „Es gibt nur einen begrenzten Zeitraum, in dem erfolgreiches Handeln auf den Weg gebracht werden kann“, sagte der Ko-Vorsitzende der zuständigen Arbeitsgruppe des IPCC Hans-Otto Pörtner im Gespräch mit der deutschen Tagesschau. Die Welt befände sich derzeit im entscheidenden Jahrzehnt, um das Ruder noch herumzureißen.
Der aus dem Jahr 2011 stammende Klimaplan des Landes mit einem Zeitrahmen bis 2050 wurde 2021 von der Landesagentur für Umwelt und Klimaschutz und der Agentur für Energie Südtirol – KlimaHaus überarbeitet. Der neue Entwurf wird derzeit von einem unabhängigen Wissenschaftsgremium beurteilt, unter anderem auch von dem Südtiroler IPCC-Autor und Klimaforscher Georg Kaser. Erst nach Abschluss ihrer Bewertung soll der Entwurf final ausgearbeitet werden. Für Kompatscher ist bereits klar: „Wir müssen früher als 2050 klimaneutral sein“.
Lange To-Do-Liste
Zudem stehen zwei weitere ökologische Herausforderungen an, nämlich der Verlust der Artenvielfalt und der übermäßige Verbrauch an Ressourcen. „Bereits 60 Prozent der Wildtiere sind ausgestorben.“ Und: „Der Earth Overshoot Day fiel letztes Jahr bereits auf den 29. Juli, das heißt wir lebten ab diesem Datum auf Kosten zukünftiger Generationen“, führt Kompatscher aus. Er scheint sich nicht nur oberflächlich mit Nachhaltigkeit auseinandergesetzt zu haben.
Gleichzeitig geht Kompatscher auf die Schwierigkeiten ein, um Nachhaltigkeit wirklich voranzubringen. „Für einen gesellschaftlichen Wandel kann Nachhaltigkeit nicht nur für eine Elite umsetzbar sein, die sich einen Tesla leisten kann“, sagt er im Kulturhaus Luis Trenker. Südtirol habe in den letzten Jahrzehnten an Wohlstand dazu gewonnen, aber nun gehe es um qualitatives Wachstum und darum, alle mitzunehmen. „Sie reden nicht von nichts mehr“, sagt er und legt eine Pause ein – schaut ins Publikum. Die Dinge müssten nur anders gemacht werden.
Der Landeshauptmann will Nachhaltigkeit nicht als etwas verkaufen, das keine Mühe und Veränderung erfordert: „Wir werden darüber nachdenken müssen, auf was wir verzichten können“, sagt er. Denn ein immer Mehr, bringe nicht immer mehr Glück. „Um wunschlos glücklich zu sein, können wir auch an unseren Wünschen arbeiten und uns fragen, was wir wirklich brauchen“, führt Kompatscher aus.
„Um wunschlos glücklich zu sein, können wir auch an unseren Wünschen arbeiten und uns fragen, was wir wirklich brauchen“, führt Kompatscher aus.
Breit aufgestelltes Konzept für die nächsten Jahre
Die in einem Konzeptpapier im Juli 2021 vorgestellte Nachhaltigkeitsstrategie der Landesregierung liegt als Broschüre im Saal des Kulturhauses auf. Als roter Faden dienen die 17 UN-Nachhaltigkeitsziele, die im Jahr 2015 neben dem Pariser Klimaabkommen in der französischen Hauptstadt von 193 UN-Mitgliedsstaaten verabschiedet wurden. Sie sind die Agenda für die weitere Entwicklung bis 2030 und decken wesentliche Handlungsfelder ab, um als Menschheit den Weg in eine nachhaltige Richtung einzuschlagen.
Im Konzeptpapier werden eine Reihe an Maßnahmen und deren Zeitrahmen aufgelistet, etwa sollen bis 2030 die jährlichen energiebedingten CO2-Emissionen auf 3,0 Tonnen pro Kopf reduziert werden. Wenn das beim Pariser Klimaabkommen vereinbarte 1,5-Grad-Ziel bei einer wachsenden Weltbevölkerung erreicht werden soll, stünde allerdings laut der Klimaschutzorganisation atmosfair jedem Menschen lediglich ein Budget von jährlich rund 1,5 Tonnen CO₂ zu. Wohl deswegen plant die Landesregierung einen Ausgleich der „überschüssigen“ Emissionen durch Klimaschutzprojekte.
Den Rahmen der Nachhaltigkeitsstrategie bieten sieben an die Nachhaltigkeitsziele angelehnte Handlungsfelder: Beitrag zur Reduktion der Treibhausgasemissionen, die Erhaltung des Naturraumes und der Artenvielfalt, hochwertige öffentliche Dienste, Wettbewerbsfähigkeit einer Wirtschaft im Kreislaufdenken, Veränderung von Konsumverhalten, Produktion und Bewusstsein, soziale Absicherung und Chancengerechtigkeit sowie Transparenz und Gerechtigkeit;
Die Auswirkungen der
Die Auswirkungen der Klimakrise sind auch in Südtirol bereits angekommen:
>Punktuelle starke Regenfälle überfordern Wasserableitungen und Bäche
>Ausreißer bei den Temperaturen nach oben und nach unten
>Zunehmende Orkan artige Wirbelstürme verursachen bei den Gebäuden und in den Wäldern große Schäden
>Bei den Gletschern schmilzt seit Jahren im Sommer mehr Eis, wie im Winter nachgebildet wird
Mit ein wenig Nachhaltigkeit wird die drohende Klimakrise sicher nicht abgewendet. Wir müssen uns von vielen liebgewonnenen Dinge trennen:
# den Flugreisen in ferne Länder
# den großkalibrigen Treibstof fressenden SUV Karossen
# den Energie fressenden Freizeittätigkeiten (Eishallen, Wellnes, sportliche Großveranstaltungen usw.)
# dem leichtfertigen Abriss von Gebäuden
# der Vollklimatisierung der Gebäude, die sich wegen Planungsfehler im Sommer zu stark erwärmen
# den Energie fressenden Großbaustellen, um Probleme zu lösen, die wir bei vernünftigem Verhalten nicht hätten
# von der NEOLIBERALEN Wirtschaftsweise, die Wenige zunehmend reicher macht und von der Mittelschicht abwärts Alle in die Armut reibt!
Dass man schon so konkrete
Dass man schon so konkrete Pläne hat und sich traut solch mutige Versprechungen wie "vor dem Jahr 2050" Klimaneutral zu sein, sagt glaube ich schon alles. Aber schön, dass die SVP sich auch so langsam Gedanken macht.
"... wir brauchen die Beteiligung der Bevölkerung" doch ist es nicht mal möglich die einfachsten Schritte einzuleiten, um Öffentlicheverkehrsmittel verwendbarer zu machen. Ja, wir haben viele Bus- und Bahnverbindunge, auf denen auch regelmäßig gefahren wird. Auch der Südtirol Pass ist eine super Idee. Wenn man sich das auf Statistiken anschaut und auf Versammlungen schönredet, sieht die Lage natürlich rosig aus. Wenn man aber als Bürger, diese Dienste auch wirklich in den Anspruch nimmt, weiß man wie viel Zeit man auf längeren Strecken durch das Umsteigen und Warten verliert oder was es für eine Tortur ist, das Online-Portal für den Südtirol Pass zu verwenden.
Aber das ist nichts von dem ich erwarten würde, dass es von der Mehrheit unserer Abgeordneten verstehen könnten.
Antwort auf Dass man schon so konkrete von Nischler Peter
Die Mitglieder der
Die Mitglieder der Landesregierung "bewegen sich" in Dienstwagen mit Fahrer und wenn es möglich ist, im Flugzeug.
Die Klimakrise ist bei denen noch nicht angekommen!
Löblich. Momentan ist
Löblich. Momentan ist allerdings im Landeshaushalt kein Ansatz in die aufgezeigte Richtung zu erkennen und die zwanzig größten Projekte im Land weisen genau in die gegenteilige Richtung, mit Ausnahme der Riggertalschleife und der Elektrifizierung der Vinschgerbahn.
Und, das muss klar sein: Ein Tesla hat mit Nachhaltigkeit sehr wenig zu tun!!!