Politik | SVP

„Ich werde immer die Wahrheit sagen“

SAD-Affäre, Abhörprotokolle, Rücktrittsforderungen – in der SVP kracht’s gewaltig. Obmann Philipp Achammer bezog gestern bei „Pro & Contra“ erstmals öffentlich Stellung.
Pro & Contra
Foto: Screenshot: Pro & Contra, RAI Südtirol
Bei der Diskussionssendung „Pro & Contra“ des RAI Südtirol werden in der Regel zwei Gäste eingeladen. Diese beziehen entweder für oder gegen einen Streitpunkt Stellung. Doch bei der gestrigen Sitzung war alles anders. Zur „Spezial-Sendung“ um 20.15 war nur SVP-Obmann Philipp Achammer eingeladen, der erstmals zur SAD-Affäre und der Veröffentlichung der Abhörprotokolle Stellung bezog.
 
Das vor Kurzem veröffentlichte Buch der beiden Journalisten Christoph Franceschini und Artur Oberhofer „Freunde im Edelweiß“ scheint die SVP und ihr Selbstverständnis in den Grundfesten zu erschüttern. Auf knapp 500 Seiten wird nachgezeichnet, wie SAD-Mehrheitseigentümer Ingomar Gatterer versucht hat, die Landesregierung und die SVP dahingehend zu beeinflussen, die beinahe eine Milliarde schwere Ausschreibung der Nahverkehrskonzessionen an die SAD zu übertragen. In den von Missgunst und Geringschätzung triefenden Abhörprotokollen wird deutlich, wie verschiedene Akteure versucht haben, die Position von Landeshauptmann Arno Kompatscher und Daniel Alfreider zu schwächen und die Berichterstattung in den Medien zu beeinflussen. Breiten Raum in der gesamten Diskussion nehmen dabei die Spannungen zwischen Landeshauptmann Kompatscher und SVP-Obmann Achammer ein. Letzterer hat sich gestern erstmals öffentlich dazu geäußert.
 
 
Achammer, der von Moderator Hannes Senfter in den Schwitzkasten genommen wurde, gab sich kaum eine Blöße und hatte auf die heiklen Fragen stets die gleiche Antwort parat: „Ich möchte eine ehrliche und offene Aufarbeitung aller Aspekte. Für mich zählt nicht ein Entweder-oder, sondern ein Sowohl-als-auch.“ Was der SVP-Partei-Obmann damit meinte, war, dass für ihn sowohl die Aufarbeitung der SAD-Affäre wichtig sei und welche Rolle einige SVP-Funktionäre dabei gespielt haben, als auch die „Form“ der Aufdeckung; konkret: ob die Weitergabe der Abhörprotokolle rechtens war. Achammer schien mit seinem „Sowohl-als-auch-Sager“ darauf bedacht zu sein, beide Vorgänge auf die ethisch-moralisch gleiche Stufe zu stellen – welche übrigens intern geklärt werden müssten.
 
Der SAD-Untersuchungsausschuss hat die Unterlagen ebenfalls angefordert.
 
Er wiederholte seine Stellungnahme, die er in der letzten Presseaussendung abgegeben hatte, nämlich: dass es für ihn außer Frage stehe, dass es innerhalb der SAD kriminelle Inititativen gegeben hat, eine andere Frage sei jedoch, was „unsere Exponenten und Exponentinnen damit zu tun haben“. Einen öffentlichen Schauprozess wolle er nicht und auch gegen der Vorwurf, der „große Vertuscher“ zu sein, verwehrte er sich vehement. Bereits vor der Veröffentlichung des Buches habe er die Meinung vertreten, dass das, was von Gesetzes wegen veröffentlicht werden darf, auch veröffentlicht bzw. aufgearbeitet werden soll – deshalb habe er auch Rücksprache mit der Staatsanwaltschft gehalten. Anscheinend habe der tatsächliche Grund jedoch einige Medien nicht interessiert.
 
 
 
Auch den Vorwurf, ein Jahr lang nichts getan zu haben, obwohl er vom Erscheinen des Buches wusste, ließ der SVP-Parteiobmann nicht auf sich sitzen. Er habe zum einen nur einen Bruchteil des Inhalts gekannt, zum anderen wiederum rechtliche Bedenken gehabt, als es um die vollständige Einsicht in die Abhörprotokolle ging – übrigens hat der SAD-Untersuchungsausschuss ebenfalls die Unterlagen angefordert, so Achammer beiläufig. Vor der Veröffentlichung des Buches wurde eine Kommission, nach heftigen Auseinandersetzungen innerhalb der Partei, eingerichtet, welche die Vorkommnisse intern klären sollten, „nun haben sich allerdings die Ereignisse überstürzt“.
 
Ein Rücktritt würde nichts bringen, deswegen habe ich nicht darüber nachgedacht.
 
Ihn persönlich würden jene Passagen, in denen es um seine Person ging und ob er eine Führungspersönlichkeit sei, überhaupt nicht treffen. „Mir sind solche Dinge relativ egal“, erklärte Achammer dann auch, womit sich der Kreis zu seiner früheren Einschätzung der Protokolle als „blödes Gerede“ schloss. Nachdem zwar über ihn gesprochen wurde, er selbst aber nicht Gegenstand irgendwelcher Untersuchungen war, stehe er sozusagen mit einer lupenreinen Weste da. Allerdings gab er zu, dass die SAD auch auf ihn zugetreten sei, er habe den betreffenden Personen aber relativ schnell gezeigt, „wo die Tür ist“. An Rücktritt habe er nie gedacht, auch wenn in den vergangenen Tagen die Rufe danach lauter geworden sind. „Ein Rücktritt würde nichts bringen, deswegen habe ich nicht darüber nachgedacht“, so Achammer, der auch zu seiner „Kronzeugentätigkeit“ für Alt-Landeshauptmann Luis Durnwalder Stellung bezog, welcher eine Eingabe bei der Datenschutzbehörde wegen der Weitergabe besagter Protokolle gemacht hat. Er habe Durnwalder erklärt, dass er seinem Kenntnisstand gemäß aussagen bzw. „immer die Wahrheit sagen werde“.