Politik | SVP

„Kompatscher muss die Partei übernehmen“

Reinhold Messner über die Freunde im Edelweiss, den Versuch im Nachhinein alles umzudrehen und seine Überzeugung, dass jetzt etwas in der SVP passieren muss.

Salto.bz: Herr Messner, die Freunde im Edelweiss geben derzeit das Bild eines aufgeschreckten Hühnerstalles ab?
 
Reinhold Messner: Das ist auch verständlich. Denn das Sittenbild, das in Buchform erschienen ist, ist beschämend für alle Südtiroler. Ich persönlich kann das nur mehr mit einem zynischen Lächeln ertragen. Weil so schlimm habe ich mir dieses Land im Hintergrund nicht vorstellen können.
 
Jetzt übertreiben Sie aber?
 
Nein. Ich habe vor 20 Jahren mit dem Büchlein „Gebrauchsanweisungen für Südtirol“ ein Sittenbild geschrieben über Macht und Medien. Das kann man jetzt herausziehen, um zu verstehen, wie die Tageszeitung Dolomiten - die sich übrigens ihre Nicht-Information oder Falschinformation vom Staat jährlich mit 6 Millionen Euro vergolden lässt - seit Kriegsende mehr oder weniger immer dasselbe Spielchen spielt. Man hat hier die Monopolstellung jahrzehntelang ausgenutzt. Genau diesen Status hat das Ebner-Blatt durch diesen Skandal jetzt aber verloren. Die Menschen sind draufgekommen, dass es alternative Medien gibt, die genauer informieren.
So schlimm habe ich mir dieses Land im Hintergrund nicht vorstellen können.
Was hat Sie am SAD-Skandal am meisten erschüttert.
 
Die Leute, die diesen Skandal losgetreten haben, mit welchen Bandagen sie im Hintergrund gegen Daniel Alfreider und Landeshauptmann Arno Kompatscher gekämpft haben. Diese Vorgänge und Machenschaften sind unverzeihlich. Also, da muss jetzt etwas passieren. Aber das Schlimmste für mich ist, dass man jetzt alles umzudrehen versucht. Mit diesem Scheinskandal, dass angeblich Gelder für den Wahlkampf von Arno Kompatscher geflossen wären, versucht man den SAD-Skandal still zu liquidieren.
 
Der Kern des Vorwurfs: Das Duo Benko-Hager hätte durch Wahlspenden die Gunst des Landeshauptmannes erkauft?
 
Also, ich habe nicht davon gehört, dass das Ötzi-Projekt am Virgl bereits genehmigt ist. Oder? Das ist doch völliger Humbug. Wahlkampfspenden hin oder her. Jeder Mensch, der den Virgl kennt, kann doch nur für eine solche Aufwertung dieses Hügels sein. Das ist sicher die beste Lösung. Dass dieses Projekt den traditionellen Machtzentren - wie der Athesia - ein Dorn im Auge ist, versteht sich von selbst.

Auch die Oppositionsparteien wollen auf einem Sonderlandtag die Wahlkampfspenden zum Thema machen?
 
Das Ganze hat doch nicht das Geringste mit Bestechung zu tun. Im Gegenteil: Die Gelder, die hier geflossen sind, sind doch äußerst bescheiden im Vergleich zu anderen Wahlkämpfen. Auch in Südtirol. Ich finde diese Diskussion nutzlos und kleinkariert. Die Spender haben keine Fehler gemacht, sie haben alles nach den geltenden Gesetzes abgewickelt. Und die SVP hat das getan, was alle Parteien tun müssen, wenn sie nicht vom Staat unterstützt werden.
 
Sie sagen, das Ganze ist ein Ablenkungsmanöver?

Absolut. Der einzige, echte Skandal ist der SAD-Skandal. Allein die Tatsache wie Gatterer & Co ihre deutsche Sprache benutzen, würde in jedem anderen Land - etwa in Deutschland - zu Gerichtsverfahren führen.
Der Landesrat Thomas Widmann hat in den Dolomiten eine ganze Seite bekommen, um die ganze Geschichte kurzerhand auf den Kopf zu stellen. Das heißt, die Athesia ist hier mächtig im Spiel.
Mittendrin in diesem Skandal ist auch Luis Durnwalder, mit dem Sie seit langem befreundet sind. Sind Sie enttäuscht über die Rolle des Altlandeshauptmannes?
 
Mir tut es einfach leid. Weil ich den Luis schätze. Er hat sich wirklich, große Verdienste für Südtirol erworben. Ob ich ihm das aber verzeihen kann, das weiß ich noch nicht. Was ich sagen kann: Er versuchte wenigstens in einigen Punkten ausgleichend, beruhigend auf Gatterer einzuwirken. Er warnt davor, zu radikal vorzugehen.
 
 
Sie gehen davon aus, dass die SVP so nicht weitermachen kann.
 
Nein. Sie müssten untereinander wieder einen Frieden finden. Aber zuerst muss geklärt werden, in welchem Dreierspiel diese Machenschaften gelaufen sind. Der Landesrat Thomas Widmann hat in den Dolomiten eine ganze Seite bekommen, um die ganze Geschichte kurzerhand auf den Kopf zu stellen. Das heißt, die Athesia ist hier mächtig im Spiel.
 
Die Athesia bläst seit Monaten zur Treibjagd auf uns Autoren und unsere vermeintlichen Informanten?
 
Diejenigen, die in dieser Geschichte die Opfer sind, die wissen mit welchen Methoden man dabei vorgeht. Karl Zeller darf ja keinen Fuß mehr auf die Bühne bekommen. Die wollen den Landeshauptmann kippen. Die wollen einen anderen Landeshauptmann haben. Dabei haben sie aber ein riesiges Problem. Denn Arno Kompatscher ist nun mal der beliebteste Politiker in Südtirol und er hat eine absolut weiße Weste. Das kommt auch in Eurem Buch und in den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft zum Ausdruck.
 
Was glauben Sie, wird in der SVP und in der Landesregierung in den nächsten Wochen passieren?
 
Nach meinem Dafürhalten müssen einige Leute sagen, ich verlasse die Partei. Vor allem aber muss die Parteibasis unbedingt verstehen, dass sie glaubwürdige, tüchtige, zukunftsfähige Personen an die Spitze der Volkspartei wählen muss. Die SVP hat über 70 Jahre lang bestimmt, was in diesem Lande läuft. Sie verdient es weiterhin eine starke Rolle zu spielen. Denn wir sind mit der Opposition auch nicht besser gefahren.
Nach meinem Dafürhalten müssen einige Leute sagen, ich verlasse die Partei.
Derzeit sieht es so aus, als wolle die SVP-Spitze die Affäre aussitzen?
 
Wenn man das tut, dann zerlegt sich die SVP von selbst. Aber das ist nicht mein Bier, denn ich bin nicht SVP-Mitglied.
 
Bei der Aufarbeitung dieses Skandals spielt auch SVP-Obmann Philipp Achammer bisher keine besonders rühmliche Rolle?
 
Achammer geht der Aufarbeitung aus dem Weg. So verstehe ich das. Der SVP-Obmann hat die Verpflichtung die Partei wieder zu befrieden und das ist nur möglich, wenn man jetzt klare Konsequenzen zieht. Die Tatsache, dass die SVP bei den letzten Landtagswahlen die Mehrheit doch noch halten konnte, hat anscheinend einige in der Partei übermütig gemacht. Das ist einfach unappetitlich.
Achammer geht der Aufarbeitung aus dem Weg.
Man hat es in den vergangenen drei Jahren geschafft, Arno Kompatscher in der Landesregierung und in der eigenen Fraktion in die Minderheit zu versetzen. Es besteht jetzt die konkrete Gefahr, dass der amtierende Landeshauptmann das Handtuch wirft.
 
Genau das sagen sie in den Abhörungen und auch heute noch voller Stolz, dass Kompatscher und jene Leute, die zu ihm stehen, keine Mehrheit mehr haben. Es wäre die Aufgabe des Parteiobmannes für den Landehauptmann in der Partei eine Mehrheit zu garantieren. Die sind alle nur durch den Kompatscher in ihre Positionen und Ämter gekommen. Kompatscher ist vom Skandal nicht angekratzt. Er muss sich die Mehrheit in der Partei holen. Am besten wäre es, wenn er selbst den Parteichef machen würde.