Politik | SAD-Affäre

Der misslungene Alleingang

Nachdem Kompatscher Widmann abberufen hatte, wollte SVP-Obmann Philipp Achammer auf einer Pressekonferenz allein den Saubermann spielen. Das Spiel ging aber nicht auf.
SVP PK
Foto: Othmar Seehauser
Allein das Bild der zwei Männer am Rednerpult sagte alles. Philipp Achammer, wie immer in Rednerlaune. Daneben ein ernster und nachdenklicher Arno Kompatscher. Der Landeshauptmann schaut auf der Pressekonferenz wie acht Tage Regenwetter drein.
Verständlich wird dieser Gemütszustand Kompatschers, wenn man die Hintergründe des SVP-internen Paukenschlags an diesem Montag kennt.
Der SVP-Obmann, der am Ende der Pressekonferenz ostentativ das „Wir“ auspackt, war gerade dabei, seinem Regierungschef zum x-ten Male in den Rücken zu fallen. Das wird aus der Chronik des gestrige Montages klar.
 

Das Sechs-Augen-Gespräch

 
Der aktuelle Zustand der Südtiroler Volkspartei lässt sich an einem Detail festmachen. An dem Tag, an dem zum ersten Mal in der SVP-Geschichte ein Regierungsmitglied abberufen und drei hohe SVP-Funktionäre ihrer Parteiämter enthoben werden, findet keine einzige Sitzung eines Parteigremiums statt.
Die SVP-Parteileitung, das Parteipräsidium oder der Parteiausschuss, denen laut SVP-Statut diese Personalentscheidungen zustehen würden, waren erst gar nicht einberufen worden. Aber auch die vierköpfige SVP-interne Untersuchungskommission zur SAD-Affäre traf sich an diesem Tag nicht.
 
 
 
Dafür lud Arno Kompatscher am Vormittag Thomas Widmann und Philipp Achammer zu einer Aussprache. In dem Sechs-Augen-Gespräch erklärte der Landeshauptmann Widmann, dass das persönliche Vertrauensverhältnis unwiderruflich zerbrochen sei und er ihn deshalb aus der Landesregierung abberufen werde. Konkret: Kompatscher ersuchte Widmann, seinen Rücktritt aus der Landesregierung einzureichen.
Nachdem Thomas Widmann aber klar zu verstehen gibt, dass er daran nicht denke, erklärt der Landeshauptmann offen, dass er diesem Fall dem Landesrat für Gesundheit, Genossenschaften und Breitband alle Kompetenzen entziehen werde.
 

Philipps Dilemma

 
Damit aber hat Philipp Achammer ein ernsthaftes Problem.
Denn es ist Arno Kompatscher, der jetzt als erster einen echten Schritt in der SAD-Affäre gesetzt hat. Der Parteiobmann, der bereits im Ruf steht, die Affäre unter den Teppich gekehrt zu haben, kommt damit völlig überraschend unter Zugzwang. Achammer will auf keinen Fall das Heft des Handelns dem Landeshauptmann überlassen.
 
 
Ohne Absprache mit der SVP-Führung und ohne irgendetwas im Sechs-Augen-Gespräch zu sagen, beruft Philipp Achammer kurz nach Mittag für 14.30 Uhr eine Pressekonferenz am SVP-Sitz ein. Das geplante Drehbuch dabei: Der SVP-Obmann will die Maßnahmen gegen Karl Zeller, Christoph Perathoner und Gert Lanz bekanntgeben. Gleichzeitig aber auch erklären, dass die Position von Thomas Widmann für die Partei geklärt sei - allfällige Konsequenzen innerhalb der Landesregierung aber der Landeshauptmann setzen müsse.
Der Sinn der Aktion: Achammer spielt sich so zum Saubermann auf, der als erster handelt. Kompatschers sollte laut Drehbuch auf den Vorstoß des SVP-Obmannes nur mehr reagieren müssen. Die Abberufung von Thomas Widmann sollte so zu einer Art Privatfehde Kompatschers gemacht werden.
 

Arnos Konter

 
Es ist ein vorprogrammierter Akt der Demütigung für den Landeshauptmann. Dass der Plan aber nicht aufgeht, dafür sorgt Kompatscher selbst. Nachdem er von Journalisten von der Einberufung der Pressekonferenz erfährt, tauchte er uneingeladen am SVP-Sitz auf. In einem Gespräch mit Achammer macht er diesem klar, dass er an der Pressekonferenz teilnehmen und die Abberufung Widmanns kommunizieren werde.
Damit geht das geplante Spiel nicht mehr auf.
Brisant ist auch noch ein anderer Hintergrund: Am Montagnachmittag, unmittelbar nach der Pressekonferenz, kommt es gegen 16 Uhr im Bozner Hotel Stiegl zu einem diskreten Treffen von Philipp Achammer und Thomas Widmann. Dabei dürften beide die weitere Gangart abgesteckt haben.
 
 
Arno Kompatscher hält sein Wort: Bereits am Montagabend entzieht er Thomas Widmann alle Kompetenzen als Landesrat. Dennoch nimmt Widmann am Dienstag - so als wäre nichts geschehen - an der Sitzung der Landesregierung teil. Es ist ein klarer Akt der Provokation, der aber rechtlich und formal möglich ist.
Kompatschers Dekret des Kompetenzentzugs für Widmann greift erst am Mittwoch. Die Absolution, durch die der Landesrat auch weiterhin für die SVP im Landtag sitzen darf, hatte Philipp Achammer zuvor schon auf der Pressekonferenz erteilt.
Indem er erklärte, dass der Fall Widmann für die SVP „geklärt“ sei.