Politik | SVP

Wütend, sprachlos, wahnsinnig traurig

Die SVP-Parteibasis will keinen Streit. Davon ist Rosmarie Pamer, Bürgermeisterin der Gemeinde St. Martin in Passeier, überzeugt.
Rosmarie Pamer
Foto: Rosmarie Pamer/Facebook
Salto.bz: Frau Pamer, die Ereignisse überschlagen sich derzeit. Wie ist die Stimmung an der Basis? Was sagen die einzelnen SVP-Mitglieder?
 
Rosmarie Pamer: Nach den vielen Medienberichten habe ich natürlich auch sehr viele Mitteilungen erhalten. Die Leute sind schockiert, dass so etwas in unserem Land passieren kann. Teilweise sind sie wütend, sprachlos und wahnsinnig traurig. Niemand an der Basis draußen will, was derzeit gerade passiert. Die Leute sind der Meinung, dass das keine Parteigeschichte mehr ist. Hier ist die gesamte Politik betroffen und natürlich auch die Gesellschaft. Wir haben wirtschaftliche Probleme und damit einhergehend Preissteigerungen, die wiederum zu sozialen Problemen führen. Die Leute erwarten sich ganz klar, dass die Stabilität wieder hergestellt wird, die Führung Stärke zeigt und die Probleme der Bevölkerung gelöst werden. Es gibt Menschen, die mit ihrem Gehalt nicht mehr bis zum Monatsende kommen und sie haben kein Verständnis dafür, wenn es nur mehr „jeden gegen jeden“ heißt.
Schlimm finde ich auch die derzeitige Stimmung, wo sich keiner mehr traut, auch verdiente Parteimitglieder nicht, ihre Meinung zu sagen. Diese Haltung tut weder unserem Land, noch unserer Gesellschaft gut. Jeder hat zwar einige Meinung, aber niemand will sie mehr äußern.
 
Jeder hat zwar einige Meinung, aber niemand will sie mehr äußern.
 
Ist der SAD-Skandal das Problem oder die Tatsache, dass die Umstände und die Abhörprotokolle veröffentlicht wurden?
 
Alles, was derzeit abgeht. Eine Pressekonferenz jagt die nächste, jeder gibt sein Statement dazu ab, sie wissen nicht mehr, wem oder was sie glauben können, das Durcheinander, das auf die Veröffentlichung gefolgt ist, auch die Medienberichte, die sich teilweise widersprechen und die Menschen verwirrt zurücklassen. Der normale Bürger versteht oft nicht die Hintergründe und will schlicht und einfach keine politischen Streitereien. Die Leute wollen, dass gearbeitet wird und vor allem sagen sie sich: „Diese Politiker und Politikerinnen haben wir gewählt – sie sollen arbeiten und nicht streiten.“ Dieses Streiten ist den Menschen nämlich vollkommen zuwider. Der Ruf der gesamten Politik ist ohnehin den Bach hinunter gegangen.
 
Seit der Pressekonferenz am Montag von SVP-Obmann Philipp Achammer und Landeshauptmann Arno Kompatscher scheinen die Fronten klar. Wie sehen Sie diesen Bruch?
 
Ich tue mich mit solchen Einschätzungen sehr schwer. Natürlich ist überall eine große Spaltung spürbar. Das Bild nach Außen mag zwar verheerend sein, inwieweit das auch alles hochgespielt wird, weiß ich nicht. Im Rahmen des Treffens der Bezirksleitung im Burggrafenamt am vergangenen Montag haben alle erklärt, dass sie einstimmig hinter Landeshauptmann Arno Kompatscher stehen. Für uns ist wichtig, dass Philipp Achammer bei den SVP-Bezirkswahlen, die am 11. April stattfinden werden, als Partei-Obmann uns und den Mitgliedern erklärt, wie es um die Partei steht.
 
 
 
Was muss passieren?
 
Nach der heutigen (31. März, Anmerkung der Redaktion) gemeinsamen Nachricht des Landeshauptmannes und des Partei-Obmannes bin ich zuversichtlich, dass wir vielleicht eine Lösung finden. Man muss einen Ausweg aus dieser Situation finden und vielleicht bekommen wir eine Lösung. Man muss sich aussprechen und ganz klar sagen, wo man hin will. Will man zusammenarbeiten, Einigkeit und Stabilität oder will man die Trennung? Ansonsten könnte man zu der Einsicht kommen, dass ein Ende mit Schrecken besser ist als ein Schrecken ohne Ende.
 
Darauf scheint es nach der Rücktrittsweigerung von Thomas Widmann hinauszulaufen …
 
Die Bevölkerung wird mit Sicherheit nicht dulden, dass jemand ohne Kompetenzen in der Landesregierung sitzt und Geld dafür kassiert. Hier sind die Leute sehr, sehr sensibel. Das sollte sich Widmann noch einmal gut überlegen. Ich kann mir vorstellen, dass der Druck von der Parteibasis so groß wird, dass er gehen muss.
 
Das sollte sich Widmann noch einmal gut überlegen.
 
Sollte es Neuwahlen geben?
 
Niemand will Neuwahlen, die Leute wollen Einigkeit und sicher nicht, dass „Landeshauptmann Kompatscher gegangen“ wird. Das kann und will sich niemand vorstellen.
 
Wünscht sich die Basis zumindest eine Neuwahl der SVP-Führungsgremien?
 
Die Bezirke stehen derzeit vor einer schwierigen Situation. Wir sind der erste Bezirk der Neuwahlen durchführt. Die Neuwahl der SVP-Führungsgremien in den Bezirken finden innerhalb Mai bzw. Juni statt, die SVP-Spitze wird im Herbst gewählt. Es müsste auf jeden Fall vor den Sommer ein außerordentlicher Parteitag abgehalten werden. Der Wunsch vonseiten der SVP-Mitglieder besteht, daran teilzunehmen und informiert zu werden.
 
Sollte Landeshauptmann Kompatscher als Verlierer das Feld verlassen und möglicherweise sogar eine eigene Partei gründen, was dann?
 
Wenn Kompatscher gehen muss, werden sicher viele mit ihm gehen. Davon bin ich überzeugt, auch viele Mandatare und Bürgermeister. Dann wird es diese Partei, so wie wir sie kennen, nicht mehr geben. Hier geht es nämlich auch um finanzielle Belange, sprich die Parteikasse und die Beiträge der SVP-Mitglieder. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Ortsgruppen nach diesen Geschehnissen noch die SVP-Mitglieder auf die Bezahlung der Beiträge ansprechen werden. Dass wir in den Ortsgruppen die Watschen kassieren, die andere verdient hätten, das kann es nicht sein. Wenn die Partei-Abgabe nicht mehr bezahlt wird, wovon soll die Partei dann leben?
Ich kann mir aber nicht vorstellen, dass man es innerhalb der Partei soweit kommen lassen will. Zwar ist von Widmann die Aussage kolportiert „Lieber eine SVP mit 30 Prozent als weitere fünf Jahre mit Kompatscher“, das ist aber sicher nicht die Meinung der breiten Basis. Kompatscher hat einen starken Rückhalt in der Bevölkerung und niemand kann ein Interesse daran haben, dass er gegangen wird. Das würde nämlich bedeuten, dass jemand die Spaltung der Partei will.
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△rtim post Fr., 01.04.2022 - 12:21

Der angerichtete Scherbenhaufen ist enorm. Nun scheinbar Deeskalation. Partei und Kompatscher, beide beschädigt, haben verloren und bemühen sich nun um "Schadensbegrenzung".
Ja, ob Kompatscher gut beraten war (oder es gar musste), hier seinem machtstrategischen Einflüsterer in seiner Absetzbewegung zur Partei zu folgen, wird wohl immer zweifelhafter. Dass sich die Partei noch gegen ihre Demontage und Zerstörung (vgl. Deeg: https://www.stol.it/artikel/politik/deeg-zeller-umfeld-mehrheit-in-der-… ) zu wehren vermag, wurde so wohl nicht erwartet.
Schwierig, wenn nicht unmöglich, dass eine Zusammenarbeit ohne Grundvertrauen und Loyalität nun ausgerechnet funktionieren soll.
Besser für die SVP, ein Jahr vor den nächsten Landtagswahlen, wäre wohl allemal eine Rolle vorwärts: Erneuerung und neues unbelastetes Personal.

Fr., 01.04.2022 - 12:21 Permalink
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Salto User
simon tinkhauser Fr., 01.04.2022 - 12:26

Wie wir gesehen und gehört haben ist die Partei den abgehörten Spitzenpolitikern und Funktionären leider schnurz. Hauptsache die Eigeninteressen und die der Mitesser werden ausgiebig vertreten.....da hätte man sogar lieber Lega Leute im Mobilitätsresort als einen nicht genehmen SVPler....
Tja, für ein einfaches SVP Mitglied ist dieser Tage das Wort "Fremdschämen" mal wieder up to date.........da würde man sich ob des würdelosen Theaters am liebsten hinter einem Schlauchtuch verstecken....

Fr., 01.04.2022 - 12:26 Permalink
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Dietmar Nußbaumer Fr., 01.04.2022 - 12:38

Wer nicht Lust am Zündeln hat, wird die Situation ähnlich sehen, wie sie Frau Pamer darlegt. Dass es viele innerhalb der Partei gibt, die ihre Meinung nicht offen sagen (auch nich parteiintern, wo solche Diskussionen hingehören), das ist schade (und diskutieren heißt ja auch nicht streiten). Eine offene Diskussionskultur ist also ein Punkt auf dem Wunschzettel.

Fr., 01.04.2022 - 12:38 Permalink
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Giorgia Lazzaretto Fr., 01.04.2022 - 14:55

Ich freue mich sehr, dass im dichten medialen Wirbel endlich es mal auch zum Thema "was denkt die Basis?" kommt.
Es ist ja nachvollziehbar, dass in solchen Kontexten oft die Reaktionen mehr vom Bauch kommen als vom Hirn, aber ich kann trotzdem die Aussagen "Politik ist nur ein Sch..." nicht aushalten.
Klar, ich stehe ganz bei Frau Pamer wenn sie sagt, dass die Menschen ganz andere Probleme haben, die von der Politik adressiert werden sollten.
Und ja, sie hat sicherlich auch irgendwie Recht, wenn sie sagt "Hier ist die gesamte Politik betroffen und natürlich auch die Gesellschaft."
Trotzdem muss ich aber auch sagen, dass in diesem Interview, sowie in fast allen anderen Kommentaren zur Geschichte, mehr um den "Streit" geht als um die Sache.
Dass es einen Streit gibt ist schlimm und schlimm ist es, dass man die Politik im Moment schwer vertrauen kann.
Aber kann man auch über die Gründe dieser Situation reden? Kann sich die SVP damit ehrlich konfrontieren?
Es geht nicht um die verlorene Harmonie, noch von der Kandidatur von Kompatscher, noch von der Spaltung der Partei. Die sind alle nur Konsequenzen.
Hier geht es darum, dass Prominenten der Partei, Affäre für eine Miliarde gelenkt haben; dass es in Hinterkammern die Fäden gezogen wurden, um möglichst eine demokratisch gewählte Figur fallen zu lassen; dass offensichtlich Aussagen, die eher apologetisch der Nazi-Zeit klingen, in bestimmten Ambienten ziemlich umgänglich sind.
Kann man diese Ursachen auch konfrontieren, oder konfrontiert man nur die Konsequenzen?
Wenn die Medien als Ursache der Verwirrung der Basis genannt werden, ist die Frage, was genau ist das Problem in den Südtirolern Medien? Wieso sind Berichte überhaupt so wiedersprüchlich? Sind ALLE Medien DAS Problem? Oder liegt eher das Problem darin, dass im heiligen Land Südtirol ein extrem undemokratisches Medien(fast)monopol existiert, in Händen die im politischen Geschehen sehr tief stecken?
Ich wünsche uns allen und der Südtiroler Volkspartei, dass sie sich diese Fragen ehrlich stellen, und sie noch ehrlicher beantworten.
Man kann die Fassade retten, oder man könnte die Substanz retten.

Fr., 01.04.2022 - 14:55 Permalink
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Peter Gasser Fr., 01.04.2022 - 15:14

Antwort auf von Giorgia Lazzaretto

Ich teile das: man werkelt an der “Fassade”, in der Hoffnung, der Bürger würde sich immer noch täuschen lassen.
.
Zur Substanz: Wer Arno Kompatscher und Philipp Achammer bei den letzten beiden Auftritten gemeinsam gesehen und Augen hat, der sieht, dass die beiden nicht mal nebeneinander, und schon gar nicht miteinander können.
Auch in Zukunft nicht.

Fr., 01.04.2022 - 15:14 Permalink
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Josef Ruffa Fr., 01.04.2022 - 16:18

Ein gebrochenes Fenster sollte austauschen.
Man kann es auch bedürftig reparieren.
Beim ersten starken Windstoß wird es vermutlich aber wieder brechen.

Fr., 01.04.2022 - 16:18 Permalink
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Albert Willeit Fr., 01.04.2022 - 19:37

Ein großes Kompliment an Frau Pamer für ihre offenen und klaren Worte, auch was das unverfrorene arrogante Verhalten von Widmann anlangt. Es hat sich wahrlich (fast) kein SVP-Exponent getraut, seine Meinung und Entrüstung offen zu sagen, vor lauter Angst vor dem Weinbergweg, und dass man am Ende auf der falschen Seite stehen könnte. Es ist einfach skandalös, wie aus purem Machterhalt versucht wird, die Tatsachen zu verdrehen und von den Machenschaften und dem Inhalt der beschämenden Gespräche abzulenken. Man erklärt die Veröffentlichungen als illegale Schandtat und dass das alles eh schon "verjährt" und erledigt ist. Armes Südtirol, wenn diese Leute und Lobbyisten die Oberhand gewinnen.

Fr., 01.04.2022 - 19:37 Permalink
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Lukas Abram Fr., 01.04.2022 - 21:16

Bitte keine Verwirrung stiften, Frau Bürgermeister. Natürlich ist das eine Parteigeschichte, eben weil die gesamte Politik seit 70 Jahren von einer Partei gemacht wird. Dann kann auch niemand anderes was dafür.

Fr., 01.04.2022 - 21:16 Permalink
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S. Bernhard Sa., 02.04.2022 - 08:49

Die Basis ist wütend? Dass ich nicht lache! In den Gemeinden (Basis) passiert doch genau dasselbe. Einige Dorfkaiser tun was sie wollen, da entweder selbst im Gemeinderat oder vom selben gut vertreten. Die Basis lebt in der gleichen Scheinwelt wie die Damen und Herren im Landtag. Kein Wunder, dass niemand eine Änderung will. Die ganze Partei, sprich Sauhaufen, gehört aufgelöst. Zu lange war man an der Macht!

Sa., 02.04.2022 - 08:49 Permalink
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Stefan S Sa., 02.04.2022 - 09:36

Antwort auf von Thomas Sterna

"Wer von einer Politik ohne Streit träumt,"
Hier ist weder ein politischer Richtungsstreit noch ein politischer Diskurs erkennbar.
Das einzige was hier deutlich wird ist die Veruntreuung von Steuergeldern zu Gunsten Einzelner und zum Schaden der Allgemeinheit.
Diese unlautere Praxis der Vergabe wie bei der SAD dürfte auch auf viele andere Bereiche zutreffen.

Sa., 02.04.2022 - 09:36 Permalink
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Josef Fulterer Sa., 02.04.2022 - 21:50

Antwort auf von Stefan S

Die Frau Bürgermeisterin Pamer aus dem Passeiertal, sagt den Damen und Herren der SVP sehr klar, was ihre Aufgabe wäre.
Es stimmt schon traurig, wenn wegen der Veröffentlichung der Telefonate einiger aufgeblasener Wichtigtuer, die SVP von einigen verantworungslosen Landespolitikern und leider auch -innen, dazu benutzt wird, um am Stuhl vom Kompatscher zusägen.
Hat das etwa mit der Umfrage der Wirtschaftszeitung zu tun, bei der diese mutwilligen Möchtegern-Politiker auf den hinteren Plätzen gelandet sind?

Sa., 02.04.2022 - 21:50 Permalink
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Günther Alois … So., 03.04.2022 - 08:19

Die Lösung:Neuwahlen.Hört auf jetzt wieder alles schönzureden wie es bei euch SVPlern so üblich ist.Diesesmal seid ihr entschieden zuweit gegangen,vonwegen einig in der SVP das ist purer Hohn.

So., 03.04.2022 - 08:19 Permalink