Politik | Außenbeziehungen

Deal mit Russen auf Eis

Das Land will den Zarenbrunn-Deal wegen des Krieges in der Ukraine zurzeit nicht erneuern. Ein Schritt, der mehr Symbolcharakter als konkrete Folgen hat.
Zarenbrunn, Borodina
Foto: Centro Russo Borodina

Die bis heute umstrittene Vereinbarung zwischen der Provinz und russischen Vertretern, die die Nutzung des Gebäudekomplexes Zarenbrunn in Meran von dem russischen Kulturverein Borodina festlegt, soll bis auf Weiteres nicht erneuert werden. Auch wenn dieser politische Schritt eine Distanzierung von Russland signalisiert, ändern sich dadurch die Gegebenheiten kaum.

 

So stehen die drei Gebäude die meiste Zeit leer.

 

Denn die alte Vereinbarung von 2014, die zwischen Altlandeshauptmann Luis Durnwalder und dem Putin-Vertrauten Wladimir Jakunin getroffen wurde, gilt bis 2043 und der Kulturverein kann bis dahin den Gebäudekomplex in der Schafferstraße weiterhin nutzen. Wegen dem Krieg in der Ukraine hat das Land außerdem entschieden, dass zurzeit keine Kurse und Vorträge in dem Kulturzentrum stattfinden, nur die orthodoxe Kirche bleibt weiter geöffnet. So stehen die drei Gebäude die meiste Zeit leer.

 

Es ist schade, dass Zarenbrunn nicht ins Auge gefasst wird, denn der Standort wäre ideal gewesen und es läge ein ausgearbeitetes Konzept bereit - Julia Dalsant (Grüne / Liste Rösch)

 

Für die Grünen / Liste Rösch ist das ein Rückschlag. Sie fordern seit Jahren, dass Zarenbrunn für soziale Zwecke genutzt wird, etwa als Haus der Solidarität. Ein solches soll laut dem Meraner Sozialreferent Stefan Frötscher (SVP) nun woanders realisiert werden. Damit pocht die SVP, gestützt von der Lega, auf eine Vereinbarung Durnwalders mit einem autoritär geführten Land mit aggressiver Außenpolitik, die schon längst Geschichte sein könnte.

 

 

Der Deal zwischen Durnwalder und Jakunin

 

Die Beziehungen zwischen Russland und Meran fußen auf einer langen Tradition, bereits um 1800 gründete eine Russin die Stiftung Borodine, um bedürftigen Menschen aus Russland unter anderem Kuraufenthalte in Meran zu ermöglichen. Die wirtschaftlichen Vorteile dieser Beziehungen erkannte der ehemalige Landeshauptmann Luis Durnwalder und schloss 2014 eine Vereinbarung mit dem Putin-Vertrauten und dem damaligen Präsidenten der staatlichen russischen Eisenbahngesellschaft Wladimir Jakunin.

 

Meran hatte Zarenbrunn einige Jahre vor der Jahrtausendwende aus der Konkursmasse der Stadt erworben und saniert.

 

Tatsächlich profitierten im Folgenden mehrere Südtiroler Unternehmen von den Olympischen Winterspielen 2014 im russischen Sotschi, etwa die Sterzinger Prinoth mit dem Verkauf von 62 Pistenfahrzeugen oder der Bozner Beschneiungsspezialist Technoalpin durch die Abnahme ihrer Schneekanonen.

Die Vereinbarung von Durnwalder und Jakunin betraf den Immobilienkomplex Zarenbrunn, der zu diesem Zeitpunkt insgesamt 40 Senior:innen und Pflegebedürftige beherbergte. Die Menschen übersiedelten nach Martinsbrunn, wo 90 Pflegebetten eingerichtet wurden.

Das Land kaufte indessen der Gemeinde Meran das Grundstück um 6,8 Millionen Euro ab. Meran hatte es selbst einige Jahre vor der Jahrtausendwende aus der Konkursmasse der Stadt erworben und saniert. Zudem legte der Deal fest, dass das Land den Komplex für 29 Jahre an den Verein Borodina übergibt.

 

Der neue Deal von SVP und Lega

 

Nach dem Wechsel der Südtiroler Regierungsspitze im Jahr 2014, bei der Arno Kompatscher Luis Durnwalder als Landeshauptmann ablöste, richteten die Grünen in Meran im März 2015 einen erfolglosen Entschließungsantrag an den Präsidenten des Meraner Gemeinderates. Der Antrag beinhaltete die Forderung, den Gebäudekomplex Zarenbrunn zu einem „Pilotprojekt für neue Wohnformen im Alter“ zu machen.

In den folgenden Jahren ließ die Partei nicht locker und forderte 2019, dass zumindest ein Teil des Komplexes, nämlich die Villa Katharina, ein Haus der Solidarität nach dem Vorbild des Hauses in Brixen werden soll. Diese Einrichtung würde Menschen Hilfe zur Selbsthilfe und eine temporäre Unterkunft in schwierigen Zeiten bieten.

Stattdessen haben Landeshauptmann Arno Kompatscher (SVP) und Vermögenslandesrat Massimo Bessone (Lega) vor, die Führung des gesamten Komplexes für 30 Jahre der Stadt Moskau anzuvertrauen. Dabei gilt die Bedingung, dass Moskau Zarenbrunn für 3,5 Millionen Euro restauriert und instand hält, da die Gebäude sanierungsbedürftig seien. Damit läge der Komplex nicht wie ursprünglich 2014 vereinbart bis 2043 sondern bis 2052 in russischen Händen. Vermögenslandesrat Bessone begründet diesen Schritt damit, dass die Investitionen von 3,5 Millionen Euro durch die Konzession von 30 Jahren entgolten werden.

 

 

Die Vereinbarung muss noch von der städtischen Verwaltung Moskaus und von der Provinz unterschrieben werden. Aufgrund des Krieges in der Ukraine entschieden Kompatscher und Bessone aber, die Vereinbarung auf Eis zu legen. Allerdings betont Bessone, „dass die Kulturvereine und die orthodoxe Gemeinschaft nicht die Leidtragenden sein sollen“. „Die bestehende Konzession von 2014 besteht weiter, die neue ruht zurzeit“, erklärt er im Gespräch mit salto.bz.

 

Ein Haus der Solidarität in Meran

 

Auch wenn es zurzeit so gut wie ausgeschlossen ist, dass im Areal von Zarenbrunn ein Haus der Solidarität entsteht, wurde den Grünen von der auf Landesebene regierenden SVP im Jahr 2019 ein anderes Areal für ein solches Vorhaben versprochen. Das passierte nicht. Am 22. März 2022 reichte die Grünen-Gemeinderätin Julia Dalsant deshalb einen Beschlussantrag bezüglich Haus der Solidarität in der Gemeinde Meran ein. „Es ist schade, dass Zarenbrunn nicht ins Auge gefasst wird, denn der Standort wäre ideal gewesen und es läge ein ausgearbeitetes Konzept bereit“, erklärt Dalsant.

Sozialreferent Stefan Frötscher von der SVP gab auf den Beschlussantrag zur Antwort, dass die Gemeinde Meran eine Arbeitsgruppe zu einem Haus der Solidarität gegründet hat und zwei Immobilien in Frage kommen. Bei den Immobilien handelt es sich um ein Haus des Deutschen Ordens in St. Valentin und um einen Gebäudekomplex in Landesbesitz am Sandplatz in Meran. Beim Haus des Deutschen Ordens würden durch neue Sicherheitsmaßnahmen nicht benutzte Stockwerke zugänglich gemacht werden. Was den Gebäudekomplex am Sandplatz angeht, müssten für dessen Nutzung aufwändige Renovierungsarbeiten durchgeführt werden.