Politik | Landtag

Doppeltes Vertrauensvotum

Die Abstimmung im Landtag zur Umbildung der Landesregierung wird zur Vertrauensfrage nicht nur für Arno Kompatscher, sondern auch für SVP-Obmann Philipp Achammer.
Kompatscher, Achammer
Foto: Salto.bz
Die Wende erfolgte am 1. April.
Der gemeinsame Auftritt von SVP-Obmann Philipp Achammer und Landeshauptmann Arno Kompatscher nach der Sitzung des erweiterten Parteiausschusses war eine augenscheinliche Zäsur. Es sollte der Beginn eines gemeinsamen politischen Weges aus der aktuellen SVP-Krise sein.
Waren vorher die beiden Führungspersönlichkeiten unterm Edelweiss in zentralen Punkten sehr oft unterschiedlicher Meinung und standen gegenseitige Sticheleien fast schon an der Tagesordnung, so hat die SAD-Affäre und ihre Folgen Philipp Achammer und Arno Kompatscher zusammengeschweißt. Es ist keine Liebeshochzeit, sondern eine Vernunftehe. „Der Philipp hat erkannt, dass allein dieser Schulterschluss zur einer Befriedung in der Partei führen kann, und er meint es wirklich ernst damit“, zollt ein Mitglied der SVP-Parteileitung, das dem SVP-Obmann durchaus kritisch gegenübersteht, diesem Respekt.
Seit über drei Wochen marschiert das Duo Achammer/Kompatscher im Gleichschritt. Beiden ist klar, dass sie zu einer Schicksalsgemeinschaft geworden sind. Deutlich wird das jetzt auch an der geplanten Umbildung der Landesregierung.
 

Die Umbildung

 
Das Schreiben, unterzeichnet von Arno Kompatscher, wurde am Mittwochnachmittag im Generalsekretariat des Landtages hinterlegt. In dem formellen Antrag mit dem Betreff „Ersuchen um Einberufung des Südtiroler Landtages in außerordentlicher Sitzung“ heißt es:
 
"Sehr geehrte Frau Präsidentin,
der Entzug der Kompetenzen betreffend das Landesregierungsmitglied Thomas Widmann erfordert eine dringliche Umbildung der Landesregierung und eine neue Kompetenzverteilung.
In diesem Zusammenhang ersucht der Unterfertigte hiermit um Einberufung des Sudtiroler Landtages in außerordentlicher Sitzung für den Freitag, 29. April 2022 mit Beginn um 10:00 Uhr und bis zum Ende der Arbeiten, um folgenden Tagesordnungspunkt zu behandeln:
Umbildung der Landesregierung im Sinne der Artikel 67 und 68 des Landesgesetzes vom 19. September 2017, Nr. 14, „Bestimmungen über die Wahl des Landtages, des Landeshauptmannes und uber die Zusammensetzung und Wahl der Landesregierung" und Artikel 10 der Geschäftsordnung des Südtiroler Landtages sowie allfallige Folgemaßnahmen.“
 
 
 
Es ist die Operation, um Thomas Widmann aus der Landesregierung zu kicken. Landtagspräsidentin Rita Mattei hat dem Antrag stattgegeben und umgehend den Landtag für den 29. April einberufen.
 

Die Anlagen

 
Dem Kompatscher-Antrag sind zwei Anlagen beigefügt.
Weil es sich formal bei der Abstimmung im Landtag um eine Neuwahl der Landesregierung handelt, ist auch eine Liste der verbleibenden acht Mitglieder der Landesregierung beigelegt - mit den Bereichen, die sie verwalten
 
Dabei fällt auf, dass eigentlich alles beim Alten bleibt. Mit einer Ausnahme:
Landeshauptmann Arno Kompatscher übernimmt alle Agenden, die bisher Landesrat Thomas Widmann verwaltet hatte. Doch bei den Bereichen Gesundheit, Genossenschaftswesen und digitale Infrastruktur steht als Zusatz „ad Interim“.
Diese Diktion verweist auf den nächsten geplanten Schritt. Die Berufung von außen eines Experten, der das Gesundheitsassessorat übernehmen soll. Gleichzeitig dürften das Genossenschaftswesen an Arnold Schuler und das Breitband an Massimo Bessone gehen.
Als zweite Anlage ist wie vorgeschrieben auch das Regierungsprogramm der Landesregierung beigelegt. Es wurde Anfang 2019 von SVP-Obmann Philipp Achammer und dem damaligen Lega-Fraktionssprecher Carlo Vettori unterzeichnet. Vettori ist inzwischen bekanntermaßen aus der Lega ausgeschieden und zu Forza Italia übergetreten.
Dass das Koalitionsprogramm dennoch so beibehalten wird, macht deutlich, dass Vettori - trotz des Bruchs mit der Lega - organisch auch heute noch hinter dieser Mehrheit steht.
 

Spannende Abstimmung

 
Dass Arno Kompatscher in seiner eigenen Fraktion keine Mehrheit mehr hat, ist allgemein bekannt. Deshalb gibt es innerhalb der SVP-Fraktion Einige, die daran denken, den eigenen Landeshauptmann bei dieser Abstimmung im Landtag auflaufen zu lassen. Schafft es Kompatscher im ersten Wahlgang nicht, die absolute Mehrheit zu erreichen, wäre das eine Watschn für den amtierenden Landeshauptmann.
Doch jetzt haben sich die Vorzeichen deutlich verändert. Denn die SVP-Parteileitung hat inzwischen zweimal per Akklamation das Ausscheiden von Thomas Widmann aus der Landesregierung gutgeheißen. Damit hat die Partei ihren Abgeordneten eine klare Richtlinie für die Abstimmung zur Umbildung der Landesregierung erteilt.
 
 
Außer es gibt unter den Freunden im Edelweiss jene, die darauf abzielen, zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen.
 
Wer sich im Landtag nicht daran hält, straft damit nicht nur Arno Kompatscher ab, sondern es wäre auch ein direkter Misstrauensantrag gegenüber dem eigenen Parteiobmann Philipp Achammer. Achammer war und ist es, der sich SVP-intern persönlich für die Lösung starkgemacht hat. Demnach ist er auch dafür verantwortlich, dass sich die SVP-Abgeordneten an die Vorgaben der Parteileitung halten.
Außer es gibt unter den Freunden im Edelweiss jene, die darauf abzielen, zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen.
Am kommenden Freitag wird man darauf im Landtag eine Antwort bekommen.
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Johannes A. Do., 21.04.2022 - 16:42

Es bleibt abzuwarten, ob die SVP-Landtagsfraktion einen verdienten Parteisoldaten wie Thomas Widmann einfach so absägt.
Die Fraktionsmitglieder sind nicht an die Entscheidung der Parteileitung gebunden, da sich auch Kompatscher/Zeller über Entscheidungen der Parteileitung hinwegsetzt haben.

Außerdem erachte ich es als höchst undemokratisch, wenn die Wahl nicht geheim stattfindet, da so die Abgeordneten Repressalien von seiten der mächtigen Lobby um dem Landeshauptmann (Zeller/Hager/Benko/Alfreider/Schuler etc.) fürchten, wenn Sie sich der Entscheidung des LH nicht beugen.

Dass ein Thomas Widmann mithilfe der Stimmen der Grillini aus der Landesregierung entfernt werden soll, kann auch als Signal dafür hergezogen werden, wie stark einige SVP-Kreise sich von den Prinzipien der Partei verabschiedet haben. Kompatscher sollte sich fragen, wieso er ständig von der links-grünen-italienischen Fraktion bei seinen Machtkämpfen unterstützt wird.

Do., 21.04.2022 - 16:42 Permalink
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Sepp.Bacher Do., 21.04.2022 - 17:17

Antwort auf von Johannes A.

Warum soll Komatscher sich das fragen? Er braucht eine Mehrheit, und wenn ihm die "Rechts-scharzen" nicht unterstützen, muss er froh sein, dass ihm der eine oder die andere von der Opposition die Stimme geben! Und wegen links-grün: die Grünen jedenfalls haben verkündet, dass sie Kompatscher nicht unterstützen.

Do., 21.04.2022 - 17:17 Permalink
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△rtim post Do., 21.04.2022 - 23:22

Nun soll sogar der Landtag dafür herhalten, was die SVP intern aufgrund der verweigerten Rücktritte nicht imstande war umzusetzen: sich (neu) zu sortieren.
Wo kommen wir da hin?
Eigentlich gilt es doch (nach Silvius Magnago ) wohl eher der Partei und insbesondere der Volksvertretung zu dienen und sich nicht ihrer zu bedienen – oder?
Und was ist, wenn LH Kompatscher trotz Unterstützung der Lega (mit Rita Mattei) und sogar von außen (M5S ...) , damit dennoch scheitern sollte, nur weil jemand aus irgendeinem Grund nicht an der Abstimmung teilnehmen kann?
Was sind die Implikationen und Folgen davon?
Interessieren hier überhaupt noch die Beschädigungen und Gefahren zum Nachteil des demokratischen Gemeinwohls?

Do., 21.04.2022 - 23:22 Permalink
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Josef Fulterer Fr., 22.04.2022 - 06:35

Antwort auf von △rtim post

Nachdem alle Abgeordneten vor der Wahl mit dem Anspruch angetreten sind, den Bürgern sowohl in der Regierung, als auch in der Opposition zu dienen, sollte es ein gemeinsamer Auftrag sein, den sich "zum Rasputin" in der Landesregierung entwickelten Widmann, in die Schranken zu weisen.

Fr., 22.04.2022 - 06:35 Permalink