Politik | Referendum 2022
Deutlicher Sieg des Nein
Foto: Salto.bz/Südtiroler Statistik AG
Bei der heutigen Volksabstimmung (29. Mai), die vor Kurzem zu Ende gegangen ist, wurde darüber abgestimmt, ob die Regeln zur direkten Demokratie in Südtirol geändert werden. Insgesamt 426.944 Bürgerinnen und Bürger konnten darüber entscheiden, ob ein entsprechendes Landesgesetz in Kraft treten soll oder nicht. Nach einem mehr als deutlichen Sieg des Nein mit 70.842 (76 %) Stimmen vor dem Ja mit 22.387 (24 %) Stimmen bleiben die Landesgesetze vom 3. Dezember 2018, Nr. 22, „Direkte Demokratie, Partizipation und politische Bildung“ und vom 8. Februar 2010, Nr. 4, „Einrichtung und Ordnung des Rates der Gemeinden“ ohne Änderungen in Kraft. Prozentual am meisten Nein-Stimmen wurden im Wipptal (81,3 %) gezählt, am „wenigsten“ im Bezirk Salten-Schlern mit 74,1 %. Einzig bei der Briefwahl lagen die Ja-Stimmen mit 57,4 % vorne.
Worüber abgestimmt wurde
Am 11. Juni 2021 hatte der Südtiroler Landtag die Änderung des Landesgesetzes vom 3. Dezember 2018, Nr. 22, „Direkte Demokratie, Partizipation und politische Bildung“ und des Landesgesetzes vom 8. Februar 2010, Nr. 4, „Einrichtung und Ordnung des Rates der Gemeinden“ verabschiedet. Mit diesem Gesetz wurde die bisherige Regelung zur direkten Demokratie in einigen Punkten abgeändert. Wesentliche Kernpunkte der Gesetzesänderung betreffen die Abschaffung des bestätigenden Referendums, die Abschaffung des Passus zur Sprachgruppensensibilität und die Möglichkeit, das Büro für politische Bildung an einer wissenschaftlichen Institution wie der Eurac anzusiedeln. Zudem wurden mit der Gesetzesänderung rund 50 sprachliche und formale Mängel behoben.
Für und Wider
Nach Verabschiedung des Gesetzes der Direkten Demorkratie im Jahre 2018, dessen Architekten die beiden SVP-Mandatare Josef Noggler und Magdalena Amhof sowie die Landtagsabgeordnete der Grünen Brigitte Foppa sind, wurde insbesondere das Instrument des bestätigenden Referendums als große Errungenschaft gefeiert. Es besagt, dass Landesgesetze, welche nicht mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit verabschiedet wurden, einer Volksabstimmung unterzogen werden können. Dazu müssen 300 Bürger und Bürgerinnen einen entsprechenden Antrag stellen und im Anschluss daran 13.000 Unterschriften sammeln. Nur wenn die Wähler mit Ja stimmen, tritt das Gesetz in Kraft. Die Befürworter des bestätigenden Referendums führten ins Feld, dass das Volk und die kleineren Parteien dadurch mehr Mitsprache bei der Gesetzgebung erhalten. Die Kritiker befürchteten eine zu große Einflussnahme der Oppositionsparteien und erhebliche zeitliche Verzögerungen, bis ein Gesetz in Kraft treten kann.
Ladiner-Passus
Mit dem Passus der Sprachgruppensensibilität, dem sogenannten „Ladiner-Passus“, sollten ersprünligch sprachliche Minderheiten davor geschützt werden bei Interessen, welche vor allem sie betreffen, von der Bevölkerungsmehrheit überstimmt zu werden. Wie Landtagsvizepräsident Josef Noggler kürzlich in einem Interview mit Salto.bz erklärte, sei dem Präsidium vom Rechtsamt mitgeteilt worden, dass Referenden bezüglich einer Sprachgruppe nicht durchführbar seien. Somit wird es wohl einen neuen Anlauf geben müssen, um diese Passage zu streichen sowie um die sprachlichen und formalen Fehler zu beheben.
Wahlberechtigte
Zu den Wahllokalen in Südtirol waren 387.140 Wahlberechtigte zugelassen, davon 196.604 Frauen und 190.536 Männer. Hinzu kommen 39.804 Personen per Briefwahl (19.115 Frauen, 20689 Männer). Stimmberechtigt war, wer in den letzten vier Jahren ohne Unterbrechung in der Region Trentino-Südtirol ansässig war, davon mindestens zwei Jahre in Südtirol.
Wahlbeteiligung
Mit 22,7 Prozent war die Wahlbeteiligung für ein Referendum gewohnt gering. Bis 11.00 Uhr hatten 16.103 (4,2 %) Wahlberechtigte ihre Stimme im Rahmen der bestätigenden Landesvolksabstimmung abgegeben, um 17.00 wurden 52.468 (13,6 %) Wähler gezählt und bis zum Schluss haben sich 87.929 (22,7 %) Wahlberechtigte zur Urne aufgemacht.
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76% von 22%
76% von 22%
Da kommt richtig Stimmung auf!
Das Volk greift schon zu Stift und Papier um den eigenen Gewählten es mal richtig zu zeigen.
Die "Freunde" fürchten sich schon richtig.
Vor uns... die Zukunft!!!!
Antwort auf 76% von 22% von Antonio Gulino
"Nicht erpressbar?"
"Nicht erpressbar?"
Dann bitte in Zukunft Gesetze, die gut durchdacht für das Konflikt-freie Zusammenleben der Bürger sinnvoll sind und nicht von den unter Durnwalder aufgemästeten mächtigen Interesssenverbände gesteuerte Privilegien-Strategieen-Gesetze zusammen pfuschen.
Hier wird wieder kräftig
Hier wird wieder kräftig überinterpretiert. Aktive Beteiligung an der Gestaltung der Gesellschaft ist ein edler Aspekt, aber das einzige was man aus diesem Referendum herauslesen kann ist, dass das Thema den Großteil der Bevölkerung nicht interessiert. Das sollten die Verfechter der direkten Demokratie mal hinterfragen. Und auch die "Architekten" dieses Gesetzes müssen sich selbst fragen, ob sie nicht in Zukunft das Schreiben von Gesetzen jemand überlassen, der weniger Fehler macht und mehr Weitblick hat.
Antwort auf Hier wird wieder kräftig von Manfred Klotz
Herr Klotz: Reflexion tut
Herr Klotz: Reflexion tut immer wieder mal gut.
Antwort auf Hier wird wieder kräftig von Manfred Klotz
Wobei sich für mich besonders
Wobei sich für mich besonders gut gezeigt hat, dass bei Quorumsfreiheit jede/r Einzelne gefragt ist! DAS ist für mich die Lehre aus diesem Referendum! Man sieht, wie wichtig die Quorumsfreiheit ist! Irgendwann merken es auch jene, die sich vor dem Volk so fürchten, wie es die SVPler gerade zeigen! Aktive Beteiligung entsteht auch aus dem Verlieren bei der Durchsetzung der eigenen Anliegen. Und - da stimme ich Ihnen vollkommen zu - wer die Gesetze schreibt, muss lernen, diese Aufgabe besser zu erledigen!
Es hat wohl den Anschein,
Es hat wohl den Anschein, dass das Thema haupsächlich die SVP Wähler nicht interessiert hat? Viele werden in Zukunft ein wenig umdenken müssen, wenn bei Volksbefragungen kein Beteiligungsquorum gelten sollte.
Dass Jene entscheiden, die zur Wahl hingehen, kann jedenfalls nur begrüßt werden. Dass es funktioniert, macht uns die Schweiz eigentlich schon lange Zeit vor.
Zur geringen Wahlbeteiligung:
Zur geringen Wahlbeteiligung:
Ich stelle mit vor, dass viele grundsätzliche SVP-Unterstützer diesmal nicht mit der Parteilinie einverstanden waren, anderseits aber ihr Nein aus Gefälligkeit auch nicht offiziell deponieren wollten und deshalb nicht wählten.