Gesellschaft | Partnerschaftsgewalt

Miteinander gegen Gewalt

JEDER Mensch soll ein gewaltfreies Zuhause haben und ALLE Gewaltopfer, gleich welchen Geschlechts, sind ernst zu nehmen sind und ihnen ist adäquate Hilfe anzubieten
Hinweis: Dieser Artikel ist ein Beitrag der Community und spiegelt nicht notwendigerweise die Meinung der SALTO-Redaktion wider.
Gewalt Missbrauch
Foto: Foto: pixabay.com

Die negativen Auswirkungen jahrhundertelanger patriarchaler Gesellschafts-strukturen auf Frauen und jenem Teil der Männer, welcher sich nicht damit identifizieren bzw. deren Normen nicht entsprachen sind für uns als „väter aktiv“ ebenso unbestritten wie die fast ausschließliche männliche Täterschaft, bei schweren, tödlichen und sexualisierten Gewalttaten.

Ursachen, negative und positive Aspekte von Aggression

Arturo Sica, Psychologe und Psychotherapeut (Ausbildner für Anti Gewalt Training) sieht Aggression immer als ein Zeichen der Verletzung von Grenzen, die Form hängt von sozialen Normen, von der Identitätsstärke, der subjektiven Einschätzung seiner Lebenssituation bzw. –biografie sowie Unterstützungsressourcen ab. Für ihn ist Wut und Zorn die Reaktion auf den Schmerz der Ablehnung bzw. Unverständnis, welche eine Angst des Identitäts- bzw. Statusverlust hervorruft. „Der Großteil der Männer und Burschen wird gewalttätig, wenn sie sich verbal unterlegen oder hilf- und ausweglos fühlen oder wenn es ihren „Gegnern“ gelingt ihr „schwachen Punkte“ zu treffen und sie dafür verspotten oder verhöhnen. Das Grundgefühl von Gewalttätern ist Angst bzw. Scham, dass ihre vermeintliche Schwäche, ihr ebenso vermeintliches Unvermögen aufgedeckt wird … Gewalttätigkeit gegenüber Schwächeren (insbesondere Frauen und Kindern) ist für die meisten Täter schamerfüllt.“ Klaus Edlinger, Mediator und Obmannstellvertreter der Mannsbilder (Tirol).

Aggression ist immer ein Hilferuf zur Beachtung, wie wir ihn auch aus psycho-pädagogischen Begleitung stark aggressiver Kinder kennen. Männer sind wie alle Menschen verletzbar (Richard Schneebauer), können aber Schwäche und Hilfsbedürftigkeit auf Grund von Erziehung und Sozialisation gar nicht oder nur sehr schwer spüren, zulassen bzw. ausdrücken und wählen daher die Aggression. Ein Verstehen der Ursachen von Aggression und Gewalt bedeutet keinesfalls ein Rechtfertigen, ermöglicht aber das Finden von effektiven Formen der Prävention bzw. Deeskalation.

Gewalt hat viele Gesichter:

Häusliche Gewalt, im engeren Sinn Partnerschaftsgewalt, hat verschiedene Ursachen und verschiedenen Formen bzw. Intensitäten. Sie reicht von Mord bzw. Femizid über Vergewaltigungen, schwere (Drohung mit Waffe, Tritte, Schläge, Stöße, beißen, …) bzw. leichte körperlicher Gewalt (Ohrfeige, hart anfassen, bewerfen, nötigen, aussperren, ...), psychischer Gewalt (Beschimpfungen, Beleidigungen, Demütigungen, Drohungen / Einschüchterungen, …), emotionaler bzw. sozialer Gewalt (Vernachlässigung, Liebesentzug bzw. übermäßige Kontrolle oder Verfügungsgewalt*, Eifersucht) ökonomischer (finanzielle Abhängigkeit, …) bzw. struktureller Gewalt (Diskriminierung im Bereich der Institutionen, der Wirtschaft, des öffentlichen Lebens bis hin zu nicht gewaltfreier Kommunikation (Belehrungen, Befehle, Forderungen, verurteilen, „predigen“…). In der ASTAT Wertestudie von 2006 gilt „als „Gewalt“ … jede Handlung (oder die Androhung einer solchen), die eine Person begeht, um einer anderen Person Schaden zuzufügen oder um diese zu zwingen, etwas zu tun (oder nicht zu tun), wobei der Wille der anderen Person nicht beachtet bzw. sogar missachtet wird.“ Wir leben somit (leider) nicht in einer gewaltfreien Gesellschaft und jede/jeder von uns übt Gewalt in unterschiedlichen Formen und Intensitäten aus bzw. erleidet sie. Häufig steigert sie im Rahmen einer Konfliktdynamik, deren Durchbrechen schweres Leid verhindern hilft.

(* Verfügungsgewalt als Deutungsmacht(gefälle): der hauptsächlich betreuende Elternteil mit seiner über das Kind verfügenden Macht direkt oder indirekt den getrennt lebenden Elternteil ausschalten möchte und vorgibt bzw. tatsächlich davon überzeugt ist, dies im Sinne des Kindeswohls zu tun)

Dies zeigt auch die Auswertung von 50 Studien über Bewohnerinnen in Frauenhäusern (USA und Kanada) durch drei Forscherinnen. In mehr als der Hälfte aller Fälle interpartnerschaftlicher Gewaltsituationen sind beide Geschlechter Tatverantwortliche und Opfer !!!

Tonia Nicholas, The Gender Paradigm in Family Violence Research
Denise Hines, Research on Male Victims of Domestic Violence: Implications for Sharesd Parenting
Alexandra Lysova, "Stacked Against me": Perceptions of Institutional Response to Incidents of Partner Abuse Involving Men and their Children

Einige Ergebnisse der Gewaltforschung im deutschsprachigen Raum:

7,2% der Männer und 8,2% der Frauen behaupten, mit ihrem derzeitigen Partner irgendeine Form körperlicher Gewalt erfahren zu haben. In zumindest einigen dieser Fälle waren die Situationen so gravierend, dass die Opfer die Polizei eingeschaltet (10,7%) bzw. medizinische Hilfe in Anspruch genommen haben (10,2%). In nur rund der Hälfte dieser Vorfälle wurde aber Anzeige erstattet (5,9%). Etwas mehr als ein Viertel der Betroffenen (27,9%) wandte sich an Hilfseinrichtungen wie Familienberatungsstellen, Sozialdienste, Frauenhäuser, Rechtsberatung usw. Es handelt sich hier vorwiegend um Frauen (70,5% der Hilfesuchenden sind weiblich), obwohl in etwa gleich viel Frauen wie Männer von Gewalterlebnissen berichten.

Eine aktuelle Dunkelfeldstudie des Landeskriminalamts Nordrhein-Westfalen aus dem Jahr 2020 zeigt, dass im Laufe ihres Lebens 2.555 der befragten Männer* (22,2 %) und 3.518 der befragten Frauen* (28,9 %) Gewalt in der Partnerschaft erfuhren.

Nach der Kriminalstatistische Auswertung zur Partnerschaftsgewalt des deutschen Bundeskriminalamts 2019 sind (19 % = 26.889) Personen männlichen Geschlechts.

Auch Ernst Huber von der Nordtiroler Männerberatung „Mannsbilder“ berichtet, dass weibliche Gewalt „weit öfter vorkommt als man glaubt, sie wird aber oft tabuisiert. Männer die weiblicher Gewalt ausgeliefert sind, wollen nicht wehren, aus Angst selbst als Gewalttäter verurteilt zu werden. Bei Gerichtsverhandlungen ist es für viele Richter schwer zu glauben, dass nicht der kräftige Mann, sondern die zierliche Frau der gewalttätige Part in der Beziehung ist (Jahresbericht 2021)“.

Gewalterleben aus männlicher Perspektive

In der bisherigen Beratungspraxis von väter aktiv hatten wir verschiedene Fälle von Partnerschaftsgewalt. Die folgenden Beispiele von Vätern als Opfer sollen einen Einblick geben, sie sind keinesfalls repräsentativ. Es gab mehrere Gewalt-episoden im Zusammenhang mit einer psychischen Krise bzw. Erkrankung der Mutter (in einem Fall Hammerattacke im Schlaf, in einem anderen Fall Gewalttätigkeiten gegenüber den Kindern, dem Partner und dessen Familie). In anderen Fällen ging es um eine Bedrohung mit einem Messer während eines Streits, Faustschläge auf den Rücken, Schläge und Tritte … in einigen Fällen sind neben den Kindern andere Familienangehörige bzw. Nachbarn Zeugen.

In vielen Fällen haben wir es mit unwahren oder überzogenen Anschuldigungen zu tun, welche sehr oft massive Konsequenzen nach sich ziehen. Anschuldigung von Vergiftung bzw. Vergewaltigung (im Rahmen der og. psychischen Krise), trotzdem keine Spuren von der Sanität gefunden wurde bzw. eine gynäkologische Untersuchung verweigert wurde, ist diesen Anschuldigungen in der ersten Gerichtsverhandlung geglaubt worden und der Vater, welchem im zweiten Gerichtverfahren das alleinige Sorgerecht zugesprochen wurde, musste neben der Verzögerung des Schutzes für sein Kind auch noch einen fünfstelligen Betrag an Gerichtskosten zahlen.

In einem anderen Fall gab es eine Anschuldigung wegen Gewalt gegen Sachen, welche trotz umgehender Aufklärung (den Schaden hat jemand anderes verursacht) eine Mitteilung des Sprengels ans Jugendgericht nach sich zog. Im dritten Fall wird nach Anschuldigungen der Gewalt gegen Sachen und der Partnerin ein Annäherungsverbot ausgesprochen und ein Anti Gewalt Training vorgeschrieben. Bei der Anhörung der Kinder vor dem Jugendgericht wünschen Kinder wieder Kontakt zum Vater. Nach einer Überprüfung wird das Annäherungsverbot widerrufen, die Familie zieht wieder zusammen. Im vierten Fall erfolgt eine Wegweisung wegen eines Klapps auf Po eines Kindes. Die Kinder finden diese Maßnahme unangemessen, vermissen den Vater, schicken ihm schicken traurige SMS, der Kontakt zu den Kindern wird in den folgenden Jahren immer geringer, der Vater tut sich schwer im Umgang damit. Mit Unterstützung von väter aktiv kommt wieder ein minimaler regelmäßiger Kontakt zu Stande.

„Männer geben nur selten zu, von der eigenen Partnerin misshandelt worden zu sein und neigen eher dazu, die an ihnen ausgeübte Gewalt zu bagatellisieren. Aus Scham sind sie oftmals nicht bereit, Hilfe Außenstehender anzunehmen. Psychische Gewalt erleben Männer von ihren Partnerinnen in Form von Kränkungen und Demütigungen verbaler Art. Als besonders bedrohlich wird das In-Frage-Stellen der eigenen Männlichkeit erlebt“ (Männerinfo A). Männliche Opfer von Gewalt fühlen sich, ebenso wie weibliche Opfer, mitschuldig und verantwortlich für die erlebte Gewalt. In einem höheren Ausmaß als Frauen müssen Männer zudem fürchten, dass ihnen niemand Glauben schenkt. Gewaltbetroffene Männer, vor allem im Bereich häuslicher Gewalt, haben ein großes Glaubwürdigkeitsproblem. Daher erwarten sie von Außenstehenden eher Unverständnis oder Schuldzuweisungen als Hilfe. Viele Männer sagen von sich auch nicht, sie seien Opfer. Sie können mit dieser Zuweisung nichts anfangen. Opfer von Gewalt zu sein, lässt sich für sie nicht vereinbaren mit dem Bild unserer Gesellschaft von einem „richtigen Mann“. Viele Männer sind der Meinung, dass von ihnen erwartet wird, stark zu sein und sich selbst helfen bzw. verteidigen zu können. Dies ist mit ein Grund, warum sehr wenige Männer Hilfe suchen und nur wenige den Weg in eine Beratungsstelle finden (Council of Europe 2005).

Die Präambel der Istanbul Konvention konstatiert, „dass häusliche Gewalt Frauen unverhältnismäßig stark betrifft und dass auch Männer Opfer häuslicher Gewalt sein können“ und der Art. 1 fordert „umfassende politische und sonstige Maßnahmen zum Schutz und zur Unterstützung aller Opfer von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt“  Im erläuternden Bericht (I.1) wird häusliche Gewalt gegen Männer*, Kinder und Ältere als kaum beachtetes Phänomen anerkannt, „das zu viele Familien betrifft, um ignoriert werden zu können“. Die Vertragsparteien werden in Artikel 2 explizit ermutigt, das Übereinkommen auf alle Opfer häuslicher Gewalt anzuwenden. Ergänzend werden die Vertragsparteien im Handbuch für Parlamentarier dazu aufgerufen, den „Geltungsbereich auf all jene Personen auszuweiten, die von häuslicher Gewalt bedroht oder betroffen sind. Dies gilt auch für männliche, minderjährige und betagte Opfer.“ In Artikel 4 Punkt 1 wird „jeder Person, insbesondere [...] Frauen, sowohl im öffentlichen als auch im privaten Bereich [ein Recht] frei von Gewalt zu leben [zugestanden].“ (BFKM-D)

Der aktuelle Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt „schließt nicht aus, dass Männer oder Personen mit nichtbinärer Geschlechtsidentität Opferrechte in Anspruch nehmen können, wenn sie Opfer solcher Gewalt werden, einschließlich häuslicher Gewalt. Es wird auch vorgesehen, dass nationale Stellen wie Gleichstellungstellen für die Unterstützung und Beratung von Opfern von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt, die beide schwerwiegende Formen der Diskriminierung von Frauen zuständig sind;

Allen von Gewalt Betroffenen müssen die nötigen Informationen über Unterstützungsmöglichkeiten zugänglich sein. Eine telefonische Beratung bspw. muss rund um die Uhr in unterschiedlichen Sprachen zur Verfügung stehen. Zudem bedarf es einer ausreichen- den Versorgung mit gesundheitlichen und allgemeinen Hilfediensten sowie mit spezialisierten Beratungsangeboten und sicheren, leicht zugänglichen Schutzunterkünften. Infolgedessen gibt es in der Schweiz, in Österreich und in Deutschland auch dementsprechende Hilfe- und Schutzangebote.

Präventionsebenen und Interventionsmöglichkeiten

Da die Täterarbeit schon nach dem Schaden einsetzt und nur Wiederholungstaten verhindern kann, fordern Frauen- wie Männerberatungsstellen seit langem nach mehr (finanziellem wie personellem) Einsatz in der Prävention.

Die Primär-Prävention hat einen gewaltfreie(re)n Alltag zum Ziel. Eine aktive, fürsorgliche Vaterschaft senkt wissenschaftlich nachgewiesen den Testeron- und erhöht den Oxytocin Spiegel. Eine gleichmäßige Verteilung von Hausarbeit und Einkommen zwischen Mann und Frau verringert Gewalt in den Beziehungen (Studie des deutschen Frauenministeriums 2009). „Kraftraum (Gender) Workshops“ werden in Nordtirol in den Schulen für männliche Jugendliche angeboten, um einen positiven Zugang zu ihrer Männlichkeit zu finden und aktuelle Themen von Konflikten und Gewalt in der Schule zu bearbeiten.

Die Sekundär Prävention soll vor unmittelbar bevorstehender Gewalt schützen Ein Beispiel ist die 7/24 Krisen Hotline für Männer „Männerinfo“ (Österreich) oder die Kampagne „Mann sprichts an“ sowie das Angebot „Väter in Krisen“. Ein Vorrang von qualifizierter Familien Mediation bei strittigen Trennungen kann ebenfalls dazu beitragen. Die „Mannbilder“ in Nordtirol bieten Gewalttätern ein Empathietraining an, hier ein Bericht zum Nachhören. Theologe und Männerberater Edwin Wiedenhofer betont wie wichtig es ist den Mann nicht in eine Schublade zu stecken, ihm nicht nur mit Appellen (tu dies und jenes nicht wieder) oder Allgemeinplätzen zu beraten oder mit Konsequenzen zu drohen sondern den Klient als Mensch und nicht als Ketagorie (Emanuel Levinas) zu sehen und wertzuschätzen, um sich mit ihm gegen seine Gewalttätigkeit zu verbünden.

Die Tertiär Prävention dient der „Wiederherstellung“ nach erlebter Gewalt und soll Rückfälle vermeiden. In einer Evaluation über die Zufriedenheit mit dem Tatausgleich berichtet Birgitt Haller, wissenschaftliche Leiterin des IKF: „Mein zentrales Forschungsthema ist Partnergewalt gegen Frauen. Deshalb ist für mich ein besonders wichtiges Ergebnis, dass gerade diese Opfer bei vielen Fragen überdurchschnittlich positiv antworten“.

Die Istanbul Konvention empfiehlt folgende Schritte

1. Veränderung der Rollenbilder durch regelmäßige Kampagnen:

2. Wissenschaftliche Erhebungen / Studien zur Datensammlung

3. Sensibilisierung bzw. angemessene Aus- und Weiterbildung von Berufsgruppen, welche mit den involvierten Personen arbeiten

4. Faire Aufteilung der budgetären Mittel zwischen den geschlechts-spezifischen Einrichtungen

väter aktiv ist überwiegend in den Bereichen der Primär- und Sekundärprävention tätig. Mit Ausstellungen, Theater-aufführungen, Vätergeschichten bzw. Vätervideos oder den 10 Tipps gegen den Corona „Koller“ in verschiedenen Sprachen tragen wir zur Veränderung traditioneller Rollenbilder bei. Durch Weiterbildung und Organisationsberatung für Sozial- und Bildungseinrichtungen stärken wir die Einbeziehung von Vätern bzw. durch audits zu familie und beruf verbessern wir die Vereinbarkeit von Familie und Beruf in Betrieben. Wir begleiten und unterstützen Väter beim „Papa werden – Papa sein - Papa bleiben“ z.B. in Geburtvorbereitungskursen, mit Vater-Kind Aktivitäten bzw. Beratung in Krisen- und Trennungs-situationen. In Zukunft wollen wir gemeinsam mit anderen Akteuren auch schon Burschen sensibilisieren bzw. stärken z.B. durch Parallel Workshops zu den „sag nein“ Angeboten für Mädchen in Schulen oder den „Daddy be cool“ Workshops zur Vorbereitung von männlichen Jugendlichen auf ihre Vaterrolle.

Die Kosten der öffentlichen Hand für weitere Angebote werden wettgemacht durch die Senkung der Folgekosten häuslicher Gewalt für die öffentliche Hand (siehe auch Kostenstudien bei Häuslicher Gewalt - Prof. Dr. Petra J. Brzank bzw. der EIGE)

„Die Zukunft muss eine einfühlsame, offene und solidarische Zusammenarbeit sein, um schneller eine gerechtere, gewaltfreiere Gesellschaft zu erreichen“ (Monika Hauser)

Bild
Salto User
Sepp.Bacher Fr., 24.06.2022 - 12:02

Es tut gut auf diesem Portal auch einmal über dem Thema Gewalt und spezifisch häußliche Gewalt von männlicher Seite zu lesen. Wenn mir der Text auch zu anspruchsvoll und zu lange vorkommt, tut es gut die genannten Materie von einer umfassenden und ganzheitlichen Sicht dargestellt zu bekommen.
"In mehr als der Hälfte aller Fälle interpartnerschaftlicher Gewaltsituationen sind beide Geschlechter Tatverantwortliche und Opfer !!!" Diese Sicht möchte ich deutlich unterstützen. Wie kann man nur, wie es Frau Christine Clignon in ihren Beiträgen auf diesem Portal macht, von vorne herein wissen, wer der/die Schuldige, der/die Böse, wer der Täter ist (der Mann) und dass niemals eine Frau gewalttätig sein kann. Man muss die Dinge, auch die tragischen, differenziert und ganzheitlich sehen und beurteilen. Man muss auch in der ganzen Diskussion die Männer mit einbeziehen und nicht nur einseitig - wie es die militanten Feministinnen machen - von vorneherein die Schuld dem Mann zuweisen. Dass diese schon seit Jahren so einseitig gestalten Kampagnen nichts bringen, zeigt die Tatsache, dass Trotz dieser massiven Kampagnen die Gerwalttaten nicht weniger werden. Wenn jemand dauernd in die Enge getrieben wird, weicht er entweder aus oder verschafft sich mit Gewalt seine Freiheit!

Fr., 24.06.2022 - 12:02 Permalink
Bild
Profil für Benutzer Christine Clignon
Christine Clignon Fr., 24.06.2022 - 18:51

Antwort auf von Sepp.Bacher

Frau Clignon weiss nicht von vornherein, wer der/die Schuldige, der/die Böse, wer der Täter ist (der Mann) und dass niemals eine Frau gewalttätig sein kann. Ich bin nicht die Richterin, die das entscheiden muss. Meine Rolle ist eine andere und da habe ich jährlich Einblick in die Leben Hunderter Frauen in Gewaltsituationen. Dabei beobachte ich regelmäßig, wie wenig Gewicht erlebter Gewalt beigemessen wird. Davon sprechen unter anderem die vielen archivierten Anzeigen (ca 50%): Frauen wird nicht geglaubt, sie werden nicht geschützt und viele (zu viele!) werden umgebracht. Vor allem weiss ich, dass keine Frau Vorteile aus einer Anzeige (wenn es dazu überhaupt kommt) oder einer "Falscherklärung" zieht. Schließlich handelt es sich dabei um das einzige Verbrechen, wo das Opfer sich rechtfertigen muss, statt der Täter. Der einzige Vorteil, den eine Frau erreicht, wenn sie sich an ein Gewaltschutzzentrum wendet, ist die Möglichkeit, an sich zu arbeiten, einen Weg aus der Gewaltsituation zu finden und sich ein neues Leben aufzubauen.

Was diesen Beitrag betrifft, bleiben für mich einige Punkte ziemlich fraglich. So z.B. Die Aussage "7,2% der Männer und 8,2% der Frauen behaupten, mit ihrem derzeitigen Partner irgendeine Form körperlicher Gewalt erfahren zu haben", wenn doch die WGO (genauso wie ISTAT) davon ausgeht, daß mindestens 33% der Frauen solche Gewalt erfahren. Auch bei den übrigen erwähnten Prozentsätzen frage ich mich nach der Zuverlässigkeit der Quellen...

Ausserdem vermisse ich eine Reflektion über die strukturelle Gewalt, die Frauen in unserer Gesellschaft erfahren und die letztlich die häusliche Gewalt ermöglicht und fördert. Der Bericht, genauso wie die Tipps gegen den Corona-Koller lassen die Dynamik häuslicher Gewalt außer Acht und vereinfachen sie als Konflikt. Die zitierte Istanbul-Konvention lässt daran übrigens keinen Zweifel und ist sehr deutlich!

Was die Bedeutung der verschiedenen Präventionsmassnahmen anbelangt und die Notwendigkeit eines gemeinsamen Vorgehens, stimme ich Herrn Bockhorni natürlich zu. Es ist unerlässlich dabei auch die unterschiedliche Tragweite und die unterschiedliche Dynamik der Gewalt an Frauen und der Gewalt an Männern zu berücksichtigen. Das Phänomen der männlichen Gewalt an Frauen kleinzureden, gehört nicht dazu. Genausowenig wie der Versuch, Gewalt zu entschuldigen, weil sich der Täter in die Enge getrieben fühlt.

Fr., 24.06.2022 - 18:51 Permalink
Bild
Salto User
Sepp.Bacher Fr., 24.06.2022 - 19:43

Antwort auf von Christine Clignon

"Das Phänomen der männlichen Gewalt an Frauen kleinzureden, gehört nicht dazu. Genausowenig wie der Versuch, Gewalt zu entschuldigen, weil sich der Täter in die Enge getrieben fühlt." Es geht mir nicht darum, die männliche Gewalt an Frauen kleinzureden. Man soll aber nicht nur diese sehen. Es gibt (vor allem männliche) Gewalt auch gegen Männer und aber auch Gewalt von Frauen an Männern. Aber es stimmt schon, dass brutale Gewalt vor allem männlich ist.
Das gilt es aber zu akzeptieren. Es grenzt an Blindheit zu glauben, dass die Gewaltanfälligkeit der Männer nur mit Kampagnen und Verhaltenstherapie verhindern zu können. Man kann aber präventiv in jeder Beziehung, in der häusliche Gewalt passiert, daran arbeiten, sie minimieren zu können. Und dabei haben beide Partner die selbe Verantwortung. Sobald ich akzeptiert habe, dass Männer auf bestimmte Aussagen und ein bestimmtes Verhalten sehr impulsiv und gewalttätig reagieren, muss ich als Partner/in entsprechend deeskalierend einwirken. (Auch in schwulen Beziehungen gibt es Gewalt - vielleicht auch in lesbischen).
Es ist auf jeden Fall eine schwere Aufgabe. Eine Besserung kann aber nur gelingen, wenn beide Beziehungspartner daran arbeiten - auch mit professioneller Hilfe - aber nicht mit feministischen Scheuklappen!

Fr., 24.06.2022 - 19:43 Permalink
Bild
Profil für Benutzer gorgias
gorgias Sa., 25.06.2022 - 21:30

Antwort auf von Christine Clignon

>Schließlich handelt es sich dabei um das einzige Verbrechen, wo das Opfer sich rechtfertigen muss, statt der Täter.<
Nein. Bei Starftaten muss die anklagende Partei der Beschuldigten die Schuld nachweisen. - Das sieht man eben, was für eine Beweislastumkehr-Mentalität vorherrscht.

Sa., 25.06.2022 - 21:30 Permalink