Kultur | Salto Afternoon

Kunst für die Tonne

AliPaloma hat mit Mirijam Heiler, eine künstlerische Lösung für das Müllproblem auf der Plose gesucht. Sie spricht mit Salto von Mülleimern wo es keine geben darf.
Take me home:
Foto: AliPaloma
Viele Wanderer hinterlassen eine Müllspur. Ein Problem, das 2021 zur Ausschreibung eines Wettbewerbs des SKB und der Plose Bergbahnen führte. Gewonnen haben die beiden Künstlerinnen AliPaloma und Mirijam Heiler mit ihrem Projekt „Take me home“, bei dem es sich um vier funktionale Skulpturen, man könnte auch Mülleimer sagen, handelt. Diese säumen seit kurzem den gerade bei Familien und Touristen beliebten WoodyWalk auf der Plose.  Auf anderen Wegen wurde vom - am Berg unüblichen - Anbringen von Mülleimern abgesehen. Die Skulpturen verfügen links über einen Schlitz mit Müllbeuteln, etwa für Hundekot, vorne eine kreisrunde Öffnung für Müll und an der rechten Seite eine Luke zur Entleerung des Mülls, welche sich in die Oberfläche des Objekts einfügt. Die Rückseite ist glatt.
 
 
Salto.bz: AliPaloma, wo ziehen Sie persönlich die Grenze zwischen Kunst und Design?
 
AliPaloma: Als dieses Projekt ausgeschrieben wurde dachte ich mir, das ist eigentlich eine Aufgabe für einen Designer. Es gibt ja auch mittlerweile die Sparte Social Design, weswegen sich das nicht mehr an einer sozialen oder politischen Konnotation festmachen lässt. Ich denke, Kunst kann freier sein. Design muss vielleicht eher einem Nutzen folgen, was bei diesem Projekt eher der Fall war. Ich denke, die Grenze verläuft recht fließend.
 
Wie war die Zusammenarbeit mit Mirijam Heiler gestaltet? Was trug wer zum Projekt bei?
 
Ich und Mirijam hatten schon eine Zusammenarbeit in Brixen für ein Projekt zum Internationalen Tag zur Eliminierung von Gewalt gegen Frauen am 25. November.  Von dem her waren wir schon recht eingespielt und hatten eine Idee, wie wir das gut regeln können. Wichtig war das Hin und Her, jede Idee zu besprechen und Feedback abzugeben. Die Arbeit ist also im Austausch entstanden. Manchmal geht es bei Zusammenarbeiten um kleine Punkte, hier dauerte es bis zur Realisierung des Projekts ein halbes Jahr, da werden natürlich Dinge geplant und verworfen, die niemand sieht und dann weiß man oft gar nicht mehr, von wem welcher Input kam. Da weiß man dann auch, dass man gestalterisch auf einer Wellenlänge ist. Es war selten, dass wir gestalterisch komplett unterschiedlicher Meinung waren und das ist angenehm.
 
Der Begriff des „Hausbergs“ im Titel der Arbeit „Hausberg - take me home“ ist sehr deutsch und lässt sich kaum in andere Sprachen übertragen. Wird das vor Ort aufgeschlüsselt oder erschließt sich dieser Teil des Namens nur deutschsprachigen Südtiroler und Touristen?
 
Da haben sie leider den alten Pressetext erhalten. Das Projekt heißt mittlerweile nur noch „take me home“. Es hieß anfangs sogar nur „Hausberg“ und aus den Gründen, dass das nicht übersetzbar ist und es eigentlich mehr um das Nachhausetragen des Mülls als um den emotionalen Bezug zum Berg geht, wurde es geändert. Dieser Bezug war für mich sehr einfach, weil ich aus sportlichen Gründen zwei, drei mal die Woche auf der Plose bin. Das Projekt ist jetzt nur noch als „take me home - bring mich heim - portami a casa“ dreisprachig an den Mülleimern angeführt. Der Einfachheit halber ist der Titel „take me home“. Aber jeder hat zum Heim, einen emotionalen Bezug. Es geht darum das eigene Zuhause, den eigenen Planeten zu schützen, indem man seinen Müll mitnimmt. Deswegen haben wir mit diesen emotional aufgeladenen Begrifflichkeiten gespielt.
 
Es ist schwierig einen Mülleimer zu machen und gleichzeitig die Leute zu sensibilisieren, dass es hier keine geben darf.
 
Wenn Sie davon sprechen, öfter auf der Plose unterwegs zu sein, haben Sie den Müll dort schon vor diesem Projekt als Problem wahrgenommen?
 
Auf der Plose gibt es mehrere Parcours und dieser ist explizit der Familien- und Touristenweg, der WoodyWalk. Die Wege die ich verwende sind meistens die, welche darüber oder darunter verlaufen. Im Winter gibt es das Müllproblem nicht, da gehe ich auch diesen Weg. Im Sommer geht ein Angestellter der Plose dreimal in der Woche diesen Weg und pflückt hinter jedem Baum Müll. Er hat uns gesagt, es ist ihm aufgefallen, dass er bereits am Wochenende weniger seiner sonst tristen Arbeit zu machen hatte. Wir hatten am ersten Tag 11,2 Kilo Müll der weggeworfen wurde, das Angebot wird also gut angenommen. Persönlich würden - sowohl Miriam als auch ich - den Berg natürlich gerne so unangetastet wie möglich lassen. Wir würden gerne diese Skulpturen nach einer gewissen Zeit abbauen können, weil die Leute so sensibilisiert wurden, dass das Projekt in drei Jahren vielleicht nicht mehr nötig sein wird. Wir hoffen, dass die Skulpturen wieder ins Tal kommen und die ungeschriebene Sitte im Umgang mit Müll wieder gültig wird. Es ist schwierig einen Mülleimer zu machen und gleichzeitig die Leute zu sensibilisieren, dass es hier keine geben darf. Aber da waren Müllberge, also war es nicht so, dass man mit einem Schild oder einer Fotografie etwas ausrichten hätte können.
 
Zynisch formuliert: Was kann ein Kunstwerk, das ein Schild mit hohen Strafen nicht könnte?
 
Ich denke, wenn ein Mülleimer wunderschön wird, denn es ist ja auf den ersten Blick kein Mülleimer, ist es ein Objekt mit dem man interagiert. Man bleibt stehen und schaut sich an, was das ist. Es gibt diese bestimmten Symbol zu denen man von Kind auf einen Bezug hat. Ich denke, man muss den Menschen emotional erreichen, bei einem Thema, wo man schon nichts mehr hören will und viele Personen faul sind. Ich denke, es geht um Wegschauen, nicht um ein bewusstes Umweltverschmutzen. Wenn man dann genauer hinschaut sieht man etwa: „Ah da ist ein Hundesackerl, dann kann ich den Hundekot gleich mitnehmen.“ Natürlich ist es generell fraglich, ob man mit dem Aufstellen von Mülleimern es schafft, generell gegenzuwirken, aber es war generell einfach nicht anders möglich. Die Mülleimer haben eine Inox-sandgestrahlte Oberfläche, die sich von der Farbgebung der Oberfläche am Gestein orientiert. Diese Oberfläche wird, je nachdem wie sehr sie genutzt wird, eine andere Haptik bekommen und anfangen zu leben, weil jeder einen Handdruck oder einen Beitrag hinterlässt. 150000 Besucher:innen kommen in einer Sommersaison auf den WoodyWalk, deswegen sind wir gespannt, was mit diesen Monolithen noch passiert.
 
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Profil für Benutzer Josef Fulterer
Josef Fulterer Do., 30.06.2022 - 07:54

Ausgezeichnete Idee für die Ermunterung zum Umwelt-freundlichem-Verhalten in der Natur.
Sollte unbedingt auch auf alle Freizeit-Räume ausgedehnt werden.

Do., 30.06.2022 - 07:54 Permalink