Die Erde ist eine Fabrik
Die Schopfteufelskralle ist eine wunderschöne, seltene Gebirgsblume, deren botanische Bezeichnung soviel wie „geflochtene Blase“ bedeutet. In dieser herrlichen Blumenschönheit, in der sich das Absolute als Teufelskralle manifestiert, steckt keinerlei Gewinn. Sie ist aus utilitaristischer Sicht völlig nutzlos. So nutzlos wie das Murmeltier, das nicht nur nutzlos ist, sondern sogar schädlich, weil es den Boden unter den Almhütten aufwühlt, bis diese einstürzen. Bei uns in den Dolomiten ist außerdem der Adler zuhause, der Schäden anrichtet, weil er jungen Gämsen nachjagt und sie abstürzen lässt, so dass die Mütter ihrer Jungen beraubt werden. Der Raubvogel Adler mag vielleicht Touristen anziehen, doch gilt er als weniger wert als ein Huhn. Denn ein Huhn produziert Eier und Fleisch; es ist Teil des Produktionsmechanismus unserer Erde und ihrer Bewohner. Der Homo Oeconomicus wird von folgendem Gedanken beherrscht: Die Erde ist eine Fabrik, und was auf dieser Erde existiert, muss daher einen Nutzen haben. Doch die Wahrheit ist: Wenn wir vermeintliche Nutzlosigkeiten wie die Schopfteufelskralle, das Murmeltier und den Adler, wenn wir die winzigsten Zahnräder des Systems Natur nicht schützen, dann bricht auf der Erde alles zusammen. Denn die Erde ist nicht nur eine Fabrik. Sie ist auch der Ort, an dem wir leben. Und die Flora – das diesjährige Thema der Maratona dles Dolomites-Enel, die heuer zum 35. Mal stattfindet – trägt dazu bei, dass diese Erde ein guter Ort ist. Doch um wirklich wertzuschätzen, was uns an Natur umgibt, reicht es nicht, Bäume zu pflanzen: Wir sollten vielmehr erstmal ein paar Gedanken in uns einpflanzen. Es ist klar, dass in allem, in dem die Jugend heute die helle Flamme des Intellekts erkennt – die Neigung zu Wissenschaft und Technologie, zur auf Social Media herrschenden Selbstverherrlichung, zum Metaversum und zu Videogames – ein Zeichen unserer Zeit sind. Doch ebenso wichtig ist zu begreifen, dass das Verständnis für die Mechanismen der Natur für die kommenden Generationen eine echte Eigenart darstellen könnte. So wie die Erziehung zum Sport nicht nur dem Körper guttut, so ist auch die Sensibilisierung für die Flora nicht nur Selbstzweck, sondern ein integrativer Bestandteil der Sensibilisierung für die Erde, des Verständnisses für ihre Mechanismen, einer notwendigen sozialen Philosophie. Nur dann können wir die immense Bedeutung der Schopfteufelskralle begreifen, deren Samen durch den Wind und die Insekten verbreitet werden; nur so können wir die außergewöhnliche Symbiose zwischen Lebewesen begreifen. Wir selbst sind die Erde, wir Menschen, zusammen mit Insekten und Fischen, Murmeltieren und Adlern, und auch die bescheidenste aller vom Wind zerzausten Blumen gehört dazu. Und genau das wollen wir tun, zusammen mit 8.000 Menschen bei einer Veranstaltung, an der die lokale Gemeinschaft stark Anteil hat und die heuer der Flora gewidmet ist: Wir wollen ein bisschen bewusster werden. Und damit ein bisschen schöner.
Michil Costa
"Macht euch die Erde untertan
"Macht euch die Erde untertan!" Der Denkfehler ist fast schon im menschlichen Genom festgeschrieben.
Antwort auf "Macht euch die Erde untertan von Dietmar Nußbaumer
Wurde das Wort "untertan"
Wurde das Wort "untertan" auch richtig aus dem Urtext übersetzt ? Jedenfalls stimme ich zu, dass dieser Satz, verstanden wie geschrieben, die Philosophie der Zerstörung enthält.
Da könnten wir uns von einem
Da könnten wir uns von einem mittelamerikanischen Kleinstaat etwas abschauen: Costa Rica hat schon vor Jahrzehnten erkannt, dass die unberührten Ökosysteme nicht nur schön, sondern auch EXTREM wichtig für die Ökonomie eines Landes sind. 25% der Landesfläche stehen in Form von Nationalparks und Naturreservaten unter Naturschutz. Costa Rica hat kein stehendes Heer und investiert die Steuereinnahmen lieber in nachhaltige Tourismus-Entwicklung. Nicht umsonst gilt das sichere und saubere Costa Rica als die Schweiz Mittelamerikas!
Umweltschutz und Ökonomie schließen sich nicht aus, sondern sollten als unbedingte Symbiose gesehen werden. Was es dafür braucht? Gemeinwohlökonomie, Kreislaufwirtschaft, Abkehr vom Wachstumsdogma, Herzensbildung und Naturliebe von Kindesbeinen an.