Umwelt | Interview
„Keine Doppel-Schiene fahren“
Foto: Südtirols Netzwerk für Nachhaltigkeit
Die Sustainability Days haben in Südtirols Netzwerk für Nachhaltigkeit Überlegungen in Gang gesetzt, um im nächsten Jahr – mit mehr Zeit und finanziellen Möglichkeiten – Vereine besser in den Kontext der Sustainability Days 2023 einzubinden. Judith Hafner koordiniert die Projekte des Netzwerks seit zwei Jahren und berichtet von ihrem Austausch mit den Netzwerkpartner:innen.
Wir hätten die Möglichkeit, auf eigene Kosten und innerhalb dieser drei Sommermonate ein Side-Event zu organisieren, das mit den Sustainability Days mitbeworben wird.
salto.bz: Judith, wie beurteilen die Vereine in eurem Netzwerk die Sustainability Days, die vom Land im September organisiert werden? Erwartet ihr euch konkrete Ergebnisse von der Veranstaltung und wenn ja, welche?
Judith Hafner: In unserer Untergruppe zum Ziel 13 der 17 Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen (Maßnahmen zum Klimaschutz) haben wir uns die Frage gestellt, was es braucht um die Sustainability Days zu einem echten Mehrwert zu machen. Heuer in der ersten Runde wird mehr als eine breite Sensibilisierung – die absolut nötig ist – nicht drin sein. Dafür ist ein Budget von 2,4 Mio. Euro ein hoher Preis. Die Scientists for Future erwägen, als Vergleich sichtbar zu machen, was mit diesem Budget an konkreten CO2-reduzierenden Maßnahmen umgesetzt werden könnte. Auch Thomas Egger vom Klimaclub Südtirol spricht klare Worte: ‚Es ist zwar gut, wenn wir miteinander und mit internationalen Experten:innen und Entscheidungsträger:innen sprechen, aber wir brauchen in Sachen Klimaschutz keine neuen Erkenntnisse mehr, wir wissen was zu tun ist. Was wir tun müssen, ist endlich handeln.‘ Die Beispiele weiß er aus dem Ärmel zu schütteln. Auch der Dachverband für Natur- und Umweltschutz weist auf seiner Webseite immer wieder auf konkrete, dringliche Maßnahmen hin.
Sustainability Days müssen Prozesse in Gang bringen, wenn wir von Erfolgen sprechen wollen.
Wenn wir so weitermachen wie bisher, steuern wir auf eine Erderwärmung von 3 Grad Celsius im Vergleich zur vorindustriellen Zeit zu. Wie soll eine Veranstaltung wie die Sustainability Days mit dieser Dringlichkeit umgehen?
Von dieser Dinglichkeit dürfen wir uns auf keinen Fall ablenken lassen, auch nicht mit einem medienstarken Event. Deshalb hoffen wir, dass die kommenden Ausgaben der Sustainability Days das Konkrete und Erreichte in den Vordergrund stellen, gemeinsam mit den Vereinen, die seit Jahren darum ringen. Das wäre ein wichtiges Ergebnis, weil es uns zugleich zum Handeln zwingt. Gleichzeitig würde ich schon gerne wissen, woran die IDM als Hauptgestalter des heurigen Events gemessen wird: Ich hoffe, es ist mehr als die Anzahl der Besucher:innen. Sustainability Days müssen Prozesse in Gang bringen, wenn wir von Erfolgen sprechen wollen.
Es ist uns bewusst, dass es schwierig ist, die Fülle an Vereinen gleichwertig einzubeziehen.
Welche Art der Zusammenarbeit hat euch der Nachhaltigkeitsbeauftragte Klaus Egger bei den diesjährigen Sustainability Days angeboten? Habt ihr dieses Angebot angenommen?
Wir hätten die Möglichkeit, auf eigene Kosten und innerhalb dieser drei Sommermonate ein Side-Event zu organisieren, das mit den Sustainability Days mitbeworben wird. Dieses Angebot haben wir als Netzwerk abgelehnt. Einige unserer Netzwerk-Partner werden hingegen schon dieses Jahr dabei sein, auch wenn sie dafür von der Provinz keine Mitfinanzierung erhalten. Hier sprach Silke Raffeiner von der Kampagne MahlZeit im Online-Gespräch der Vereine im sozialen Bereich mit Klaus Egger und Arno Kompatscher vielen aus dem Herzen: ‚Das klingt mir nicht nach Partnerschaft auf Augenhöhe.‘ Es ist uns bewusst, dass es schwierig ist, die Fülle an Vereinen gleichwertig einzubeziehen. Eben deshalb erwägen wir im Netzwerk einen eigenen Projekt-Antrag für eine Veranstaltung mit Bezug zu den Sustainability Days 2023. Dann hätten wir die zwei Elemente, die wir brauchen für ein kompetentes Arbeiten: genug Zeit und ein klares Budget. Wir, als Netzwerk für Nachhaltigkeit, müssen nun aufpassen, dass wir keine Doppel-Schiene fahren: die offizielle Schiene der Provinz mit IDM, entkoppelt vom Engagement unserer Vereine in Südtirol. Hier braucht es eine Verbindung, die die Vereine aus der Bittsteller-Position holt und ihre Kompetenzen einbezieht.
Südtirols Netzwerk für Nachhaltigkeit stellt in den Kreisgesprächen die Frage, wie junge Menschen besser in den Veränderungsprozess eingebunden werden können. Welche Herausforderungen gibt es dabei?
‚Junge Menschen brauchen andere Formate und eine zeitnahe Selbstwirksamkeit: Allzu oft werden sie in Prozessen nur pro Forma eingebunden‘, erklärt Peter Grund vom Südtiroler Jugendring. Hier müssen Gemeinden einen wichtigen Schritt setzen, indem sie junge Menschen in überschaubaren Prozessen die Freiheit zur autonomen Mitgestaltung geben. Die Gemeinde Jenesien zum Beispiel hat Mittelschüler:innen und die Junghandwerker:innen um die Gestaltung eines Wohlfühlorts gebeten. In der Gemeinde Schenna haben Jugendliche einen eigenen Bürgerrat gestellt. Hier wird spürbar, dass es der Gemeinde ernst ist mit der Einbindung der Jugend.
Was plant euer Netzwerk für Nachhaltigkeit dazu?
Junge Menschen lassen sich nicht nur ins Publikum holen, weil das gut aussieht. Als Netzwerk planen wir für Oktober eine Klausur, gemeinsam mit Kolping Jugend, unter Einbindung des Südtiroler Jugendrings und seiner Mitgliedsorganisationen und der Klima-Bewegung Climate Action South Tyrol. Dort stellen wir uns die Frage, wie wir junge Menschen unterstützen können, eine echte Mitgestaltung einzufordern. Dieser Prozess braucht eine eigene Aufmerksamkeit. Auch hier ernten wir viel Kompetenz und Erfahrungswissen in unserem Netzwerk, das in die Sustainability Days einfließen sollte, inklusive der Bewerbung über jugendgerechte Kanäle. Immerhin ist ein Tag der diesjährigen Veranstaltung ausdrücklich der Jugend gewidmet.
Diese Meinungen sind häufig im Widerspruch zu den Klimazielen.
Wie sensibel ist aus euren Augen die Südtiroler Bevölkerung für das Thema Klimakrise im Vergleich zu anderen (Welt-)Regionen?
Sensibilität wird medial erzeugt, das ist seit Corona keine Frage mehr. In deutschen ‚Leitmedien‘ (z.B. Süddeutsche Zeitung, Der Spiegel, Die Zeit, usw.) nimmt eine kritische Auseinandersetzung mit der Klimakrise einen breiten Raum ein. Auch die Onlineausgaben dieser Medien bringen das Thema massiv und vielschichtig. Das beobachte ich in der Südtiroler Medienlandschaft nicht in der Form. Thomas Egger formuliert es noch präziser: ‚In den Südtiroler Medien werden viel mehr als z. B. in deutschen Medien die Meinung von Interessensvertretungen, Politiker:innen, usw. unhinterfragt von einer Pressemitteilung übernommen. Diese Meinungen sind häufig im Widerspruch zu den Klimazielen. Das hat einen nachhaltigen Einfluss auf das Meinungsbild in der Bevölkerung.` Deshalb müssen die Südtiroler Leitmedien nicht nur über den Klimawandel berichten, sondern auch Stellung beziehen und klimawirksame sowie unbequeme Maßnahmen einfordern. So können sie uns als Gesellschaft Mut machen, an einem Strang zu ziehen.
Wie beurteilst du die Vernetzung von Klimaschützer:innen mit der Gesellschaft und Entscheidungsträger:innen in Südtirol?
Im Jahr 2021 konnte unser Netzwerk mithilfe der Bibliotheken und Bildungsausschüsse in 48 Gemeinden Kreisgespräche veranstalten. Dort hat sich deutlich gezeigt, wie wenig sich die Klimaaktivist:innen gehört und unterstützt fühlen, weder in der eigenen Gemeinde noch von der Landesregierung oder den Medien unserer Provinz. Die Sensibilität wäre größer, wenn diese Akteur:innen mehr Rückenwind hätten, auch über politische Entscheidungen, die den Klimawandel derzeit oft noch ignorieren oder anheizen statt ihm radikal entgegenzuwirken. Nutzen wir die Sustainability Days, um beim Klimaschutz das Konkrete und von vielen Erwünschte mit dem Sichtbaren zu verbinden. Dann wird sich zeigen, wie schnell das Interesse der Bevölkerung wächst.
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Ich kann das Wort
Ich kann das Wort "Nachhaltigkeit" nicht mehr hören.
Damit wird nur vorgetäuscht, dass "man zur Abwendung der Klima-Krise auf dem richtigen Weg ist."
Totz der (nachhaltigen) Verbesserungen im 0,001 %-Bereich, für die dann "die Gutmenschen" von den Politikern mit öffentlichen Beiträgen belohnt werden möchten, nimmt der Wasserdampf, das CO2, das Methan, die Stickoxyde im Klima-Schirm in Besorgnis-erregenden Maß zu.
... wenn nicht die Verschwendung der fossilen Brennstoffe, "Welt-weit auf den Verbrauch vor 50 Jahren eingeschränkt wird."
"Dazu müssen die Politiker endlich:"
- dem direkt in den Klima-Schirm hinein-pustenden Flug-Unfug, Steuern auf den Treibstoff auferlegen und die Schäden durch die CO2-Belastung einfordern.
- die viel zu vielen privaten, zunehmend gewichtigeren PKWs aus den Städten vertreiben, die die Straßen verstopfen und zu-parken
- für den städtischen und regionalen Nahverkehr Busse einsetzen
- den überregionalen Personen- und Lastenverkehr auf 4spurige Geleise umleiten und für die leichtfertigen Transporte / Exporte um die ganze Welt wieder Zölle einheben
- dem Freizeitverhalten (Hotelerie) die Energieverschwendung und auch der Industrie die CO2-Belastungen angemessen aufrechnen.
Antwort auf Ich kann das Wort von Josef Fulterer
Der Schiffswarenverkehr und
Der Schiffswarenverkehr und die Herstellung von Beton und Glas sind erheblich am CO2-Ausstoß beteiligt.
Antwort auf Ich kann das Wort von Josef Fulterer
Ach Herr Fulterer! Diese
Ach Herr Fulterer! Diese Gutmenschenkeule! Die hilft nicht, macht aber viel kaputt. Sie sind also dann der Schlechtmensch. Die von Ihnen vorgeschlagenen Maßnahmen sind zwar alle zu begrüßen. Schaffen aber auch bei Weitem nicht minus 50%. Lasst uns also anerkennen, dass wir alle, auch Sie, eine selektive Sicht auf das Klimathema haben. Deshalb ist niemand berechtigt, Menschen, welche an der gesellschaftlichen Akzeptanz der nötigen drastischen Maßnahmen arbeiten, welche dich am Ende demokratisch legitimiert werden müssen.
Antwort auf Ach Herr Fulterer! Diese von Johannes Engl
... zu diskreditieren.
... zu diskreditieren.
Antwort auf Ach Herr Fulterer! Diese von Johannes Engl
"Lasst uns also anerkennen,
"Lasst uns also anerkennen, dass wir alle, auch Sie, eine selektive Sicht auf das Klimathema haben"
So ein Mumpitz, bitte informieren Sie sich bevor Sie solche rhetorischen leere Aussagen treffen.
"Deshalb ist niemand berechtigt, Menschen, welche an der gesellschaftlichen Akzeptanz der nötigen drastischen Maßnahmen arbeiten, welche dich am Ende demokratisch legitimiert werden müssen zu diskreditieren"
Herr Fulterer liegt in allen seinen Punkten richtig insbesondere beim Missbrauch der Begrifflichkeit "Nachhaltig"
Das einzige was derzeit nachhaltig ist, ist die Zerstörung unseres Lebensraum zum kurzfristigen Vorteil Weniger und zum mittel- und langfristigen Nachteil Vieler.
Hier dürfen Sie sich informieren was derzeit Konsens in der Wissenschaft ist. - > https://www.zdf.de/dokumentation/terra-x/anthropozaen-das-zeitalter-des…
Es bleibt dabei: Viel blabla
Es bleibt dabei: Viel blabla und wenig wirklich Konkretes. Die Politik weiß seit Jahrzehnten, was zu machen wäre, macht es aber nicht. Selbst die Wirtschaft weiß, dass ihre Handelsweise falsch ist. Die Studie des Club of Rome aus den Siebzigerjahren wurde von VW (!!!) finanziert. Die Kurven, noch in Oberschulzeiten genossen, habe ich immer noch im Kopf, obwohl das über dreißig Jahre her ist. Seitdem scheint keine vergleichsweise Studie mehr gemacht worden zu sein. Die Börsen im Portfolio des Neoliberalismus und ihrer untertänigen Politiker wollten und wollen diese Kurven nicht sehen.
Antwort auf Es bleibt dabei: Viel blabla von Dietmar Nußbaumer
Bei der damals Welt-größten
Bei der damals Welt-größten Mineralölfirma EXXON hat 1978, ein interner Wissenschaftler vor der Zunahme des Verbrauchs der fossilen Brennstoffen gewarnt.
Die leitenden Manager der EXXON haben daraufhin für ihr NEO-LIBERALES-Treiben, die gleiche Lob-Hudel-Firma beauftragt, die bei der Zigaretten-Industrie Jahrzehnte-lang, Zweifel über die Gefährlichket des Rauchens "in Zweifel gestellt hat."