Universitätslehrgang „Angewandte Ethik“
Die Universität Innsbruck und die Philosophisch-Theologische Hochschule (PTH) Brixen bieten ab Oktober 2022 in Kooperation mit der Freien Universität Bozen einen neuen Universitätslehrgang „Angewandte Ethik“ an. „Dieser Universitätslehrgang ist eine Frucht der langjährigen guten Zusammenarbeit mit dem Institut für Christliche Philosophie der Universität Innsbruck“, erklärt der Dekan der PTH Brixen, Prof. Alexander Notdurfter. „Es ist uns als Philosophisch-Theologische Hochschule ein Anliegen, unsere Angebote im Bereich der Philosophie auszuweiten und die Zusammenarbeit mit der Freien Universität Bozen zu stärken.“ Die Zielsetzung des Lehrgangs liegt darin, so Dekan Notdurfter, „eine wissenschaftlich fundierte Ergänzung der Berufsvorbildung sowie eine Zusatzqualifikation in Philosophie mit Schwerpunkt Ethik für Personen, die in unterschiedlichsten Bereichen tätig sind, anzubieten“.
Auch die Präsidentin der Freien Universität Bozen, Prof. Ulrike Tappeiner, betont, dass „ethische Kompetenzen und Perspektiven ein wichtiger Beitrag sind, um große aktuelle Herausforderungen in Bereichen wie Umwelt, Medizin, aber auch in der Wirtschaft anzugehen. Sie gehören heute genauso wie die Digitalisierung und Innovationsfähigkeit zu den wichtigen Future Skills“. Umso stimmiger sei das Zusammenspiel von akademischen Institutionen in diesem Bereich. „Wir freuen uns deshalb, als Freie Universität Bozen dieses Angebot unserer beiden Partnerinstitutionen PTH Brixen und Universität Innsbruck über die Einbeziehung unserer Studierenden und Lehrenden mitzutragen“, so Tappeiner.
Seitens der PTH Brixen ist der Moraltheologe Prof. Martin M. Lintner Projektverantwortlicher. Für ihn ist Nachfrage nach Ethik immer auch ein Krisenphänomen. „Wir erleben derzeit grundlegende Veränderungen in vielen Bereichen. Das verunsichert viele Menschen und weckt zugleich das Bedürfnis nach einer moralischen Orientierung.“ Die Corona-Pandemie beispielsweise habe uns nicht nur vor gesellschaftliche, sondern auch vor dringliche medizinethische Herausforderungen gestellt. „Wir mussten uns fragen, ob auf dem Hintergrund des medizinethischen Prinzips der Gerechtigkeit die prioritäre Behandlung von Covid-19-Patienten gerechtfertigt ist und wie wir im Falle der Knappheit von medizinischen Ressourcen vorgehen wollen: Wer erhält welche medizinische Behandlung, wenn wir in einer pandemischen Notsituation nicht alle behandeln können?“ Auch die Diskussion zur Impfpflicht, so Lintner, wird uns weiterhin beschäftigen. „Bewusst haben wir neben der grundlegenden Einführung in ethische Fragestellungen im ersten Teil des Lehrgangs zwei inhaltliche Schwerpunkte für die Vertiefung gewählt: erstens medizin-, bio- und pflegeethische Fragen, zweitens ökologische Themen wie Nachhaltigkeit, Umwelt- und Tierethik.“ Die Auswirkungen der Klimaerwärmung, mit denen sich auch die ersten Brixner Philosophietage vom 1.–3. September 2022 beschäftigen, bringen es mit sich, „dass wir uns sowohl als Einzelpersonen als auch als Gesellschaft vor der Herausforderung stehen, wie wir unseren Lebensstil, die Wirtschaft und Landwirtschaft umweltverträglich gestaltet können“, zeigt sich Lintner überzeugt. Auch Markus Moling, Professor für Philosophie an der PTH Brixen und Lehrender im Lehrgang, teilt die Beobachtung, dass die Sensibilität für Umweltfragen gewachsen ist: „Wir nehmen schon wahr, was sich tut. Den Artenschwund gibt es, die Gletscher gehen zurück. Wir müssen uns damit auseinandersetzen. Der Ethik-Lehrgang wird kein Allheilmittel bieten. Aber er schafft einen Raum, gemeinsam strukturiert über diese Phänomene nachzudenken, zu diskutieren und Lösungen zu suchen.“
Hauptverantwortlicher des Universitätslehrgangs ist Josef Quitterer, Professor für Philosophie an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Innsbruck. Quitterer unterstreicht die einzigartige Vielfalt der im Lehrgang angebotenen Kurse, die von den Grundlagen der Ethik, zu ethischen Fragestellungen am Beginn und Ende des Lebens (Präimplantationsdiagnostik, Patientenverfügung, Palliativmedizin etc.) bis zu Fragen der Tier- und Umweltethik (Nachhaltigkeit, Biodiversität, Spannungsfeld von Artenschutz sowie Land und Forstwirtschaft) reichen. Die Qualität der angebotenen Inhalte wird gewährleistet durch international renommierte Lehrende aus unterschiedlichen Fachbereichen der Universitäten Innsbruck und Bozen, der Medizinischen Universität Innsbruck, der Claudiana, der EURAC sowie der Philosophisch-Theologischen Hochschule Brixen.
Der Universitätslehrgang wird an der PTH Brixen abgehalten und beginnt im Wintersemester 2022/23. Er dauert zwei Semester und besteht aus zwei Modulen. Das Grundmodul im ersten Semester dient der Grundausbildung in Ethik. Im zweiten Semester können die Teilnehmenden eines von zwei Vertiefungsmodulen auswählen: entweder „Nachhaltigkeit, Umweltethik und Tierethik“ oder „Bioethik, Medizinethik und Pflegeethik“.
Studierende der Freien Universität Bozen können ausgewählte Lehrveranstaltungen im Umfang bis zu 12 ECTS/AP als Wahlfächer für ihren Studiengang belegen.
Update: Die Anmeldefrist wurde bis zum 31. August 2022 verlängert. Weitere Informationen finden Sie unter www.hochschulebrixen.it.
Ich finde dieses Angebot:
Ich finde dieses Angebot: "Angewandte Ethik" sehr wichtig.
- In einer Zeit, in der "alte Denkmuster" sich als unhaltbar heraustellen, um die gegenwärtigen Herausforderungen zukunftsfähig anzugehen und ethische Prinzipien oder ethische Norm- und Werttheorien auf konkrete Problemfälle und Konfliktsituationen in verschiedenen Lebensbereichen, neu übetdacht und ausgerichtet werden müssen.
Z. B.:
Umweltethik:
Die Umweltethik setzt sich primär, aber nicht ausschliesslich mit der nicht-menschlichen Umwelt auseinander. Eine zentrale Fragestellung ist, wie und ob wir die Natur, Biotope, Tierarten oder sogar einzelne Tiere in unseren moralischen Überlegungen berücksichtigen müssen. Gleichzeitig gehört zur Umweltethik auch die Frage, was und wieviel wir zukünftigen Generationen schulden. Nachhaltigkeit ist hier das Stichwort.
Wirtschaftsethik:
Der Wirtschaftsethik geht es um alle ethischen Herausforderungen im Bereich der Wirtschaft. Wichtig ist die Frage geworden, wie weitreichend die Verpflichtungen von Unternehmen sind. Dies betrifft zum Beispiel die Verantwortung für die Arbeitsbedingungen und Umweltstandards in Zulieferbetrieben. Doch auch Themen wie verantwortungsvolle Investitionen, Lohngerechtigkeit oder Korruption gehören zur Wirtschaftsethik.
Ethik des Politischen:
Dieser Bereich der Angewandten Ethik hat starke Überschneidungen mit der Politischen Philosophie. Die Ethik des Politischen umfasst alle ethischen Herausforderungen, die die nationale oder internationale Politik betreffen, aber nicht klar in einen der drei erstgenannten Bereiche der Angewandten Ethik fallen. Dazu gehören insbesondere die Herausforderungen der globalen Armut und ethische Fragen der Migration.