Gesellschaft | Hofburggarten
Instagram-Hotspot Hofburggarten?
Foto: Klaus Vontavon
Am 23. Juni fand die Verhandlung der Causa Hofburggarten vor dem Staatsrat in Rom statt. Nun wurde das Urteil veröffentlicht, mit welchem die Richter dem Rekurs der Gemeinde Brixen gegen das Urteil des Regionalen Verwaltungsgerichts, Sektion Bozen, stattgegeben haben. Die Rechtsmittel, um das Projekt des Wiener Aktionskünstlers André Heller zu verhindern, sind damit ausgeschöpft.
Wie berichtet, hat die Gemeinde Brixen den Hofburggarten, der seit 1990 als öffentliches Grün eingetragen ist, im Jahr 2008 angemietet, für die Öffentlichkeit blieb er jedoch die meiste Zeit über geschlossen. 2012 hat die damalige Stadtverwaltung den Entschluss gefasst, einen Wettbewerb für die Neugestaltung der Parkanlage auszuschreiben. Am internationalen Planungswettbewerb haben 94 Bewerber teilgenommen, als Sieger ging die Meraner Bietergemeinschaft aus „Studio Freilich Landschaftsarchitektur“ und „Studio Höller & Klotzner Architekten“ hervor. Trotzdem hat der Brixner Stadtrat im Mai 2020 im Dringlichkeitswege beschlossen, den Wiener Multimediakünstler André Heller mit der Gestaltung des Brixner Hofburggartens zu beauftragen. Die Architektenkammer Bozen hat daraufhin gegen den Planungsauftrag der Gemeinde Brixen erfolgreich rekurriert und in allen Punkten recht bekommen. Gegen das Urteil des Bozner Verwaltungsgerichts hat die Gemeinde Brixen wiederum Rekurs beim Höchstgericht eingereicht, welches das Urteil des Verwaltungsgerichts umgestoßen und den Auftrag an Heller als rechtens anerkannt hat.
Eine Mega-Attraktion
„Wenig gute Nachrichten“, kommentiert denn auch Hans Heiss, ehemaliger Landtagsabgeordneter der Grünen und Gründer der Initiativgruppe für einen Offenen Hofburggarten, die Entscheidung des Staatsrates. Die Initiativgruppe setzt sich bereits seit Jahren für einen offenen Bürgergarten ein und hat auch diverse Aktionen gestartet, um die Brixner Bürger und Bürgerinnen für dieses Thema zu sensibilisieren. Anstatt eine dem Ambiente angemessene Gestaltung ins Auge zu fassen, droht Brixen nun ein „spektakulärer Schaugarten unter Hocheinsatz von Steuermitteln“, so die Befürchtung. Und Heiss ist sich sicher: „Aber der Triumph wird die Gemeinde, ihre Bürger und Bürgerinnen sowie die Steuerzahlenden Südtirols teuer zu stehen kommen.“ Als Gründe nennt der ehemalige Grüne Landtagsabgeordnete die hohen Kosten. Denn laut Auftrag der Gemeinde an André Heller vom Mai 2020 schlägt die Gestaltung mit 1,2 Millionen Euro zu Buche. Die Kosten für den Bau und die Gestaltung wurden bereits vor zehn Jahren auf rund zehn Millionen Euro geschätzt, wobei das Land 80 Prozent der Kosten übernehmen soll. Aufgrund der Preisexplosion auf dem Bausektor, ist eine Preissteigerung absehbar, fürchtet Heiss.
Aber der Triumph wird die Gemeinde, ihre Bürger und Bürgerinnen sowie die Steuerzahlenden Südtirols teuer zu stehen kommen.
Der Gründer der Initiativgruppe weist zudem auf die fragwürdige Verwendung von Steuermitteln hin. Während die Mittel für Sozialleistungen und konkrete Projekte wie das künftige Seniorenheim mühsam zusammengekratzt werden müssen, fließen die Gelder für die Finanzierung von Hellers Schaugarten anscheinend problemlos, so der Vorwurf. Weiters wird auch die Ausrichtung des Gartens kritisiert: Mit diesem künstlerisch anspruchsvollen Schaugarten würden nämlich bevorzugt Touristen angelockt, die auf der Suche nach einem Instagram-Motiv sind. Dass dieser Garten zu einer Mega-Attraktion würde, ließe sich dabei kaum vermeiden. „Die Ausgestaltung des Gartens laut Hellers Plänen ist spektakulär und wirkungsvoll. Wir sind der Auffassung, dass im Umfeld des Domes und der Hofburg eine zurückhaltendere und moderatere Umgestaltung erforderlich ist“, so Heiss, der zu bedenken gibt, dass bei der künstlerischen Gestaltung Rücksicht auf den Kontext genommen werden müsse und das Denkmalamt sicher ein Wörtchen mitzureden habe.
„Wir wünschen uns einen ruhigen und sowohl für die Familien als auch älteren Menschen nutzbaren Garten, in dem man sich erholen kann“, erklärt Heiss, der als Vorbild den Hofgarten in Innsbruck nennt, welcher seiner Ansicht nach der Würde des Ortes besser entsprechen würde. Eine kostengünstigere und den Anliegen der Bürgerschaft nähere Lösung sei deshalb allemal vorzuziehen. „Das erst als Exposee vorliegende Heller-Projekt ist das Produkt einer Zeit, in der Klima-, Sozial und Energiekrise weit weniger spürbar waren. Ein ‚Weiter-so‘ verbietet sich auch bei diesem Vorhaben, wie die Gemeindespitze selbst am besten wissen sollte“, so Heiss, der betont, dass die Gemeinde gut beraten sei, angesichts der stark veränderten Bedingungen, die Zweifel und Skepsis vieler Bürger und Bürgerinnen mehr denn je ernst zu nehmen. Auch Kirche und Bischof sollten ihre Verantwortung wahrnehmen und auf ein bürgerfreundliches wie kostengünstiges Projekt drängen, statt der Mieterin Gemeinde freie Hand zu lassen.
Enttäuschte Opposition
Auch einige Oppositionsparteien äußern in einer gemeinsamen Stellungnahme ihre Enttäuschung über das Urteil des Staatsrats in Sachen Hofburggarten. Team K, Grüne Bürgerliste und Südtiroler Freiheit wünschen sich darin einen frei zugänglichen Hofburggarten. „Brixen braucht keinen Attraktivitätswettkampf der Städte und keinen zusätzlichen Touristen-Hotspot, der jeglicher Nachhaltigkeits- und Umweltbekundung zuwiderläuft! Es geht um nichts weniger als um mehr Lebensqualität für alle, um ein Miteinander von Naherholung und Ökologie“, heißt es in der Aussendung, in welcher die Verfasser die Meinung vertreten, dass der öffentliche Raum allen gehören und als Ort des Zusammenkommens weitgehend von der Kommerzialisierung desselben getrennt werden sollte. Ausgedehnte Grünflächen würden eine immense Verbesserung der Aufenthalts- und Lebensqualität bieten und den Freizeitwert für alle Generationen erhöhen. Aufgrund seiner Nähe zur Universität biete der Garten zudem die Möglichkeit als Austauschpunkt und Ort des Kennenlernens zwischen Studenten und Bewohner zu fungieren. „Auch angesichts der sehr positiven Rückmeldungen zur zeitweiligen Öffnung des Hofburggartens bleibt die Hoffnung aufrecht, dass seitens der Stadtverwaltung ein Umdenken erfolgt, ein kostensparenderes Projekt zu verwirklichen sowie die Weichen dafür zu stellen, dass der Hofburggarten im Herzen der Stadt allen Bürgern, Studenten und Gästen frei zugänglich gemacht wird, während die Stadtverwaltung daran festhält, Zutrittsgebühren verlangen zu wollen und damit die Wünsche zahlreicher Bürger ignoriert: Der Hofburggarten soll zum Ort der Begegnung sowie der Entspannung werden“, so die Oppositionsparteien
Caravaggio Heller
„Wir hingegen sind nicht enttäuscht, sondern froh und erleichtert“, erklärt Peter Brunner auf Nachfrage von Salto.bz. Ein sehr klares Urteil, kommentiert denn der Brixner Bürgermeister auch den Richterspruch des Staatsrates. In allen Punkten sei der Gemeinde Brixen Recht gegeben und die Auftragsvergabe an den Künstler Heller mit der Begründung, dass es sich um eine „opera d’arte rilevante ai fini dell’applicabilità dell’art. 63 del d. lgs. 50/2016., anche se un’opera d’arte del tutto peculiare“ handle für rechtens erklärt worden.
... se si fosse trattato di un quadro di Caravaggio nessuno avrebbe dubitato della possibilità di ricorrere ad una procedura negoziata senza previa pubblicazione del bando di gara.
Wie es in der Urteilsbegründung weiter heißt, konnte die Gemeinde Brixen somit das Recht für sich in Anspruch nehmen, den Auftrag direkt zu vergeben, schließlich, „se si fosse trattato di un quadro di Caravaggio nessuno avrebbe dubitato della possibilità di ricorrere ad una procedura negoziata senza previa pubblicazione del bando di gara.“ Wie Brunner betont, sei das Projekt von Heller 2017 ohne Gegenstimme genehmigt und auch bei den folgenden Beschlüssen mit großer Mehrheit vom Gemeinderat mitgetragen worden. Aus diesem Grund und auch deshalb, weil man eine Reihe von Gutachten eingeholt hatte und die Vergabe sehr akribisch vorbereitet worden war, sei man sich keines Fehlers bewusst gewesen und habe zuversichtlich auf das Urteil des Staatsrates vertraut.
Nachdem der Eingang zum Garten über die Hofburg erfolgen soll und es sich um ein geschütztes Ensemble handelt, möchte man einen Zugangsregulierung haben, erklärt der Brixner Bürgermeister. Dies sei sowohl mit der Kirche, der Eigentümerin des Gartens, als auch mit dem Denkmalamt abgesprochen. „Wir haben seit jeher gesagt und stehen weiterhin dazu, dass die Brixner Bürger immer Zugang zu diesem Garten haben werden“, so Brunner. Der Preis sei dabei symbolischer Natur und auch eine „Karte ziehen“ für Brixner Bürger sei nicht angedacht, sondern Nutzungsmöglichkeiten in Form einer Freizeitkarte wie der BrixenCard.
Es wird keine preisliche Hemmschwelle geben und niemand wird Angst haben müssen, dass er den Garten nicht betreten darf.
„Es wird keine preisliche Hemmschwelle geben und niemand wird Angst haben müssen, dass er den Garten nicht betreten darf“, stellt der Brixner Bürgermeister klar. „Es wird zwar versucht, mit dem Thema Eintritt zu polemisieren, für uns war jedoch immer klar, dass es ein Garten für die Brixner und Brixnerinnen sein wird.“ Ganz im Gegenteil, durch die Einnahmen, die sich unter anderem auch aus den Eintrittskarten für Touristen zusammensetzen, möchte man den Brixner Haushalt entlasten, denn schließlich verursache die Pflege und Führung eines Gartens nicht unbeträchtliche Kosten. Angesprochen auf die Befürchtungen von Hans Heiss, Brixen könnte zu einem Instagram-Hotspot mutieren, erklärt Bürgermeister Brunner: „Hier wird bewusst Angst geschürt!“ Mit derartigen Aussagen versuche man einen Keil in die Bevölkerung zu treiben. Die Umgestaltung des Hofburggartens sei eingebunden in eine Reihe von Gartengestaltungs-Projekten wie beispielsweise dem Bau eines öffentlichen Gartens in der Zone Priel, mit welchen man der Bevölkerung zusätzliche Freizeit- und Erholungsmöglichkeiten bieten möchte. „Der Brixner Hofburggarten wird nie und nimmer ein Touristen-Hotspot. Wir wollen alle einen schönen Garten, wo wir uns wohlfühlen“, so Brunner.
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Warum man für einen Wohlfühl
Warum man für einen Wohlfühl-Garten mehr als zehn Millionen Euro ausgeben muss, ist mir unerklärlich. Hier geht es um ganz andere Interessen.
Antwort auf Warum man für einen Wohlfühl von Hartmuth Staffler
Zehn Millionen +
Zehn Millionen + Preiserhöhungen sind wohl etwas zuviel für das persönliche Denkmal, das sich Bürgermeister Peter Brunner mit dem willfährigen Gemeinderat zu setzen beabsichtigt.
Bleibt nur zu hoffen, dass die Landesverwaltung "das persönliche Denkmal" nicht mit Beiträgen fördert. Die Landesverwaltung hätte vor Allem im Sozialbereich mehr als reichlich sinnvollere Löcher zu stopfen.
Der Brixner Gemeinderat wird dann "für seine weise Entscheidung," bei den nächsten Gemeindewahlen zur Rechenschaft gezogen.
Ob solcher Projekte und
Ob solcher Projekte und solcher Kosten bleibt man als Zuschauer mit fragendem Blick zurück...
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"Wir stehen selbst enttäuscht und sehn betroffen // Den Vorhang zu und alle Fragen offen." - Bertolt Brecht
Und für die
Und für die Kleinkrankenhäuser Sterzing und Brixen kommt das "heimliche,schleichende" Aus. Seid ihr noch zu retten? Zudem spricht man von 10 Millionen Euro,es werden bedeutend mehr werden. Müsst ihr wohl noch schnell vor den LW 2023 durchdrücken,nachher wird es düster aussehen für die Svp bei solchen Aktionen!
Der Vergleich mit Caravaggio
Der Vergleich mit Caravaggio hinkt schon gewaltig. Das ist Hochmut.
Eine Zugangsregulierung, der
Eine Zugangsregulierung, der Preis symbolischer Natur, und natürlich keine Zugangsbeschränkung für Brixner Bürger.
Aber Moment mal, wie passt das zusammen, keine Zugangs-Beschränkung und eine Zugangs-Regulierung? Und was meint der Herr Bürgermeister mit "symbolisch"?
Herr BM, Ihre ProHellerGarten
Herr BM, Ihre ProHellerGarten Argumente, wirken auf mich eher trotzig-rechthaberisch.
Weil so zweifelsfrei vorgetragen und garnicht
verheutigt-reflektiert.
Glauben Sie Lebendigkeit lässt sich evakuieren? - Mit starrem Ego, mit materieller, kontrollierter und künstlicher Ordnung?