Politik | Eiertreter*in

#ObnGiwednNitZuigakerscht

Wird Zeit den verschnarchten Politbetrieb dieses Landes aufzumischen. Ich sehe nur eine Lösung - wird unseren Operettenpolitikern in Amt und Würden nicht gefallen.
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Foto: Goggel Totsch

Letzten Mittwoch hatten wir genau 734 Positive. Warum ich das so genau weiß? Ich war einer davon. Nach Alpha jetzt also Omikron oder BA5 oder Wie-zum-Kuckuck-diese-Scheißevariante-jetzt-heißt. Irgendwann werden wir das griechische Alphabet durch haben und was machen wir dann? Also Kyrillisch geht gar nicht - sag ich Ihnen gleich.
Auf jeden Fall hatte ich jetzt sechs Tage Zeit wieder einmal gründlich nachzudenken. Gar nicht so einfach - bin schließlich ein waschechter Südtiroler (also zu Hälfte) und da hat man es nicht so mit Denksport. Lieber Wettsaufen oder Watten. Egal. Auf jeden Fall, habe ich beschlossen mich dieser neuen Modebewegung der „Great Resignation“, der freiwilligen Kündigungswelle unbefristeter Jobs, anzuschließen. Welchen Beruf ich habe? Bin Halbkreis-Ingenieur. Doch, doch … würde schon sagen, dass diese geometrische Figur am besten den Bogen beschreibt, den ich mit meinem Reisigbesen, entlang der Pustertaler Straße auf den Asphalt zeichne. Bis gestern, denn seit heute hänge ich an der Titte der Wohlfahrt. Der Rest wird sich irgendwann ergeben: Busfahrer, Abspüler, Hydrauliker (gibt keinen schöneren Italianismus), Mittelschul-Supplent … Als Ungelernter hast du in Zeiten des Fachkräftemangels alle Möglichkeiten. Sogar eine Führungskraft ist drin. Manege frei für unseren Studienabbrecher Philipp: Vom Pubertier zum Familienvater hatten wir das Privileg ihm unter dem großen Zirkuszelt des Erwachsenwerdens zuzusehen. Teilnehmen, wie er als Pausenclown zwischen Wirtschaft, Kultur und Deutscher Schule jongliert. Applaudieren, wenn er als Dompteur versagt, Bestien wie Bauernbund oder HGV in Schach zu halten. Seinen Spagat zwischen der Miss Südtirol zu Hause und der Alten Dame in der Brennerstraße der Weltlandeshauptstadt bewundern. Der wünsche ich übrigens ein baldiges Ableben - der alten Schabracke Mutterpartei, meine ich. Kurz, ein Artist … des Wortes: Reden, reden, reden ohne jemals etwas zu sagen.
Da ist sein Pendant auf der Oppositionsbank diametral entgegengesetzt. Der Sven (Sven ist kein Südtiroler Name) redet und redet und redet uns sagt immer nur das gleiche: „Südtirol ist nicht Italien“ oder „… dass wir in diesem fremden Staat keine Zukunft haben“. Habe jahrelang gedacht der Sven (Sven ist kein Südtiroler Name) sei der leibliche Sohn vom Efele, so wie die Ulli nicht nur eine Ziehtochter vom Pius sei, sondern wahrhaftig. In der Tradition des Erbhofs wird so ein Posten einfach an die nächste Generation weitergegeben. Denn so hocken sie da; seit ewig und drei Tagen. Ich meine, können Sie sich an eine Zeit ohne den Urzì erinnern? Das Urgestein der Grünen, die Christl Kury, nannte ihn immer „Kasperle“. Seit wann genießt die ihren Rentenvorschuss? Zehn Jahre? Fünfzehn? Lebt die noch? Jedenfalls sehe ich dem Alessandro schon seit einer gefühlten Ewigkeit beim Großwerden zu. Wie war noch mal der Spruch? Wir Männer werden sieben - danach wachsen wir nur noch? Die Analogie zwischen Kindergarten und unserem Politikbetrieb, lokal, national und europaweit kommt nicht von ungefähr. Gibt es langweiligeres als Berufspolitiker? Nimm den, dessen Name ich niemals nenne. Fast zwanzig Jahre lang hatte er den Nimbus eines „Machers“. Jetzt wärmt er seit drei Monaten die Hinterbank - unsichtbar - und plötzlich stellst du fest: Der ist genauso ein Nichts wie du selbst.

Einstieg

Deshalb fühle ich mich berufen. Für die Politik. Ich will jetzt auch mal „gestalten“. Wenn das nächste Mal einer von den Karrierehengsten in einen Notizblock diktiert oder in ein Mikrofon blökt er möchte „gestalten“, schicken wir ihn zum erstbesten Töpferkurs oder zu den Holzschnitzern in Kräddn. Noch eine Legislatur mit diesen Figuren im Schlafsaal am Bozner Magnagoplatz überlebe ich nicht. Ich sag Ihnen was; ich werde nicht nur gestalten, ich werde in den Ring steigen. Fällt Ihnen noch eine Plattitüde dieses Politikersprechs ein? Ah, ja! Ich werde mich in den Dienst von Herrn und Frau Südtiroler stellen. Nochmal zum Mitschreiben: Ich deponiere, ein Jahr vor den Landtagswahlen, meine Bereitschaft, ordentlich abzucashen mit Gehalt und Spesenvergütung und Fahrtkosten und so. Ich habe auch schon einen Namen für meine Partei. „Partei“ ist nicht gut. Ist so negativ konnotiert. „Bewegung“ ist besser. Das ist dynamisch; im Fluss; vorwärts gewandt - hat mir so ein Werbefuzzi geraten. Hat mich 450 Euro plus Märchensteuer gekostet. Da kriegt das Sprichwort „Da ist guter Rat teuer“, eine völlig neue Bedeutung. Hätte ich doch bloß vorher bei einem Kommunikationsexperten ein Gutachten in Auftrag gegeben, ob ich überhaupt einen Marketingheini fragen soll. Ich schweife ab.

Umstieg

„Südtirol in Bewegung“, soll meine Südtiroler Bewegung - von Südtirolern für Südtiroler - heißen. Da dürfen, da sollen, Sie im Herbst 2023 ihr Kreuzchen machen. Eigentlich wollte ich ja eine Blume im Namen haben, weil ohne kommt keine Südtiroler Partei ... Pardon ... Bewegung aus. Leider kenne ich neben Edelweiß und Enzian nur noch einen landestypischen Buschn. Meine Frau hat dann gemeint, dass „Südtiroler Bettfetzer in Bewegung“ leicht mit inkontinenten, senilen Bettflüchtern, sprich „Graue Panther“ verwechselt werden könnte und dabei sind wir doch so breit aufgestellt. Ja, „wir“! Kann man das so sagen? Besteht da nicht Verwechslungsgefahr mit den Schwurblern von Wir/Noi, die sicher, wie die Alt-68er, für die Abschaffung aller Impfungen den Weg durch die Instanzen gehen und auch für den Landtag kandidieren werden?
Da muss ein Alleinstellungsmerkmal her. Wir sind nicht „Wir“, nicht „Die-da-oben“ oder „Die-in-Boazn-unten“ - wir sind: „Ihr“. Das ist es! Mein Daddy (Gott hab ihn selig, sofern es einen Gott gibt) könnte da mitreden. In seiner Muttersprache, also meiner Vatersprache, also: „I WANT YOU!“ Ich will euch! Sogar euch Walsche. Merda! Dann muss der Name der Bewegung tolomeiisiert werden und ich bin im Hintrischreden so schlecht. Meine Frau hat mir eine Eselsbrücke gebaut. Ich soll mich an den Infos auf den Überkopfanzeigen der Brennerautobahn orientieren, hat sie gesagt. Hab's: „Sudtirolesi in lento movimento“. Wenn ich das so lese überkommen mich erste Zweifel. Der Name bräuchte mehr BISS. Im Sinn eines Akronyms für: „Bewegung Im Sauteuren Südtirol“. Mit Betonung auf "Sauteuer"!
Darum, zahlt den Beitrag für das Parteikartl und werdet Mitglied. Wer jetzt kein Vereinsmaier ist, muss auch nicht Mitglied werden - wichtig ist nur, dass ihr den Beitrag zahlt. Ihr könnt auch andere als Mitglieder werben und bekommt dann, von den 100 Euro eine Provision. Und wenn eure geworbenen Mitglieder dann wieder neue Zugänge akquirieren, bekommt ihr davon 10% - und ich den großen Rest, und so weiter und so fort ...

Da ich von einem Erdrutschsieg ausgehe, kann ich bei den Kandidaten für meine Liste nicht allzu wählerisch sein. Ich meine - hallo - schließlich muss ich 35 Landtagssitze mit Leuten voll kriegen. Da kann es ohne weiteres sein, dass es der eine oder andere Kandidat mit den Vorschriften beim Bau seiner Chalets nicht so genau genommen hat oder uns ein verkappter Schwurbler als Kuckucksei untergeschoben wird. Okay, ersteres wird nicht passieren, weil wir als Sammelbewegung zwar von rechtsradikalen Nazifaschisten-Rassisten bis links-linken Gutmenschen alle nehmen, aber weder Bauern noch HGV-Mitglieder. Die haben ihre eigene Partei: Die Südtiroler Verbands Partei - SVP. Apropos Bauern. Ich war ziemlich beeindruckt auf Rai Südtirol zu lesen, dass die „politische“ Wassergebühr für einen Hektar Obst- oder Weinbau mit jährlich 60 bis 70 Euro gleich hoch ist, wie meine Jahresabrechnung für eine Feige, drei Himbeerstauden und gerade mal soviel Rasen, dass sich kein Mährroboter rechnet, weil er, kaum von der Ladestation gestartet, am Ende des Gartens angelangt ist. Bin ja so froh, dass ich als Kleinhäusler-Kind von unserem Großbauern als Hiatabiabl ausgebeutet wurde und darum weiß, wie man mit Segnes, Kumpf und Wetzstein umgeht.
Ich wette drei Tetrapak „In vino veritas“ (meine Lieblingsmarke, 50 Cent der Doppelliter), der Darth Rinner hat über das ennesimo Bauern-Bashing auf der Website vom "Boazner" getobt wie ein Berserker. Wirst sehen, „Das Imperium schlägt zurück“ und schickt sein U-Boot aus dem Sarntal los, um in der Gesetzgebungskommission, auf Vorschlag des 0-Euro-Steuererklärung-Bauern aus Marling, zu dekretieren, dass in Zukunft, die Wassergebühren der Bauern unter das Privacygesetz fallen.
Schon komisch, immer wenn ich an den Locher Franz denke, fällt mir seltsamerweise ein neutestamentarischer Bibelspruch aus meiner Ministrantenzeit ein (Joh 1.14): „Und der Sarnerwitz ist Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt.“ Ich sage euch, der Franz hat den totalen Durchblick, also bei dem, was ihm in der fünften Etage der Kaninikus-Michael-Gamper-Straße 5 auf den Spickzettel geschrieben wird, bevor er in die Kommission marschiert. Das ist nicht verwunderlich. Wie lautet die alte Redewendung: „Unter den Blinden ist der Einäugige König“.
Bei „Südtirol in Bewegung/Sudtirolesi in lento movimento“ gibt es keinen Lobbyismus. Bei uns gibt es Buddhismus, Kommunismus, Birnenmus, von mir aus auch QWERTZ- oder wie diese Homos und Trans-Weiber heutzutage alle heißen, aber niemanden, der nur deshalb einen Audi Q7 6.0 TDI Quattro fährt, weil seine Steuererklärung so lang optimiert wurde, bis er auf dem Papier weniger verdient als sein Abspüler. „Südtirol in Bewegung/Sudtirolesi in lento movimento“ steht für freie Marktwirtschaft: Sprich Abschaffung aller Subventionen, Beiträge, Zuschüsse. Solange noch ein Südtiroler in einer Sozialwohnung hausen muss, werden keine Besitzstände finanziell bezuschusst. Wäre ja noch schöner, dass, wer schon Hof und Stadl und dazu ein paar Hektar samt Eigenjagd hat oder eine Wellnessanlage mit angebautem Hotel das Geld von Angestellten und Rentner bekommt.

Aufstieg

Bei uns gibt es auch keine Raubtierkapitalisten, die auf Kosten der Umwelt, mit Landesgeldern Seilbahnen oder Schutzhütten in die Landschaft betonieren. Schon da gewesen? Beim neuesten Vorzeigeprojekt auf 2700 Metern? Ein Gipfelhotel für 85 Euro pro „Übernachtung, das volle Vier-Gänge-Menü am Abend und das Frühstück“. Ich habe es mir angesehen - bin aber aus Protest nicht eingekehrt. Moooment! Das wird die erste Sau, die ich in meinem Wahlk(r)ampf durchs Dorf treiben werde. Heutzutage braucht man ja so einen fetzigen Hashtag oder wie diese Schlagwörter genannt werden. Hmmm … #BoykottBergverhunzer, #NeinZumReibach, #DaDrehtSichDerReinholdMessnerImGrabUm … geht auch nicht, weil der lebt ja und hat in seiner Altersmilde plötzlich so seltsame Ansichten zu Flugplatz und Overtourism. Hab's! #ObnGiwednNitZuigakerscht. Dazu ein Foto als Beweis. Das wird big.

Das wird wie die großen Kampagnen der Medienkrake für ein Wolf-und-Arno-freies Südtirol. Jetzt brauche ich nur noch einen Spindoctor, einen Medienmanager, der für mich das Facebooken, YouTuben, Instagramen und Twittern übernimmt. Mein Rentnerhandy hat nämlich kein Internetz. O cazzo! So eine Stellenanzeige muss ja geschlechtsneutral formuliert sein, sonst hagelt es sofort Strafen und die Kasse von „Südtirol in Bewegung“ ist mindestens ebenso leer, wie die der Edelwaisen. Also:

„AAA. Derfrogg und gfundn wird eine/n Mann*in oder Frau*in für Socialmedia*in - für lau. Du bist zwischen 18 und 19, Körbchengröße DD, blond und vor allem blauäugig, dann bewerbe dich bei „Südtirol in Bewegung/Sudtirolesi in lento movimento“. Als Eignungstest müssen alle sieben Strophen des Bozner Bergsteigerliedes auswendig gesungen werden, denn im ersten Begehrensantrag wird mit dieser Ode an den „Begehrenswertesten Lebensraum Europas“ das blutrünstige Andrè-Hofer-Lied als Landeshymne ersetzt. Aufstiegschancen in der Regierung von Landeshauptmann Goggel Totsch garantiert. Ehe und Kinder nicht ausgeschlossen“.

Vorstellungsgespräche erst ab 27. Juli, wenn ich hoffentlich aus der Quarantäne bin.

Goggel Totsch for president!
In dieser Satire steckt mehr Verteilungsgerechtigkeit als in jedem bisherigen Koalitionsabkommen...
Mir wäre z.B. lieber, jeder Apfel würde 4 Euro kosten, als dass ich dem Bauern seinen Traktor zu 75% mitfinanzieren muss. Dann kann ich wenigstens mitentscheiden, ob mir der Apfel das wert ist.

Mi., 27.07.2022 - 13:41 Permalink

"Mir wäre z.B. lieber, jeder Apfel würde 4 Euro kosten, als dass ich dem Bauern seinen Traktor zu 75% mitfinanzieren muss. Dann kann ich wenigstens mitentscheiden, ob mir der Apfel das wert ist."
Tolle Logik: nur hohe Kosten/Preise erlauben und ermöglichen eine selbstständige Entscheidung.
I kenn mi net aus obr sogn will i a wos miassn.

Mi., 27.07.2022 - 14:21 Permalink

Vielleicht bin ich falsch verstanden worden. Die industriell perfektionierte Apfelproduktion ist ein wichtiger Industriezweig in Südtirol, dessen Bedeutung ich nicht in Abrede stellen will. Von mir aus kann man die dazu notwendigen Maschinen subventionieren, andere Maschinen in anderen Industriezweigen werden ja auch subventioniert. Da ich persönlich das Industrieprodukt Südtiroler Apfel nicht konsumiere, interessiert mich auch der Preis nicht. So lange es Menschen gibt, die dumm genug sind, die verlangten Preise für ein eher wertloses Industrieprodukt zu zahlen, wird das Geschäft wohl gut laufen.

Fr., 29.07.2022 - 18:36 Permalink