Umwelt | Beutegreifer
Bald 800 Wolfsrudel in den Alpen?
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Beinahe jeden Tag warten die Tagesmedien und Online-Portale mit neuen schockierenden Bildern über Wolfsrisse auf. Trägt das zur Sensibilisierung bei oder werden die Leser im Laufe der Zeit abgestumpft? Tote Schafe oder Rinder locken längst keine Demonstranten mehr auf die Straße, wie das noch 2019 der Fall war, als rund 500 Landwirte sich auf ihre Traktoren schwangen, gen Bozen fuhren und auf dem Magnago-Platz für ein „wolfsfreies Südtirol“ demonstrierten. Dass ein „wolfsfreies“ Südtirol Wunschdenken ist, haben die mächtigen Verbände wie der Bauernbund und ihre Vertreter inzwischen verstanden, weiterhin gepocht wird auf die Entnahmemöglichkeit sprich ein Wolfsmanagement.
Einen anderen Ansatz vertritt die „Gruppe Wolf Schweiz“, die sich laut eigenen Angaben auf ihrer Webseite dafür einsetzt, „das Zusammenleben zwischen Menschen und einheimischen Großraubtieren in der Schweiz zu ermöglichen. Gestützt auf das Wissen, dass Großraubtiere auch in Kulturlandschaften leben können und und in der Überzeugung, dass Konflikte sich mit verschiedenen Maßnahmen verhindern lassen, plädiert sie für eine breite Akzeptanz von Wolf, Bär, Luchs und Goldschakal in der Schweiz.“
Der Wolf ist gekommen, um zu bleiben, lautet der Titel ihrer jüngsten Presseaussendung, in welcher weiters erklärt wird, dass Herdenschutz ohne Alternative sei: „2021 gab es über 250 Wolfsrudel im Alpenraum. Mit dem weiteren Zuwachs dieses Jahr ist bald die Hälfte des Lebensraumes besiedelt. Die vollständige Besiedlung wird bereits in wenigen Jahren erreicht sein. Eine verstärkte Regulierung des Wolfes, ob präventiv oder reaktiv, wird an dieser Realität nichts mehr verändern können. Konsequenter, flächendeckender Herdenschutz wird in jedem Fall eine Notwendigkeit sein.“ Die Gruppe Wolf Schweiz geht weiters davon aus, dass fast alle Gebiete der Alpen besiedelt werden können. Geht man von einer durchschnittlichen Territoriumsgröße von 250 km2 aus, wäre demnach Lebensraum für etwa 800 Wolfsrudel vorhanden.
Konsequenter, flächendeckender Herdenschutz wird in jedem Fall eine Notwendigkeit sein.
Wie die Umweltgruppe erklärt, ist die Ausbreitung des Wolfes fast zur Hälfte abgeschlossen. Der Bestand ist seit der ersten Rudelbildung in den französisch-italienischen Südwestalpen im Jahr 1993 stetig gewachsen. Während das Wachstum anfangs noch zögerlich erfolgte, verläuft sie momentan exponentiell mit einem jährlichen Zuwachs von 25 bis 30 Prozent. Laut Monitoringdaten der verschiedenen Alpenländer lebten 2021 rund 250 Wolfsrudel in den Alpen. „Dieses Jahr ist aufgrund der Zuwachsrate bereits mit über 300 Rudeln zu rechnen, womit bald die Hälfte des Lebensraumes besiedelt sein wird“, so die Gruppe Wolf Schweiz, welche aber auch darauf hinweist, dass dieses Wachstum zeitlich limitiert ist, und zwar bis zu dem Zeitpunkt, an dem der Lebensraum gesättigt ist. Laut Schätzungen könnte das bei einem anhaltenden Wachstum bereits in rund fünf Jahren der Fall sein. „Der Wolfbestand reguliert sich dann selber und wächst nicht mehr weiter an.“
Herdenschutz? Wo und für wen?
Die Umweltgruppe tritt für einen konsequenten Herdenschutz ein, der ihrer Meinung nach alternativlos ist. Auch Regulierungseingriffe dürften das Wachstum des Bestandes in diesem guten Lebensraum, der über hohe Wildbestände verfügt, kaum bremsen. Die flächendeckende Ausbreitung des Wolfes sei das wahrscheinlichste Szenario und kaum mehr aufzuhalten, die Forderung nach wolfsfreien Gebieten daher Illusion. „Ein flächendeckender und konsequenter Herdenschutz für gefährdete Nutztiere ist eine bedingungslose Notwendigkeit und wird auch durch schnellere Abschüsse nicht ersetzt werden können. Verzicht auf Herdenschutz führt die Nutztierhaltung lediglich in eine Sackgasse“, so die Meinung der Gruppe Wolf Schweiz.
Verzicht auf Herdenschutz führt die Nutztierhaltung lediglich in eine Sackgasse.
In einem eigenen Positionspapier wird auf Herdenschutzmaßnahmen für das Walliser Schwarznasenschaf eingegangen. Eine Aussage lautet dabei, dass keine zwingende Notwendigkeit bestehe, Schwarznasen in Kleingruppen auf Standweiden zu sömmern und die Voraussetzung für Herdenzusammenlegungen durchaus gegeben sei. Bei größeren Herden würde sich eine Behirtung zudem finanziell lohnen. Was mit den kleinräumigen Almen in der Folge geschehen soll, darauf wird allerdings nicht eingegangen, aber diese seien im Falle der Oberwalliser Schafalpen in erster Linie strukturell und gesellschaftlich bedingt, nicht landschaftlich. Herdenschutz ist möglich, aber nur für großen Herden?
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Bin gespannt, wo das ganze
Bin gespannt, wo das ganze hinführt, genauso gespannt bin ich auf die Management-Pläne, die seit Jahren konzipiert werden. Ein Problem ist auch, dass v.a. tollwütige Wölfe gefährlich für den Menschen werden.
Es ist bereits jetzt genug
Es ist bereits jetzt genug"Wölfe"