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Warum Philosophie studieren?

Ab Herbst 2022 gibt es in Brixen wieder ein Philosophie-Studienangebot gemeinsam mit der Universität Innsbruck, das auch für Berufstätige interessant ist.
Hinweis: Dies ist ein Partner-Artikel und spiegelt nicht notwendigerweise die Meinung der SALTO-Redaktion wider.
Die Philosophenschule von Athen, Gemälde von Raffael
Foto: PTH Brixen

Autor: Winfried Löffler

Philosophie ist eine brotlose Kunst. So kann man das zumindest oft hören. Ich wäre mir – nach über 30 Jahren professionell betriebener Philosophie – da allerdings nicht so sicher. Über langjährige Arbeitslosigkeit unserer AbsolventInnen hätte ich jedenfalls noch nichts gehört. Und sie landen häufig in unerwarteten, interessanten Jobs – in Sparten, wo vernetzendes, viele Sichtweisen einbindendes Denken gefragt ist. Freilich, zwei Dinge sind einzuräumen: Anders als etwa Pharmazie oder Agrarwissenschaft bildet ein Philosophiestudium nicht auf bestimmte Berufsbilder hin aus, man muss also karrieremäßig etwas flexibel sein. Und es wäre gut, Philosophie mit irgendwelchen anderen Ausbildungen – die müssen nicht universitär sein – zu kombinieren. Solche „Auch-PhilosophInnen“ haben dann wegen ihrer breiten Perspektive gute Chancen am Arbeitsmarkt: Ein Philosophiestudium ist eine gute Versicherung gegen das vielbeklagte Scheuklappendenken. Das hilft im Job, kommt aber natürlich auch dem Bedürfnis entgegen, einfach mehr von der Welt zu durchschauen und das eigene Leben bewusster zu gestalten. Viele Menschen aller Alterssparten studieren Philosophie daher auch ohne konkretes Berufsziel, sondern einfach aus Interesse – ich habe von der Hausfrau über den Primararzt, den Obstbauern und die Juristin bis hin zur freien Unternehmerin schon verschiedenste Studierende kennengelernt, die dann oft hochinteressante Perspektiven und Problemstellungen einbringen.

 


Aber was tun PhilosophInnen überhaupt? Bei einem guten Glas Wein in den Sonnenuntergang schauen und ebenso unverbindliche wie unüberprüfbare Ideen darüber entwickeln, was der Sinn des Lebens sein könnte, oder was die Welt in ihrem Innersten zusammenhalten mag? Diesem Zerrbild mögen allenfalls einige selbsternannte Hobby-PhilosophInnen entsprechen. Seriös betriebene Philosophie sieht anders aus, und es gibt hier durchaus Kriterien dafür, wann ein Standpunkt und Argument plausibler oder unplausibler ist. Als Studium kann Philosophie zeitweise auch recht herausfordernd sein: Nicht nur, weil man vieles an Grundwissen einfach lernen muss (wie eben in anderen Wissenschaften auch!), sondern weil die behandelten Fragen auch im eigenen Leben mitunter aufbrechen: Gibt es objektive Maßstäbe für „moralisch richtiges“ und „falsches“ Handeln, im täglichen Leben oder z.B. im medizinischen und wirtschaftlichen Bereich – oder ist das alles nur eine Frage kultureller Üblichkeiten? Können wir die Welt so erkennen, wie sie ist, oder spielen uns unsere Sinnesorgane und unser Gehirn da nur Streiche? Könnte überhaupt alles Illusion sein? (Aber: Wenn jemand von „Illusion“ redet, müsste er/sie dann nicht selber wissen, was „wirklich“ der Fall ist?!) Bewegen sich die Wissenschaften langfristig auf ein korrekteres Bild der Welt zu, oder sind sie nur austauschbare Konstrukte, vielleicht gar nur gesellschaftlich hochgehaltene Märchen? Aber andererseits: Sind wir nicht doch froh, zu einer Ärztin unserer Tage gehen zu dürfen, und zwar deshalb, weil sie einfach „näher an der Wirklichkeit dran“ ist als die Ärzte im 16. oder 19.Jahrhundert? Sind „Gemeinwohl“ und „Nachhaltigkeit“ nur gefällige Sonntagsphrasen, oder sind das wirklich wichtige Werte? Was macht überhaupt ein „gutes Leben“ aus? Gibt es bessere und schlechtere Formen von Demokratie? Sind Religionen nur altertümliche kulturelle Erscheinungen, die über kurz oder lang verschwinden werden, oder haben religiöse Erklärungen doch etwas für sich? Wie weise ich jemandem genau nach, dass er/sie da grad einen „Denkfehler“ gemacht hat? Für alle diese Fragen – und noch viele andere mehr – gibt es Teilbereiche der Philosophie, die in einem Studium vorkommen: Logik und Erkenntnistheorie, Wissenschaftsphilosophie und Ethik, politische Philosophie und Religionsphilosophie, etc. – und natürlich Geschichte der Philosophie, die wie ein unerschöpfliches Reservoir an bereits einmal ersonnenen Ideen, Definitionsvorschlägen und Argumenten ist. Wir alle sind in unserem Denken mitgeprägt von Figuren wie Platon, Aristoteles oder Immanuel Kant, auch wenn wir das nicht wissen. – Aber kann man nicht doch einfach mit einem guten Glas Wein in den Sonnenuntergang schauen und über Gott und die Welt nachdenken? Klar kann man das – und mit einer gediegenen philosophischen Ausbildung wird auch wesentlich mehr und Tieferes dabei herauskommen.

 

 

 

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Albert Pürgstaller Do., 11.08.2022 - 08:14

Ich durfte in den letzten 4 Jahren dieses Angebot annehmen und kann es tatsächlich nur allen weiterempfehlen. Diese investierte Zeit war für mich ein großer Gewinn. Das Philosophiestudium öffnet das Visier, es formt den Geist und das ethische Empfinden, treibt die Neugier an, hilft das Urteil zu schärfen, ladet ein weiterzudenken und es ermutigt auch zu handeln. Brandaktuelle Fragen stehen auf der Tagesordnung. Die Philosophiegruppe, mit der ich unterwegs sein durfte, sie wird gemeinsam weitergehen.

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Karl Trojer Do., 11.08.2022 - 11:07

Vor Jahren hatte ich Gelegenheit, diesen Philosophie-Kurs zu erleben und anschließend an der Uni-Innsbruck das Philosophiestudium abzuschließen. Die Kombination von Ingenieurarbeit (mein Berufsfeld) und Philosophie war und ist für mich eine wertvolle Bereicherung. Besonderen Dank möchte ich dem Prof. Löffler für sein Engagement und die hohe Qualität seiner Vorlesungen aussprechen.

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Lissi Mair Do., 11.08.2022 - 13:38

"Was? Du studierst Philosophie? Das ist doch etwas für Dumme!", sagte ein Bekannter im Zug von Bozen nach Brixen zu mir, als ich im Oktober 2018 mit dem berufsbegleitenden Philosophiestudium an der PTH und in Innsbruck begann. Nun stehe ich vor dem Abschluss und ja, dieses Studium mag auch etwas für Dumme sein, aber spätestens nach den ersten Vorlesungen werden er oder sie sich aus den Ketten befreien und sich auf dem Weg ins Licht machen, so wie Platon uns im Höhlengleichnis ermuntert, auf dass wir uns von den Schatten- und Abbildern der Wirklichkeit verabschieden und im richtigen Licht das Gute erkennen können. Dieses Studium hat auch mir in vielerlei Hinsicht die Augen geöffnet, auch zu interreligiösen Fragen, und mich nicht nur sensibler gemacht für tierrechtliche und feministische Fragen, sondern mich auch bestens durch die Krise dieser Pandemie begleitet, auch dank der ermöglichten online-Vorlesungen und zahlreichen -Diskussionen. "Unsere ProfessorInnen haben nicht nur Verschwörungstheorien Punkt für Punkt auseinandergenommen und Fake News entlarvt, sondern uns auch immer wieder ermuntert, nicht nur unser Weltbild und uns selbst zu hinterfragen sondern auch unseren Umgang mit sozialen Medien. Die Wissenschaftlichkeit und die Suche nach Wahrheit sind auf ein neues Podest gehoben worden, und das mag in diesen Zeiten des Populismus und der schnellen Vorurteile keine Kleinigkeit sein. Dafür sei gedankt, allen voran dem Studienleiter Mag. DDr. Löffler und allen im Hause der PTH und der Fakultät für christliche Philosophie Innsbruck. Und so leid es mir tut, dass diese vier Jahre schon um sind, so sehr ermutige ich jene, die noch hadern, sich zu diesem Studium anzumelden. Philosophie rechnet sich. Descartes ("Ich denke, also bin ich" ), Kant ("Habe den Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen") oder Simone de Beauvoir ("Man wird nicht als Frau geboren, sondern zu ihr gemacht"), aber auch John Rawls (Theorie der Gerechtigkeit) oder Peter Singer (Befreiung der Tiere) haben uns noch viel zu sagen so wie Thomas von Aquin und seine Tugendethik oder die islamische Philosophie der Schule von Isfahan rund um Mir Damad und Mulla Sadra.

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rotaderga Do., 11.08.2022 - 14:12

Wer in einem blühenden Frauenkörper ein Skelett zu sehen vermag, ist ein Philosoph.- Brüste sind aber hübscher. ( Kurt Tucholsky)

Do., 11.08.2022 - 14:12 Permalink
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Alfons Wachter⁸ Do., 11.08.2022 - 14:30

Wer noch in seinem Leben viel lernen will und am Ende wie Sokrates feststellt, weiß, daß er nichts weiß, so ist schon diese Erkenntnis wert, Philosophie zu studieren. Ein Gewinn für ein sinnvolles Leben!

Do., 11.08.2022 - 14:30 Permalink