Gesellschaft | Sanitätsbetrieb

So kann es nicht weitergehen!

Viele MitarbeiterInnen im Südtiroler Sanitätsbetrieb sind unzufrieden, bereits 200 Unterschriften wurden verschickt um auf ihre Nöte aufmerksam zu machen.
Hinweis: Dieser Artikel ist ein Beitrag der Community und spiegelt nicht notwendigerweise die Meinung der SALTO-Redaktion wider.
Offener_Brief
Foto: CC BY-NC-ND 3.0 DE

Nunmehr sind wir MitarbeiterInnen im Pflegebereich seit zweieinhalb Jahren mit dem Problem der Corona-Pandemie konfrontiert und es ist nicht gelogen, wenn wir behaupten, dass vor allem die Pflegekräfte auf den Abteilungen und auch die soziosanitären Hilfskräfte dadurch mit einem enormen Mehraufwand an Arbeit, sowie mit einer gewaltigen physischen und psychischen Belastung zurechtkommen mussten. Inzwischen kam noch das Problem des MitarbeiterInnen-Verlusts durch die vorgeschriebene Impfpflicht dazu, was zu einer unbeschreiblich großen Belastungsprobe für die verschiedenen Berufsgruppen auf den Abteilungen und Diensten geworden ist. Die Leistung unzählbarer Überstunden gehört mittlerweile für jede/n ganz still und leise, abseits aller öffentlichen Diskussionen, zur Normalität des Berufsalltages. Nun stehen wir vor dem Sommerurlaub und stellen uns mit berechtigten Ängsten die bange Frage, wie das zu bewältigen sein wird, wissend, dass weitere Suspendierungen (MitarbeiterInnen haben entsprechende Mitteilung bereits erhalten!) bevorstehen. Muss das wirklich so sein, wenn alle anderen Berufsgruppen im Land inzwischen ihrer Arbeit nachgehen dürfen, auch ohne geimpft zu sein? ErzieherInnen und Lehrkräfte haben ebenfalls einen direkten Kontakt zu Personen, welche gefährdet und immungeschwächt sind (z.B. Kindertagesstätten mit der Betreuung von Babys und Kleinkindern). Wieso gilt diese Regelung nur noch für die Berufsgruppen im Gesundheitswesen, zumal jene MitarbeiterInnen, welchen jetzt die Suspendierung bevorsteht, zweimal geimpft sind, zum Teil sogar eine zweimalige Genesung hinter sich haben und bereit dazu sind sich regelmäßigen Testungen zu unterziehen? Für alle Menschen im Staat gilt nach Genesung eine Frist von sechs Monaten, in welcher sie sich frei und ohne Einschränkungen überall bewegen dürfen, für uns gilt nach wie vor die Pflicht ab drei Monaten nach der Genesung den Booster in Anspruch zu nehmen oder die Arbeitsstelle verlassen zu müssen. Irgendwann verliert man den Sinn für die dahinterstehende Logik. So kann es nicht weitergehen in einem System, das für die gesamte Bevölkerung von größter Relevanz ist und das schon lange nur noch am Limit und aufgrund einer nicht zu unterschätzenden Opferbereitschaft der Angestellten funktioniert. Wir sind überzeugt, dass das Gesundheitswesen sich keine weiteren Mitarbeiterverluste im Pflegebereich mehr leisten kann, darum wollen wir mit unseren Unterschriften ein gemeinsames Zeichen dafür setzen, dass es genug ist und wir so nicht weitermachen können und wollen. Uns sind die hilfsbedürftigen Mitmenschen ein Herzensanliegen, wir möchten sie weiterhin gut betreuen und begleiten können, aber dazu müssen auch wir Mitarbeiter gesund bleiben und die Möglichkeit haben in stabilen Teams, mit geregelten Verhältnissen, in einer Atmosphäre von Stabilität und Sicherheit arbeiten zu können. Wenn wir mit Bauchschmerzen, jeden Tag neu darauf hoffen müssen, dass alle Mitarbeiter, die auf dem Plan stehen, auch tatsächlich kommen können, dass niemand ausfällt, weil er krank oder suspendiert wird, ist das eine Überforderung, die nicht mehr länger tragbar und zumutbar für uns ist. Wir appellieren an das Verständnis der Sanitätsverwaltung, des Sanitätsdirektors, der Politik, des Landeshauptmannes, der Gewerkschaften und Verbände mit der Bitte unsere Not zu sehen, uns entgegenzukommen und gemeinsam mit uns eine konstruktive Lösung zu erarbeiten.

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Profil für Benutzer Dorothea Kurz
Dorothea Kurz Sa., 02.07.2022 - 19:38

Danke für Ihren Beitrag Herr Lechner. Es ist so wie Sie es sagen, trotz 3maliger Impfung werden die Menschen krank (meist leichter und kürzer), aber sie können andere anstecken und gefährdete Personen kann es dann mitunter auch schlimm erwischen. Überall lauert diese Gefahr, wo Leute aufeinander treffen, egal ob in Heimen, Schulen, Krankenhäuser oder sonst wo und im Krankenhaus kann man mehr als woanders davon ausgehen, dass auf die Hygiene besonders Wert gelegt wird, was die Möglichkeit einer Ansteckung mindert. Man weiß inzwischen viel über das Virus und wenn alle anderen Länder Europas ohne die Impfpflicht auskommen und arbeiten dürfen, dann wäre es auch bei uns an der Zeit, dass sich die Politik in diese Richtung bewegt und dafür stark macht, damit erprobtes Personal wieder an den Arbeitsplatz zurück kehren kann, wo es notwendig gebraucht wird.
Es ist das Anliegen dieses Briefes einmal mehr auf die missliche Lage und auf die, im Grunde unzumutbaren Arbeitsbedingungen aufmerksam zu machen, die zur Zeit im Bereich der Krankenhäuser und Pflegeheime herrschen. Wir haben diesen Beruf gewählt, weil wir Menschen helfen möchten, sie gut und gewissenhaft von der Geburt bis zu ihrem Tod begleiten möchten. Corona hat da so einiges verändert oder besser gesagt vorzeitig ans Tageslicht geholt, was sich im Untergrund zusammengebraut hat. Die Menschen werden älter, die Ansprüche an die Pflegekräfte, Hilfskräfte, Techniker usw. größer. Niemand, der nicht im System drinnen ist kann sich vorstellen wie schwierig es ist allen Anforderungen gerecht zu werden und dabei das Wohl des Patienten und den Patienten selbst nicht aus dem Blick zu verlieren. Unmut, Frust, Enttäuschung steigen in den Teams, wo vermehrt Mitarbeiter fehlen ( Suspendierungen, Pensionierungen, Kündigungen), wo Gespräche im Sand verlaufen, persönliche Wünsche einfach übergangen werden, Überstunden an der Tagesordnung sind, gegenseitiges Verständnis und Wertschätzung fehlen, weil einfach organisatorische Vorgaben Priorität haben, um alles am Laufen zu halten. Es leiden alle darunter, Angestellte und Bedürftige. Mein Anliegen ist einen Appell zu lancieren, aufmerksam zu machen, damit man die Not aller Betroffenen endlich ernst nimmt und sich darum bemüht Massnahmen zu ergreifen, die es auch morgen noch erlauben, dass Menschen eine gute medizinische Versorgung erhalten, weil entsprechend Personal da ist vom Arzt bis zur Reinigungskraft es braucht in einem solchen Betrieb jede/n einzelnen mit seinem Fachwissen seinem Veratwortungsbewusstsein, seinen Fähigkeiten, einer physischen und psychischen Gesundheit, die Freude, Motivation und Energie schenkt. Es ist wie überall, die in den höheren Etagen angestellt sind wehren sich um ihre Rechte, die in den unteren erhalten sehr oft nur was übrig bleibt und das ist manchmal wenig, zu wenig, wenn man die aktuelle wirtschaftliche Lage mit allen Teuerungen betrachtet. Ich hoffe, dass viele meiner BerufskollegenInnen diesen Brief lesen, ihn teilen und wir noch weitere Stimmen sammeln können um uns Gehör zu verschaffen und angemessene Bedingungen erhalten und es weniger Kündigungen und wieder mehr ausgebildetes Fachpersonal im Pflegebereich gibt, das gerne in Südtirol bleibt und sich da einbringt wo es zuhause ist. Die Liste zur Unterschriftenaktion kann über meine persönliche Emailadresse angefordert werden. Wir zählen auf weitere Unterstützung, denn es betrifft viele von uns!
Danke mit einem lieben Gruß Dorothea Kurz

Sa., 02.07.2022 - 19:38 Permalink
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Josef Fulterer Mi., 20.07.2022 - 06:19

Antwort auf von Dorothea Kurz

Bei der spanischen Grippe sind beim ersten Schub vom Winter 1917 / 18 und besonders (wegen unzureichender Ernährung und Heizung) beim zweiten Schub 1918 / 19 zwischen 50 und 100 Mio. Menschen verstorben.
Der dritte Schub vom Winter 1919 / 20 ist wie eine Grippe verlaufen, bei der es gesundheitlich angeschlagene Menschen in einzelnen Fällen auch nicht geschafft haben.

Mi., 20.07.2022 - 06:19 Permalink
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Profil für Benutzer Josef Fulterer
Josef Fulterer Mi., 20.07.2022 - 06:33

Antwort auf von Josef Fulterer

Das Pflegepersonal in den Spitälern und Altersheimen steht mit Schutzkleidung, Maske und schäbiger Entlohnung noch immer nicht nur im Regen, sondern sogar unter der Traufe, während es sich der aufgeblähte Verwaltungsappearat für sich "schon recht fein gerichtet hat," aber nicht einmal imstand ist, den Laden endlich mit einem einheitlichen IT-Programm zu verwalten.

Mi., 20.07.2022 - 06:33 Permalink
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Meister Haus Fr., 26.08.2022 - 00:55

Ich bin mit Ihren Aussagen voll einverstanden. Die große Schande ist aber, dass von Seiten der Ärztinnen und Ärzte öffentlich kein Ton zu hören ist und für sie der ganze Irrsinn mit der ärztlichen Ethik anscheinend gut vereinbar ist.

Fr., 26.08.2022 - 00:55 Permalink