Gesellschaft | Sustainability Days

Verhaltene Kritik von der Rebellenfront

Die Sustainability Days sind zu Ende, verhaltene Kritik kommt von XR Trentino-Südtirol. Die Mitbegründerin dieser Bewegung, Gail Bradbrook, war nämlich auch eingeladen.
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Foto: LPA/Tiberio Sorvillo
Jeder Tag muss ein Tag der Nachhaltigkeit sein. Davon ist die Bewegung Extinction Rebellion Trentino-Südtirol überzeugt. Während der Nachhaltigkeits-Veranstaltung wurden gemeinsam mit Fridays for Future Sit-ins und verschiedenen „swarmings“, die den Verkehr verlangsamten, veranstaltet und man war bei Informationsabenden präsent, um diese Botschaft den Bürgern und Bürgerinnen zu vermitteln.
Im Anschluss an die Sustainability Days kommt denn auch Kritik, allerdings ungewohnt verhalten. Eingeladen waren nämlich nicht nur lokale Stimmen von Fridays for Future und Climate Action South Tyrol, sondern auch Gail Bradbrook, Mitbegründerin von Extinction Rebellion, die in ihrer Rede betonte, dass ziviler Ungehorsam eine Form des Protests sei, die traditionell eingesetzt wird, um ungerechte Gesetze oder Situationen anzufechten.
 
 
 
„Für uns ist ziviler Ungehorsam ein wirksames Mittel, um die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit zu erregen und dazu beizutragen, die größte Herausforderung, vor der die Menschheit je stand, ins Rampenlicht zu rücken. Es reicht nicht aus, das Verhalten des Einzelnen zu ändern, um den Klimakollaps aufzuhalten, wenn es nicht gleichzeitig öffentliche Maßnahmen gibt, die dies tun“, schreibt XR Trentino-Südtirol in ihrer aktuellen Presseaussendung und betont darin, dass die Förderung von Initiativen wie den Sustainability Days, mit denen versucht wird, Kooperationsnetze zu schaffen, um die Auswirkungen der Klimakrise zu bewältigen, sicherlich sehr wichtig und ein notwendiger Schritt seien. Die Herausforderung bestehe heute allerdings darin, die Projekte und Ideen, die aus diesen Treffen hervorgehen, zu verwirklichen, um so schnell wie möglich Netto-Null-Emissionen zu erreichen.
 
 

Nur ein Marketing-Gag?

 
In Ihrem Schreiben kritisiert die Bewegung unter anderem die Intention hinter dieser Veranstaltung. Denn es sei nicht nur um eine Sensibilisierungsveranstaltung für die Bevölkerung gegangen, sondern um die Umsetzung einer Marketingstrategie. „Die IDM wollte mit dieser Werbung Südtirol als Region des nachhaltigen Konsums positionieren“, so XR. Ziel sei es demnach, „noch mehr Touristen und Investoren in ein Land zu locken, in dem der Tourismus bereits eine zentrale Quelle für Treibhausgasemissionen und den Wasser- und Energieverbrauch ist, vor allem in 4- und 5-Sterne-Luxushotels. Sogar die Werbung der Vitalpina Hotels, die jede Sitzung auf den riesigen Bildschirmen der Messe begleitete, schien in dieselbe Richtung zu zielen, und es fällt schwer, nicht zu dem Schluss zu kommen, dass es sich um Netto-Greenwashing handelt, anstatt um Netto-Null-Treibhausgasemission, auf die man abziele“.
 
Die IDM wollte mit dieser Werbung Südtirol als Region des nachhaltigen Konsums positionieren.
 
Weiters kritisiert die Bewegung die ihrer Meinung nach zu geringe Teilnahme und dass die politischen Vertreter selbst – mit wenigen Ausnahmen – nicht häufig anwesend zu sein schienen, ausgenommen jene Veranstaltungen, die sie direkt betrafen wie beispielsweise die Vorstellung des Klimaplanes.      
Begrüßt wird allerdings die Auswahl der Redner und Rednerinnen. Darunter hätten sich auch Stimmen befunden, die das derzeitige Wirtschaftssystem, das heißt den neoliberalen Kapitalismus, kritisieren, und Befürworter verschiedener Ansätze wie zum Beispiel der „Doughnut-Ökonomie“, die darauf abzielt, die Einhaltung verschiedener planetarischer Grenzwerte, nicht nur, aber auch der Treibhausgasemissionen, zu messen und zu garantieren und gleichzeitig suffiziente Lebensstandards für alle zu gewährleisten.
 
 

Potenzial vorhanden

 
Bei aller Kritik ist die Bewegung der Meinung, dass die Sustainability Days durchaus das Potenzial haben, das Bewusstsein für dieses wichtige Thema zu schärfen und zu einem Forum zu werden, in dem innovative Ideen und neue Ansätze ausgetauscht werden können. Dieses Potenzial könnte besser genutzt werden, wenn die im Bereich der Nachhaltigkeit tätigen Organisationen stärker einbezogen würden und bereits in der Planungsphase der Veranstaltung einen Beitrag leisten könnten. Die Kritik an den fehlenden Mitteln sei allerdings bereits wahrgenommen worden. So habe der Landeshauptmann angekündigt, dass im nächsten Jahr eine entsprechende Änderung erfolgen werde.
 

Weitere Verschandelungen

 

Besorgt zeigt sich XR, trotz einiger guter Eindrücke, welche die Veranstaltung hinterlassen hat, über die Zukunft. „Trentino-Südtirol schützt die Ökosysteme unserer Alpen nicht, sondern hält im Gegenteil den absoluten Rekord beim Anstieg des Bodenverbrauchs in den Gebirgsregionen im Jahr 2019. Trotz des europäischen Ziels, keinen zusätzlichen Boden zu verbrauchen, wurden in Südtirol über 50 Hektar Boden mehr verbraucht als im Jahr 2018. Und auch im letzten Jahr ist der Bodenverbrauch um dieselbe Größenordnung weiter angestiegen. Die Provinz fördert weiterhin die wirtschaftliche Attraktivität von Skianlagen durch die Finanzierung von Beschneiungsanlagen, auch dort, wo kaum Schnee fällt“, schreibt die Bewegung und verweist weiters auf die „hemmungslose Bauspekulation durch den Unternehmer Benko“ in Bozen. Befürchtet wird zudem eine weitere Verschandelung des Berggebiets durch neue Infrastrukturen im Hinblick auf die Olympischen Spiele 2026 in Mailand-Cortina. „Wir glauben, dass man sich massenhaft den Klimabewegungen anschließen und gewaltfreien zivilen Ungehorsam leisten müsste, um einen echten Wendepunkt zu erreichen“, betont XR mit Verweis auf die Aktivistin Bradbrook.
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Am Pere Mo., 12.09.2022 - 10:23

Nein, da will doch glatt jemand dem armen Kompatscher sein vom Steuerzahler finanziertes Spektakel vermiesen. So was aber auch!

Mo., 12.09.2022 - 10:23 Permalink
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Salto User
Sepp.Bacher Mo., 12.09.2022 - 10:58

Dieser wenn auch saften Kritik kann man sich vorbehaltlos anschließen. Solange in erster Linie wichtig ist, um Turisten zu werben und die Wirtschaft auf "immer mehr" eingstellt ist, können die gestellten Nachhaltigkeitziele nicht erreicht werden.
Wir brauchen weniger Hotels mit 4 oder 5 Sternen mit teuren und Energie-fressenden Wellnessanlagen, und überhaupt weniger Verkehr; auch Durchzugsverkehr. Die Politik und Verwaltung müssen in mehreren Bereichen Hindernisse und Bremsen einbauen, anstatt alles durchzuwinken und so viel Geld in den Straßenausbau zu stecken!

Mo., 12.09.2022 - 10:58 Permalink
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M A Mo., 12.09.2022 - 11:57

Mit diesem Geld hätte man sehr schöne Brücken für die beiden Überführungen der Staatsstraße für den Fleimstalradweg in Kalditsch bauen können, die schon seit längerem "in Planung" sein sollen...
Aber bevor nicht "alle" Straßen und Parkplätze gebaut sind, werden wir das nicht mehr erleben...?

Mo., 12.09.2022 - 11:57 Permalink