Wahltag ist Zahltag
Schule ist die Hölle. Also die erste Woche. Der Tuschkasten muss aufgefüllt werden, neuer Einband besorgt, die zerschlissenen Hauspantoffeln ersetzt. Heutzutage ist man gottlob organisiert. Die Lehrerin hat beim Hintertoler eine Art Hochzeitsliste mit ihren Wunschmaterialien deponiert und der Hintertoler hat entsprechend eingekauft: Ringhefte mit rechtsdrehender Spirale; um Mitternacht bei Vollmond mit der Hand geschöpftes Recyclingpapier; Bleistifte, aus FSC-zertifiziertem Holz hergestellt, also kein Holz aus illegalem Handel, keine Menschenrechtsverletzungen, kein gentechnisch verändertes Holz, kein schützenswertes Holz, kein Holz aus schützenswerten Wäldern … Sapperlot habe ich mir gedacht, wenn jetzt noch „lokaler Kreislauf“ auf der Liste der Bedingungen steht, kommt nur mehr Vaia-Holz für so einen Bleistift in Frage. Erschreckt musste ich dann feststellen, dass kein Südtiroler Holz in den Genuss des Forest-Stewardship-Council-Siegels kommen kann, weil die letzte Bedingung für eine umweltgerechte, sozialverträgliche und wirtschaftliche Waldwirtschaft unmöglich zu erfüllen ist: Keine sozialen Konflikte. Was?! Südtirol ist ein Land ohne soziale Konflikte, glauben Sie? Wo leben Sie denn!?
Hören Sie sich mal beim Hoteliers- und Gastwirteverband um, was die von der unlauteren Konkurrenz durch den „Urlaub auf dem Bauernhof“ so denken? Da wird Gift und Galle gespuckt. Zu Recht finde ich. Des Pudels Kern findet sich in einem Satz in der Kurzinformation, die der Südtiroler Bauernbund seinen Mitgliedern als Handreichung reicht: „Für die Einkommenssteuer gilt ein pauschaler Abzug von 75% von den getätigten Umsätzen und für die Mehrwertsteuer ein Abzug von 50%“ und macht dann folgende Rechnung auf:
5.253,60 Euro für das Staatssäckl bei 40.000 Euro Umsatz [Pfeifen Emoji]. Muss ja etwas Geld für den SBB-Mitgliedsbeitrag und das Marketingpaket für die „Anzeige im Internet unter www.roterhahn.it, www.gallorosso.it, www.redrooster.it, www.rodehaan.it, www.roterhahn.cz bzw. www.roterhahn.pl (5.000 Besucher täglich)“ übrig bleiben. Frag mal das Rückgrat unserer Hotelerie, den Besitzer einer Drei-Sterne-Bude, was er so an Vater Staat löhnen muss?
Jetzt verstehe ich auch, warum unsere Bergbauern - und vergessen wir nicht, dass ganz Südtirol als Berggebiet eingestuft ist, ergo die Hagelnetz-Landwirte von Salurn bis Mals sich auch Bergbauern schimpfen dürfen - auf dem Papier kurz vor dem Hungertod stehen. Warum laut dem Darth Rinner vom SBB landwirtschaftliche Betriebe mit einer Mehrwertsteuernummer nur 44 Millionen (2015 ) an Steuern abgeführt haben, aber beispielsweise letztes Jahr (so wie jedes Jahr) von den Landesämtern für Landwirtschaft über 110 Millionen an Subventionen ausbezahlt wurden: Klar, laut Steuererklärung vegetieren alle unter der Armutsgrenze. Diesen Menschen muss geholfen werden. Da ist sozialer Zündstoff drinnen, wenn sie ihre Hektar mit Stangenobst oder Eigenjagd verkaufen müssten - und der UaB, vor allem jener mit Streichelzoo statt Großvieheinheiten, ist das Heilmittel dazu.
Subventionsabgreifer
Laut dem Landesinstitut für Statistik ASTAT ist die Zahl der UaB-Höfe von 1.903 im Jahr 2001 mit 16.529 Betten auf 2.918 im Jahr 2021 mit 26.233 Betten explodiert, während im selben 20-Jahre-Zeitraum die Gastgewerblichen Betriebe von 3902 auf 3088 gesunken sind. Laut den Erbsenzählern des Landes hat das Gastgewerbe zum Jahresende - ohne die Nachmeldungen der letzten 6 Monate - 199 Betten weniger als vor 20 Jahren. Soviel Unternehmergeist seitens der Bauern sollte mit weiteren 300 Euro pro Kuh als Energiebonus belohnt werden. Und weil wir schon dabei sind, 300 Euro für jede Großkiste vergifteter Schneewittchen-Äpfel dazu. So ein Eingang auf dem Konto wird den Bauern gar nicht auffallen. Vermischt sich mit den Geldspritzen aus dem Füllhorn der EU-Gelder. Zum einen der Europäische Garantiefonds für die Landwirtschaft (EGFL), mit dem Direktzahlungen an die Bauern und Marktregulierungsmaßnahmen finanziert werden, dann der Europäische Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER), mit dem Programme der Mitgliedsstaaten kofinanziert werden. Auf der Website der AGEA - Agenzia per le Erogazione in Agricoltura findet sich italienweit an vierter Stelle mit 16.051.372,84 Euro - genau - VOG - Verband der Südtiroler Obstgenossenschaften, hart verfolgt von VI.P - Verband der Vinschgauer Produzenten für Obst und Gemüse mit 13.588.841,27 Euro. Da sind die 1,35 Millionen EU-Kohle für die Bergmilch Südtirol nur Peanuts. Allerdings ist die Suche etwas mühsam. Einfacher ist es auf der Internetseite Zahlungen aus den landwirtschaftlichen ELER und EGFL Fonds der Südtiroler Landesverwaltung. Da finden Sie aber nur die kleinen Fische für ca. 3,2 Millionen Euro - die sind allerdings um einiges interessanter. Sie müssen mal die 67.674 Einträge nach den Namen der Bauernfraktion des Südtiroler Landtages durchsuchen. Da tauchen die Handaufheber dann alle auf: Von den zehn Ausgleichszahlungen, Betriebsprämien und Agrarumwelt- und Klimamaßnahmen für 26.507,02 Euro der Skandalnudel um die Wengener Mikrowohnbauzonen, bis zu dem, dessen Name ich niemals nenne - sie wissen schon, der Bergapfelbauer, der seit April irgendwo zwischen dem blauen Andreas und dem Chalet-Bauer aus Freienfeld die Hinterbank wärmt. Da sag noch einer, es sei nicht von Vorteil Angestellter des Bauernbundes in politischem Wartestand zu sein. Da weiß man wo die Marmeladegläser so rumstehen.
Privilegienritter
Dass manche ihre Erbhöfe nur mit Nebenerwerb und Herzblut weiter bringen ist bewundernswert und ich sage offen, dass ich keine Lust hätte, morgens um 6 Uhr Kuahtuttn zu melchen. Was mich aber total wurmt, ist, dass unter dem Hut des „Wir-produzieren-Lebensmittel“, ob Papierbauer im Überetsch oder „Extremer“ in Rabenstein alle gleich wenig - also fast überhaupt nicht - an der Finanzierung des Gemeinwohls teilnehmen. Gleichzeitig qualifiziert diese Perversion dazu, Beiträge abzuschöpfen und in anderen Erwerbszweigen zu wildern. Ich werde mich gegen dieses System jetzt wehren und die oben erwähnte Bergmilch ist das Stichwort dazu.
Wenn ich das nächste mal beim Hintertoler meine Halbfette kaufe, werde ich ihm - gleiches Recht für alle - auch nur 50% Märchensteuer für seine Südtiroler Landwirtschaftsprodukte zahlen. Boah, der wird Augen machen. Moooment! Geht ja gar nicht. Ich kaufe ja seit Jahren keine Lebensmittel mehr, die in Südtirol produziert wurden. Alla faccia del chilometro zero kommt meine Milch aus dem Salzburgischen und die Butter wird irgendwo in der Nähe von Casalecchio di Reno geschlagen. Vinschger Marillen lasse ich links liegen und Kekse vom Ritten ersetze ich mit Manner-Schnitten. Die Plörre aus Algund taugt sowieso nur für den Rinnstein. Der Leps? Im Vergleich zu einem ordinären Barolo hat der edelste Lagrein keinen Abgang - sondern macht ihn. Die einzige Ausnahme ist original, echter Südtiroler Speck - sind eh ostdeutsche Notscher. (Ob die Piefke wissen, dass sie ihre eigenen Focken essen, wenn sie sich auf einer der Nobelalmen für 21,50 Euro ein Speckbrettl andrehen lassen)?
Lebensmittel tausende Kilometer durch Europa zu karren ist total klimaschädlich, ich weiß, aber irgendwie muss man sich gegen die Blutegelmentalität der Gülle- und Pestizidapfelindustrie wehren. Ich habe festgestellt, dass ich nicht nur am 25. September den Herrn Anwalt aus dem Pustertal abwählen kann, sondern mit meiner Brieftasche jeden Tag abstimmen. Da tut's richtig weh!
Apropos Anwalt. Ganz offensichtlich ist das Monatsgehalt, das wir dem Neffen unseres ehemaligen Landesfürsten allmonatlich überweisen nicht fürstlich genug. Wie sonst müsste er sich noch ein Zubrot verdienen. Jetzt wird es kompliziert: Er begleitet Klagen gegen die Steuerzahler, die ihm in Rom seine Knödel zahlen, damit die Schwester von einem Parteifreund billig zu einem Grund kommt, der ihr als weichende Erbin vermutlich so oder so zugestanden hätte - oder so? Die Auszahlung des Erbanteils übernehmen also Sie und ich. Und dafür bekommt der Senator ein Honorar von der Gemeinde? Kein Wunder, dass die Urbanistik nur etwas für Fachleute ist.
Und was war das Wichtigste, das wir laut Abi Plangger als Arbeitsleistung von den beiden Senatoren zurückbekommen haben? Nein, keine Kompetenzen oder so, sondern vorbestrafte Jager erhalten ihren Waffenschein zurück. Da fällt mir ein Zitat vom Roland Riz an die Adresse des wiederbestätigten Obmanns der Mutterpartei ein. Verbunden mit dem Rat, die Politik eine zeitlang sein zu lassen und sein abgebrochenes Jus-Studium zu beenden: „Es lohnt sich, als Jurist die Interessen Südtirols zu vertreten. Als Jurist siehst du die Gesellschaft ganz anders.“ Jaaa! Da siehst du den Unterschied zwischen Recht und Gerechtigkeit viel genauer. Zwischen dem was moralisch verwerflich, aber rechtlich in Ordnung ist. Da hat man ein Werkzeug, um alle Ethik über den Haufen zu werfen, um auch das letzte urbanistische Schlupfloch zu nutzen. Da… Ich schweife ab.
Beitragsschnorrer
Das Zitat des 95-jährigen Alt-Obmanns ist übrigens auf der Website der Medienkrake zu lesen, die ich eigens für diese Schreibe angeklickt habe. Mache ich sonst nie. Und schon gar nicht unterstütze ich das Clickbaiting zwischen den Portalen des Monopolisten. Sollten Sie nicht wissen was das ist, gibt's eine längeren Erklärung auf Wikipedia, mit folgender Zusammenfassung: „Clickbaits dienen dem Zweck, höhere Zugriffszahlen und damit unter anderem mehr Werbeeinnahmen durch Internetwerbung oder eine größere Markenbekanntheit der Zielseite bzw. des Autors zu erzielen.“ Ich schneide auch die Bücherläden, die Reisebüros, das Skigebiet, das Hotel ... der The Bros. Mein Portemonnaie bekommt jedes mal einen Orgasmus. Eine der größten Genugtuungen der letzten Jahre war, das Abo meiner verstorbenen Mutter für das Kasblatt der Südtiroler zu kündigen. Stimmt nicht. Noch mehr Befriedigung hatte ich, als ich mich gegen meine Brüder durchsetzte keine Todesanzeige zu schalten. Vor allem weil die Todesanzeigen das erste - wenn nicht das einzige - war, das meine Mama gelesen hat. Meine Mama hatte es nicht so mit dem Lesen. Es ist nicht vermessen zu sagen, dass das einzige Buch, worin sie gelesen hat, das Gotteslob war. Als römisch-katholisches Kirchenweibele war sie selbstredend stramme SVP-Wählerin. - Ich habe ihr einen schönen Partezettel gestaltet, zwanzig mal fotokopiert und versehen mit dem Gemeindestempel im ganzen Dorf plakatiert. Selten hatte eine Beerdigung so viele Teilnehmer - weil wesentlich mehr zum Hintertoler einkaufen und beim Bruggenwirt ein Glaggele heben gehen, als in der Zeitung nachzulesen wie viele Gefallene die Pamper- und Goasfront letzte Nacht produziert hat.
Ich finde der Schulterschluss zwischen den Christlichen Brüdern vom Weinbergweg und den Der-Wolf-muss-weg-Schreiern übrigens äußerst gelungen. Deren Nie-genug-Mentalität ergänzt sich wunderbar - hinsichtlich Boykottmaßnahmen meine ich. Wenn sie beim nächsten Einkauf auch die Hälfte der IVA einbehalten, dürfen Sie sich als Belohnung ein Exemplar des Jagdblattes gratis mitnehmen. Haben Sie nämlich schon bezahlt. Jetzt mache ich mal eine Rechnung auf: Der Verlustbeitrag des „Ufficio per il sostegno all'editoria" im Jahr 2020 an die bestigtschte und auflagenstärkste und überhaupt Zeitung betrug 6.176.996,03 Euro. Laut ASTAT zählte Südtirol am 31.12.2021 insgesamt 535.774 Einwohner. Bei einem Preis von 1,60 Euro hat jeder Südtiroler inklusive der Kleinkinder, die noch nicht lesen können, der Senioren, die wegen schlechter Augen oder Demenz nicht mehr lesen wollen und der sechs Prozent Bauern, die sich wie gesagt steuerrechtlich nur marginal an der Finanzierung ihrer Haus- und Hofpostille beteiligen, sieben Exemplare frei. Nehmen Sie die Zeitung mit, auch wenn Sie sie nicht lesen. Taugt prima zum Anfeuern. Ach, ihr Kondominum heizt mit Gas? Sie werden im kommenden Winter einen weiterern Pullover überziehen, um der Gasrechnung von Alperia oder SELGAS etwas entgegensetzen zu können? Kein Windwurf in ihrem Wald, den sie in den Holzofen schieben könnten? Ich sag Ihnen was. Das Holz taugt eh nichts, nicht mal für Bleistifte. Ist wegen der zu erwartenden sozialen Konflikte auch nicht FSC-zertifiziert.
Goggel Totsch die Beste!!!
Goggel Totsch die Beste!!!
Goggel totsch das Beste!
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