Das politische Erdbeben bleibt aus
Offizielles Wahlergebnis: ÖVP 34,7% (-9,6%), FPÖ 18,8% (+3,3%), SPÖ 17,5% (+0,2%), FRITZ 9,9% (+4,4%), Grüne 9,2% (-1,5%), Neos 6,3% (+1,1%), MFG 2,8% (+2,8%), Sonstige 0,8%.
Das Debakel für die Tiroler ÖVP hatte sich abgezeichnet. Noch-Landeshauptmann Günther Platter kündigte im Frühjahr überraschend seinen Rückzug aus der Politik an. Zu allem Überdruss entschied er sich für Neuwahlen Ende September. Damit ließ er seinem Nachfolger als Landesparteiobmann, dem Wirtschaftslandesrat Anton Mattle kaum Zeit, sich als Spitzenkandidat zu profilieren. Dazu kam auch noch eine Reihe von Störfeuern aus den eigenen Reihen.
So machte Christoph Walser, seines Zeichens Präsident der Tiroler Wirtschaftskammer, kein Geheimnis daraus, dass er sich für den besseren Nachfolger als Landeshauptmann hält. Der oft laut polternde Zillertaler Seilbahnunternehmer Franz Hörl wurde vergangenen Sonntag vom österreichischen Fernsehen interviewt und meinte vollmundig, dass die „Leute gerade in schwierigen Zeiten keine Experimente wollen. Wir (die Tiroler ÖVP, Anm.) regieren seit dem 2. Weltkrieg dieses Land. Uns gehört die TIWAG, uns gehört die Wohnbauförderung, uns gehört die Hypo-Bank.“ (Alle drei Unternehmen befinden sich zu 100 Prozent im Besitz des Landes Tirol, Anm.)
Auch sonst ließ die ÖVP kein Fettnäpfchen aus. Die Tiroler Jungbauern kassierten über 800.000 Euro Coronaförderungen, obwohl Parteien und deren Teilorganisationen davon ausgeschlossen waren. Zuletzt wurde zwar argumentiert, dass die Gelder in Wahrheit der parteiunabhängigen Schwesterorganisation Landjugend zugutekamen. Doch die breite Medienberichterstattung verstärkte nur das Bild der saturierten Politelite, die öffentliches Gut als ihr Eigentum betrachtet und sich die laufenden Kosten durch staatliche Fördertöpfe abgelten lässt.
Mit (laut erster Hochrechnung) über einem Drittel der Wählerstimmen kann sich die ÖVP den Regierungspartner in Tirol aussuchen. Die Koalition mit den Grünen, die auch Stimmen verloren haben) geht sich nicht mehr aus. Da der ÖVP-Spitzenkandidat Anton Mattle im Wahlkampf eine Koalition mit der FPÖ kategorisch ausgeschlossen und die oppositionelle SPÖ sich der ÖVP als Juniorpartner angedient hat, spricht aus Sicht des frühen Wahlabends alles für eine ÖVP-SPÖ Koalition.
Der Wahlausgang in Tirol sorgt auch für Erleichterung im restlichen (ÖVP-)Österreich. Die nächsten Wahlen gibt es Anfang 2023 in Niederösterreich. Auch dort sahen die Meinungsumfragen für die alleinregierende ÖVP zuletzt sehr schlecht aus. Schließlich gewinnt auch der seit längerem angezählte ÖVP-Bundeskanzler Karl Nehammer wieder an Boden. Zuletzt waren schon konkrete Namen für seine Nachfolge genannt worden. (Markus A. Gaßner, 25. September 2022)
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Artikel um das offiziellen Wahlergebnis aktualisiert.