forst-joe-der-film-premiere-01.jpg
Foto: freiundzeit
Gesellschaft | Kurios

Red Carpet mit Löchern?

Bei der exklusiven Premiere des Südtiroler Comedy-Streifens „Joe, der Film“ spielte man Hollywood. Die angebliche Spendenbereitschaft wirft aber unbequeme Fragen auf.
Es sollte der ganz große Auftritt werden.
Am vergangenen Freitag feierte der Südtiroler Comedy-Spielfilm eine exklusive Premiere. Die Filmemacher haben sich als Sponsoren und Medienpartner zwei renommierte Südtiroler Monopolisten ausgesucht: Athesia und die Bierbrauerei Forst.
Dort ging am Freitag Abend dann auch ein Hauch von Hollywood über die Bühne. (Fast) alles, was in Südtirol Rang und Namen zu haben scheint, konnte über den roten Teppich flanieren. Ganz Hollywood-like stand dabei auch ein Fotograf zur Stelle, der „das Who’s Who der Südtiroler Wirtschaft und Gesellschaft“ (ff) abgelichtet hat.
Die Aufnahmen kann man seit Tagen in den verschiedensten Medien über der Wahrnehmungsgrenze bewundern. Von STOL über die Dolomiten und die Sonntagszeitung Zett bis zum kritischen Wochenmagazin ff.
 
Aber lassen wir die Sponsoren dieser Südtiroler Oscar-Nacht selbst zu Wort kommen. In der offiziellen Presseaussendung heißt es:
 
Der heutige Tag ist ein ganz besonderer für Südtirols Filmwelt: „Joe der Film“, der erste Südtiroler Comedy-Spielfilm, feiert in der Spezialbierbrauerei Forst vor rund 300 geladenen Gästen große Premiere. Couragiertes, kulturelles Geschehen und soziales Engagement sind der Brauerei FORST seit jeher ein großes Anliegen. Im dafür eigens entstandenen Kinosaal, liebevoll und lustig „Forster Spezialbier-Schauerei“ genannt, erfolgte der offizielle Teil der Premiere. Gastgeberin Cellina von Mannstein, Produzent Markus Frings und die Hauptdarsteller und Mitproduzenten Thomas Hochkofler und Lukas Lobis stellen das Filmprojekt vor. Den Premierenabend selbst sollen die Gäste der Spezialbier-Brauerei Forst jedenfalls noch lange in Erinnerung behalten – ist es doch ein bisher einmaliges Erlebnis in der Südtiroler Filmwelt. „Der Mut, den man haben muss, um ein solches Projekt anzugehen und umzusetzen, muss belohnt werden“, ist Cellina von Mannstein überzeugt. „Von Anfang an waren wir vom Engagement begeistert, welches alle Beteiligten für dieses Herzensprojekt, ihres ersten Südtiroler Comedy-Spielfilm, an den Tag legten.“ Die Spezialbierbrauerei Forst unterstützte das Filmprojekt als „Premiumsponsor“ daher bereits von Anfang an.
Damit aber noch nicht genug: Cellina von Mannstein war es ein enormes Anliegen eine Brücke zwischen Comedy und Solidarität zu schaffen. Somit rückte dieser einzigartige Premierenabend ganz ins Licht der Wohltätigkeit und so konnte, dank der enormen Großzügigkeit der geladenen Gäste, die erstaunliche Summe von €109.950 gesammelt werden. Dem Vizepräsidenten der Hilfsorganisation „Südtirol hilft“ Leopold Kager wurde ein symbolischer Scheck überreicht, welchen er dankend entgegennahm. „Umso schöner, wenn Comedy und Solidarität ‚Made in Südtirol‘ so erfolgreich aufeinandertreffen. Das ist der Stoff, aus dem Träume sind. Ein schöneres Happy End könnte es nicht geben.“ schließt Cellina von Mannstein Dank zollend ab.
 
 
 
 
Comedy und Solidarität ‚Made in Südtirol’, ein Stoff, aus dem die Träume sind und ein Happy End.
Fast muss man vor lauter Rührung ein Taschentuch in die Hand nehmen. Dass die Schönen und Reichen auch an jene denken, die nicht im Licht stehen, ist ein wunderschönes Südtiroler Märchen, das der Spezialbrauerei nicht nur seitenweise Gratiswerbung einbringt, sondern selbst den neidlosen Respekt aller Nicht-(Forst)Biertrinker einfordert.
 
Ein wunderschönes Südtiroler Märchen, das der Spezialbrauerei nicht nur seitenweise Gratiswerbung einbringt, sondern selbst den neidlosen Respekt aller Nicht-(Forst)Biertrinker einfordert.
 
Schaut man allerdings kurz hinter die Kulissen, so dürfte der Red Carpet einige Risse bekommen.
Denn in den Jubelberichten über „das Event des Jahres“ (ff) werden einige entscheidende Details unterschlagen.
Wer die exklusive Premiere besuchen wollte, brauchte eine exklusive Einladung. Diese Einladung schaut so aus.
 
 
 
 
Das Joe der Film-Chromfelgen-Paket im Wert von 2.500 Euro beinhaltet zwei exklusive Premierentickets“, heißt es in der Einladung. Und vor allem. „Mit der Teilnahme an der Filmpremiere von Joe der Film tragen Sie zur Hilfe für Südtiroler in Not bei, da dieser Betrag zur Gänze an die Organisation „Südtirol hilft“ gespendet wird“.
 
"Putteggn!", würde Joe da wohl sagen.
Gestern habe ich meinen Rechenschieber herausgeholt: 109.950€ : 2.500€ = 43,98. Also haben 43,98 Paare oder 87,96 Einzelpersonen an diesem Abend gezahlt.
0,96? Waren da auch ein paar Halbe dabei?
Putteggn!, würde Joe da wohl sagen.
Aber wahrscheinlich hat jemand einen Skonto bekommen. Oder eine Lady hat noch ein Trinkgeld auf die Chromfelgen hinaufgelegt. Vielleicht muss man aber auch nur die Überweisungsgebühren der Raiffeisenkasse abrechnen.
Aber so ganz geht die Rechnung auch dann nicht auf. 300 geladene Gäste mal 1.250 Euro, das wären laut Adam Riese 375.000 Euro.
 
 
 
So ein Blödsinn.
Es ist doch klar, dass nicht alle Normalsterblichen ein halbes Monatsgehalt hinblättern können -  selbst für einen Südtiroler Heimatfilm nicht. Deshalb zählen wir die Schauspieler, die Filmcrew und die Sponsoren einfach weg. Dann sind da noch die Politiker, die Freiwilds und die ausgewählten Journalisten und Journalistinnen. (Um ja keine Missverständnisse aufkommen zu lassen: Auch Salto war eingeladen. Weil wir den Black Tie aber gerade in der Putzerei hatten, ist es sich nicht ausgegangen).
Aber zurück zur Rechnung. 
Lassen sie uns großzügig sein. Alles in allem rechnen wir 150 Leute, die den Abend ohne amtliches 2.500-Euro-Chromfelgen-Paket  genießen durften.
Damit bleiben aber immer noch 150 zahlende Premierengäste. Dann aber kommt doch ein ganz andere Summe an Spendengeldern heraus. Sicher: Auch der Kaviar und der Krimsekt für die Filmpremiere müssen bezahlt werden.
Nur muss man sich dann fragen: Wo ist der edle Beitrag der so großzügigen Spezialbrauerei? Beschränkt sich das Licht der Wohltätigkeit auf das Sponsoring eines kommerziellen Kinoprojekts und die Zufügung-Stellung der Räume für die Erstaufführung?
Von den Großen kann man lernen, wie man viel Gewinn mit wenig Einsatz macht.
Von den Großen kann man lernen, wie man viel Gewinn mit wenig Einsatz macht.
 
Du versteasch en Cazzo“, höre ich den Joe von Afing schon sagen, „do isch a Fahler auf der Einladung“.
Es sollte dort wahrscheinlich heißen: „Mit der Teilnahme an der Filmpremiere von Joe der Film tragen Sie zur Hälfte für Südtiroler in Not bei.“ 
Solbei!