Der Chefredakteur des Tagblattes von Giorgia Meloni, Toni Ebner, reibt sich seine Augen. Warum? Über den angeblichen Dilettantismus des Landeshauptmannes, des SVP-Obmannes – der nun in Ungnade gefallen ist - und den gewählten SVP-Parlamentariern Julia Unterberger, Manfred Schullian und Dieter Steger. Sie haben sich erdreistet, ohne Genehmigung des Medien-Unternehmens Athesia, eine ablehnende Haltung gegen die wahrscheinliche Regierung Meloni und ihrem rechtsrechten Bündnis einzunehmen.
Es ist erstaunlich, was der Chefredakteur des Blattes Dolomiten alles weiß. Nur sechs Prozent der Meloni-Wähler seien traditionell faschistisch, die übergroße Mehrheit habe mit dem Faschismus nichts am Hut. Diese übergroße Mehrheit wolle nur eine politische Änderung, damit der auf Grund gelaufene italienische Staat wieder flott gemacht werde. „
Milano finanza“ stellt fest, die WählerInnen für Rechtsrecht hätten die alte Kaste wiedergewählt.
Im „Spiegel“-Interview sagte der ehemalige Ministerpräsident und Präsident der EU-Kommission, Romano Prodi, über Meloni, „ihre Losung `Gott, Familie, Vater´ ist ein zu eins Mussolini“. Diese Losung brüllte sie auf einer Veranstaltung der
spanischen Vox laut heraus, eine Partei der Neo-Frankisten, krude Post- oder Neofaschisten.
Wer ist Prodi, wird sich Toni Ebner denken? Er behauptet, dass sich eine Ministerpräsidentin Meloni keine faschistische Politik leisten könne. Beruhigend. „Ob die neue Regierung für die Interessen Südtirols gut oder schlecht ist, kann erst festgestellt werden, wenn die Koalition um Giorgia Meloni das Regierungsprogramm vorlegt,“ philosophiert Chefredakteur Ebner und kanzelt die erwähnten SVP-Politiker mit seiner Analyse ab, dass es der falsche Weg sei, wenn einzelne SVP-PolitikerInnen für den schnellen Applaus ihrer Klientel die künftige Regierung brüskierten. Welche Interessen bewegen Ebner und seine gehätschelten einzelnen SVP-Politikerinnen wie Meinhard Durnwalder, Renate Gebhard und Herbert Dorfmann, die für das „politische Schleimen“ mit den rechtsrechten Wahlsiegern in der SVP werben?
Welche Interessen bewegen Ebner und seine gehätschelten einzelnen SVP-Politikerinnen wie Meinhard Durnwalder, Renate Gebhard und Herbert Dorfmann, die für das „politische Schleimen“ mit den rechtsrechten Wahlsiegern in der SVP werben?
Toni Ebner sieht die dramatische Gefahr aufziehen, dass die Lega aus der Landesregierung ausziehe, weil „einzelne SVP-PolitikerInnen“ gegenüber Meloni sich völlig unverständlich, kurzsichtig verhielten und so das Land in die Sackgasse führten.
Das Tagblatt der Fratelli geht aber davon aus, dass das letzte Wort in der Frage noch nicht gesprochen ist. Das schmeckt nach einer deutlichen Aufforderung aus dem Weinbergweg in die Brennerstraße, die „einzelnen PolitikerInnen“ zurückzupfeifen. Auf Wunsch von Toni Ebner und auch seines Bruders, Michl Ebner, Präsident der Handelskammer. Toni Ebner erhebt sich gar zum Siegelverwalter der SVP und erinnert daran, dass über die Koalitionsfragen in Bozen und in Rom „sicher nicht Abgeordnete mit dem Parteiobmann und dem Landeshauptmann allein bestimmen“. Nein, das macht der Weinbergweg, der also gar empfiehlt, eine Koalition mit den siegreichen Rechten in Rom einzugehen.
Hoffentlich rotiert bei diesem unsäglichen politischen Anbiedern der Athesia-Übervater in seinem Grab, Kanonikus Michael Gamper.
Das schmeckt nach einer deutlichen Aufforderung aus dem Weinbergweg in die Brennerstraße, die „einzelnen PolitikerInnen“ zurückzupfeifen. Auf Wunsch von Toni Ebner und auch seines Bruders, Michl Ebner, Präsident der Handelskammer.
Im Tagesrythmus haut die Tageszeitung Dolomiten ihre Empfehlungen an die SVP hinaus. Vor den Parlamentswahlen durfte Meloni auf einer ganzen Seite für ihre Fratelli werben. Unverhohlen kündigte sie an, dass die Autonomie sich „
ins Gesamtspektrum der nationalen Einheit“ eingliedern müsse. Es gebe Bereiche von strategischem Interesse, ergänzte Meloni, von der Infrastruktur bis hin zur Energie. Südtirol müsse diese der Führung der Zentralregierung überlassen, warb Meloni
für die Beschneidung der Südtirol-Autonomie. Spätestens hier wird sich wohl Toni Ebner sen. – hoffentlich - für seine Nachfolger erbrechen.
Nochmals Romano Prodi im „Spiegel“, sie – Meloni - sei ganz sicher nicht konservativ. Wenn er sich die politische Tradition der Meloni anschaut, „dann macht mir das große Sorgen“, sagte Prodi. Ein „linker“ Christdemokrat, vergleichbar mit dem ehemaligen CDU-Politiker und Arbeitsminister Norbert Blüm. Nicht links, Fehlanzeige.
Toni Ebner reiht sich ein in die Phalanx von HistorikerInnen und Polit-WissenschaftlerInnen, hier wie anderswo in Italien, die von der ideologischen Reinwaschung der Meloni schwafeln. Wenn die Freiheitlichen in Österreich rechtsradikal sind, stellt die erwähnte Phalanx fest, und die AfD Neo-Nazis, sind Giorgia Meloni und ihre Fratelli Post- bzw. Neofaschisten. Aber, um Toni Ebner zu zitierten, keine Angst,
Meloni ist keine Faschistin. Wie tönte
Meloni 2015 anlässlich des italienischen Kriegsbeitritts damals vor 100 Jahren? Pro-österreichische Südtiroler sollten Italien verlassen, nach Österreich auswandern.
Der Statthalter von Meloni in Südtirol, der in Vicenza in die Abgeordnetenkammer gewählte Alessandro Urzi´, demonstrierte auf facebook seine Geisteshaltung. Die deutschsprachige Rai fördere »ideologischen Terrorismus«. „Hinter der Betonung, dass er nicht in Südtirol gewählt wurde, vermutet er einer Vorgabe der SVP, weshalb Urzì zudem von einem „Propagandasystem“ nach DDR-Muster und gar von einem „Einschüchterungsversuch“ der Rai faselt, die ihm nichts weniger als den Wohnsitz streitig mache,“ fasst
Simon Constantini die Attacke des ehemaligen Landtagsabgeordneten zusammen. „Wenn die Stellungnahme von Urzì ein Vorgeschmack auf die kommende Regierungszeit ist, die ja noch gar nicht begonnen hat, können wir uns auf einiges gefasst machen,“ warnt Constantini.
Der Statthalter von Meloni in Südtirol, der in Vicenza in die Abgeordnetenkammer gewählte Alessandro Urzi´, demonstrierte auf facebook seine Geisteshaltung. Die deutschsprachige Rai fördere »ideologischen Terrorismus«.
Das scheint die konservativen Freunde im Edelweiß nicht sonderlich zu berühren. Toni Ebner zitiert hingegen die Bedenken von Renate Gebhard und Meinhard Durnwalder gegen eine Ablehnung der zukünftigen Regierung Meloni. Durnwalder pflegt beste Beziehungen zur Lega, wie sein Onkel Luis es auch tat. Tage vorher durfte sich im Tagblatt SVP-Europaparlamentarier Herbert Dorfmann über die regierungskritische Linie seiner Parteispitze auslassen.
Die Haltung von Dorfmann ist kohärent. Er wurde bei den letzten Europawahlen im Bündnis mit Forza Italia gewählt. Die Berlusconi-Partei, zwar gehörig geschrumpft, ist Teil des rechtsrechten Wahlbündnisses von Meloni. Dorfmann will wieder gewählt werden, analysierte salto, deshalb sein Werben zumindest für eine Stimmenthaltung bei der Wahl der Regierung Meloni im Parlament.
Offensichtlich plagen Dorfmann keine Bedenken, der rechtsrechten Meloni-Regierung einen Blankoscheck auszustellen. Meloni zählt in der EU zu den Fans des ungarischen rechtsradikalen Viktor Orban, trotz Brüsseler Milliarden EU-Feind und trotz NATO-Mitgliedschaft Freund des russischen Kriegspräsidenten Putin.
Dorfmann kritisierte die Fuen, die europäische Dachorganisation der sprachlichen und nationalen Minderheiten, weil sie sich von Ungarn sponsoren lässt. Es dürfe nicht verwundern, sagt Dorfmann, wenn der Fuen-Präsident Vincze Lorant (Angehöriger der ungarischen Minderheit in Rumänen) auf dem Fuen-Kongress eine ungarnkritische Resolution verhindert. Er hänge am Gängelband von Orban.
Der illiberale Nationalist Orban zählte zu den ersten Gratulanten aus der europäischen Anti-EU-Rechten, der Meloni zum Wahlsieg das Beste wünschte. Herbert Dorfmann, gegen Orban, aber für Meloni?
Gespräche der Landesregierung mit der italienischen Regierung, auf Augenhöhe. Ohne Konsulenz aus dem Weinbergweg.
Trotz der Meloni kritischen Haltung der SVP-Spitze kontaktierte der Meloni-Schwager und
südtirolbesessene Francesco Lollobrigida, Fraktionschef der Fratelli, bereits die SVP. Direkt, nicht auf dem Umweg über die Tageszeitung Dolomiten.
Und Urzi´, möglicherweise Unterstaatssekretär für Südtirol oder gar Regionenminister, zeigte sich erfreut darüber, dass SVP-Obmann Philipp Achammer mit der Regierung Meloni das Gespräch suchen wird. Das wurde bisher immer so gehandhabt. Gespräche der Landesregierung mit der italienischen Regierung, auf Augenhöhe. Ohne Konsulenz aus dem Weinbergweg.