Wirtschaft | Mobilität
„Wir wollen diese Bahn!“
Foto: Salto.bz
„Wir wollen die Seilbahn unbedingt“, betonte Bürgermeister Heinrich Seppi in der Tennishalle von Meransen. Vor rund 550 Zuschauern, die sich über das Projekt informieren wollten, warb er am vergangenen Mittwoch vehement und eindringlich um Zustimmung, nach dem Motto: „Wenn sie nicht hier gebaut wird, dann wird sie woanders gebaut. Wenn sie jetzt nicht kommt, dann kommt sie nicht mehr“. Es handelt sich dabei um ein sehr ambitioniertes Groß- und Gesamtprojekt – es geht dabei nicht nur um den Neubau der bestehenden Seilbahn, sondern auch um den Ausbau des Bahnhofes Mühlbach als Mobilitätszentrum – ein Projekt also, das mit erheblichen finanziellen Kosten verbunden ist, welche vom Land übernommen werden: rund 20 bis 25 Millionen Euro. Bevor die Landesregierung jedoch soviel Geld in die Hand nimmt, wollten sich Landeshauptmann Arno Kompatscher und Mobilitätslandesrat Daniel Alfreider versichern, dass eine überwiegende Zustimmung in der Bevölkerung vorhanden ist oder wie Kompatscher es ausdrückte: „Wir wollen euch nichts andrehen, sondern wir unterstützen euch, wenn der Wunsch danach besteht.“ Mobilitätslandesrat Daniel Alfreider betonte, dass es das erklärte Ziel sei, den Verkehr von den Pkw auf die öffentlichen Transportmittel umzulenken. Dafür sei ein besseres Angebot in Form eines Halbstunden-Taktes auf den Bahnstrecken notwendig, wofür wiederum umfangreiche Invesitionen getätigt werden müssen.
Bürgermeister Seppi stellte gleich anfangs klar, dass es an diesem Abend nicht um eine Diskussion über verschiedene Lösungsvorschläge über die Trassenführung geht, sondern ob die Bevölkerung den vorgeschlagenen Lösungsvorschlag befürwortet oder sich dagegen ausspricht. „Wir beschäftigen uns nun seit 15 Jahren damit und es ist höchst an der Zeit, dass eine praktikable und zeitnahe Lösung gefunden wird“, so Seppi, der weiters klarstellte, dass es keine Lösung geben wird, die alle zufrieden stellen wird. Die einen sind dagegen, weil die Station in Meransen nun zu weit entfernt von ihren Wohnungen ist, die anderen weil die Bahn zu nahe an ihrem Haus vorbei führt. Auch bei der Seilbahn selbst – Pendelbahn, Umlaufbahn oder 3S-Bahn – scheiden sich die Geister.
Der Lösungsvorschlag ist ein Kompromiss, der sich aus den verschiedenen Zwängen und Notwendigkeiten ergeben hat.
„Der Lösungsvorschlag ist ein Kompromiss, der sich aus den verschiedenen Zwängen und Notwendigkeiten ergeben hat“, so Seppi, der keine Zweifel daran ließ, dass, sollte sich die Bevölkerung gegen die Bahn entscheiden, diese zukünftig durch eine Buslinie ersetzt wird. Auch der Kritik, dass die neue Bahn hauptsächlich den Touristen entgegen kommt, weil die neue Bergstation direkt neben der Talstation der Gitschbergbahn geplant ist, widersprach er vehement: Die Bahn müsse allen Bedürfnissen Rechnung tragen und es profitieren sowohl die Gäste als auch die Bevölkerung.
Seilbahn Meransen
Noch bevor in den 70er Jahren eine Straße nach Meransen gebaut wurde, war das Dorf bereits mit einer Seilbahn erschlossen. Eröffnet wurde die Pendelbahn im Jahr 1957, seitdem wurden weder Ausbaumaßnahmen vorgenommen noch wurde die Kapazität erhöht. Die in die Jahre gekommene Anlage gerät besonders während der Sommermonate an ihre Kapazitätsgrenzen: Wartezeiten von rund zwei Stunden sind an der Tagesordnung. Zudem steht eine umfangreiche Revision an, wenn die Bahn noch für längere Zeit in Betrieb bleiben soll.
Bereits im Jahr 2008 hat die Gemeinde Mühlbach mit der Gitschberg AG die Idee für ein neues Seilbahnprojekt aufgegriffen. Die Trasse sollte vom bestehenden Seilbahnplatz in Mühlbach zur Talstation Gitschberg führen. Dagegen formierte sich allerdings Widerstand im Dorf und das Promotorenkommitee rund um Otto Papst organisierte ein Volksbefragung. Im September 2014 stimmten die Meransner darüber ab, ob bei einer Neuerrichtung der Seilbahn die bestehende Trasse beibehalten werden soll. Die Abstimmung ging denkbar knapp mit 256 Ja zu 244 Nein-Stimmen aus. Nachdem der heutige Seilbahnplatz von der Betreibergesellschaft Gitschberg AG verkauft wurde, haben sich jedoch die Voraussetzungen geändert: Für die ursprüngliche Trassenvariante benötigt man ein Grundstück, für dessen Abtretung laut Seppi kein Einvernehmen mit den Eigentümern gefunden werden konnte. Nach Einwänden des Landes, welches in Mühlbach ein Mobilitätszentrums vorgesehen hat, rückte auch die Verlegung der Talstation in Mühlbach in den Fokus der Planungen. Damit konnte die Vorgabe der Volksbefragung bzw. die Beibehaltung der alten Trasse nicht eingehalten werden bzw. ist „endgültig vom Tisch“, so Seppi. 2019 schließlich wurde eine neue Trasse ausgearbeitet, die als Bauleitplanänderung in der Gemeinde eingereicht wurde.
Das Projekt
„Wir wollen, dass die Tagestouristen zukünftig nicht mehr mit dem Auto nach Meransen kommen, sondern mit der Bahn“, erklärte der Mühlbacher Bürgermeister und betonte, dass das neue Verkehrskonzept auch für die einheimische Bevölkerung Vorteile bringen werde. Wie der mit dem Projekt betraute zuständige Techniker Markus Pescollderungg vom Ingenieur-Büro iPM Engineering erklärte, soll die neue Bahn vom Zugbahnhof in Mühlbach über eine weiter östlich gelegene Umlenkstation direkt bis zur Talstation der Bergbahn in Meransen führen. Die Strecke, die parallel zur Bahn bis zur Umlenkstation am östlichen Dorfrand von Mühlbach führt, ist eine „Zwangsstrecke“, die sich aus den gesetzlichen Vorgaben bzgl. der vorgeschriebenen Abstände ergibt, erklärte Pescollderungg. Die Bahn führt über Wald- und Wiesen sowie über ein Wohnhaus zur Bergstation, die unmittelbar anliegend an den Parkplatz der Bergbahnen-Talstation errichtet werden soll.
Wir wollen, dass die Tagestouristen zukünftig nicht mehr mit dem Auto nach Meransen kommen, sondern mit der Bahn.
Die Talstation in Mühlbach wird über der Zughaltestelle errichtet, sodass die Zugreisenden direkt über zwei bereits bestehende Aufzüge, die jedoch erneuert werden müssten, zu den Gondeln gelangen. Unweit davon soll der neue Busbahnhof sowie ein Kreisverkehr entstehen. Auch eine Erweiterung der Parkplätze ist angedacht, und zwar auf rund 500 Stellplätze. Der Vorteil liegt auf der Hand, erklärte Ingenieur Pescollderungg: sehr kurze Gehwege zwischen den einzelnen öffentlichen Verkehrsmitteln. Um eine bessere Erreichbarkeit der neuen Station in Meransen zu gewährleisten, soll ein zwei Meter breiter Gehweg errichtet werden, der sommers wie winters genutzt werden kann.
Diskussion
Im Anschluss an die Vorstellung des Projekts hatten die Zuhörer die Gelegenheit, Fragen zu stellen und ihre Meinung zu äußern. Die überwiegende Mehrheit – es handelte sich dabei nicht nur um Bewohner von Meransen, sondern auch aus den Nachbarfraktionen, Pendler wie Interessensvertretern von hds oder HGV – sprach sich für den Neubau der Bahn aus. Die einhellige Meinung war: „Wir wollen diese Bahn!“ Einige kritische Anmerkungen und Fragen betrafen den Trassenverlauf und den Grund, weshalb der bereits bestehende nicht beibehalten werden kann. Auch Otto Papst, der ein vehementer Kritiker einer Neutrassierung ist und seinerzeit die Volksbefragung organisiert hatte, meldete sich zu Wort bzw. wollte das Wort durch das Betreten der Bühne an sich reißen. Freundlich, aber bestimmt wurde er jedoch von Moderator Willy Vontavon zu seinem Sitzplatz komplimentiert.
Wie geht es weiter?
Zunächst müssen die urbanistische Voraussetzungen geschaffen werden bzw. die neue Trasse muss zunächst in den Gemeindeplan für Raum und Landschaft eingetragen werden. Darauf folgt ein Umwelt-Screen-Verfahren, in welchem ermittelt wird, ob eine Umweltverträglichkeits-Prüfung (UVP) erforderlich ist. Anschließend muss das Projekt erstellt und in der Gemeinde eingereicht werden. Im Anschluss an die Genehmigungsphase folgt eine Ausführungsplanung bzw. im Anschluss daran die Ausschreibung und Vergabe der Arbeiten. Wie Ingenieur Pescollderungg erklärte, müsse man erfahrungsgemäß mit rund vier Jahren rechnen.
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Die Meransner sollten nicht
Die Meransner sollten nicht nur wünschen, sondern auch zahlen!
Die Landesregierung hat in der gegenwärtigen Situation, "in der immer größere Teile der Bevölkerung das Geld für ein gesundes Essen und die Energie-Kosten nicht mehr aufbringen kann," mehr als genug andere Aufgaben!
Für den Landeshauptmann zum
Für den Landeshauptmann zum Nachlesen!
https://www.eurac.edu/de/dossiers/dossier-schnee-suedtirol-alpen#id-167…
Klingt nach orchestrierter
Klingt nach orchestrierter Jubelveranstaltung mit klarem Drehbuch um der öffentlichen Hand im Interesse der Skigesellschaft und Tourismuswirtschaft ordentlich Geld aus der Tasche zu ziehen. Das Streudorf Meransen wäre mit einer ordentlichen Busverbindung schnell, besser und zigmal kostengüstiger ans Mühlbacher Zentrum und den Mühlbacher Bahnhof anschliessbar.