Politik | Drusus Kaserne

„Evidenter Fall von Amtsmissbrauch“

Die Grünen haben eine Eingabe am Rechnungshof gemacht. Der Grund: Der Abriss des Kasernenareals in Schlanders.
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Foto: Salto.bz
Die Nacht- und Nebelaktion des Bürgermeisters von Schlanders, Dieter Pinggera, ist nun sowohl vor dem Rechnungshof als auch vor dem Strafgericht gelandet. Die Grünen haben eine Eingabe beim Rechnungshof gemacht, weil sie der Meinung sind, dass der Öffentlichkeit durch den Abriss eines Teils des Kasernenareals ein finanzieller Schaden entstanden ist. Zudem wurde auch eine Anzeige wegen Amtsmissbrauch erstattet.
Wie berichtet hat Pinggera in den frühen Morgenstunden des 5. Oktobers die Bagger in der Drusus-Kaserne auffahren lassen, die ohne Umschweife mit den Abrissarbeiten begonnen haben. Begründet wurde diese Aktion mit einer Dringlichkeitsverfügung, die eine Gefahr in Verzug sah. Kinder hätten in den baufälligen Gemäuern gespielt und auch Obdachlose hätten sich dort einquartiert. Gestoppt wurden die Arbeiten schließlich am späten Vormittag durch eine Verfügung der Landeskonservatorin Karin Dalla Torre. Zu diesem Zeitpunkt waren große Teile des Kommando-Gebäudes jedoch bereits zerstört.
 
Wir glauben, dass es neben der politischen und kulturellen Komponente auch eine rechtliche gibt, die eine Eingabe beim Rechnungshof notwendig machte.
 
Die Grünen sparten deshalb auch nicht mit Kritik an dieser Aktion und haben nun sogar rechtliche Schritte eingeleitet. Wie Grünen-Sprecher Felix von Wohlgemuth erklärte, berühre das überfallsartige Vorgehen von Bürgermeister Pinggera drei Bereiche: den politischen Aspekt bzw. das Vorgehen der Verwaltung von Schlanders, die Auswirkungen auf die Jugendkultur sowie den rechtlichen Aspekt. „Wir glauben, dass es neben der politischen und kulturellen Komponente auch eine rechtliche gibt, die eine Eingabe beim Rechnungshof notwendig machte“, so von Wohlgemuth. Hanspeter Staffler kritisierte die brachiale Vorgehensweise und die fehlende Bürgerbeteiligung. Denn angeblich handle es sich beim Abriss und Wiederaufbau des Areals – drei der vier Gebäude sollten abgerissen und an deren Stelle Wohngebäude und eine Gewerbezonen errichtet werden – um den größten Immobilien-Deal des Vinschgaus. Solche Projekte müssen in Partizipation mit der Bevölkerung umgesetzt werden und offenbar wollte man diese nicht haben, so Staffler. Ein weiterer Aspekt betrifft die Nachhaltigkeit, die zunehmend auch auf dem Bausektor Einzug halten müsse, indem beispielsweise der Altbestand in die urbanistische Planung einbezogen wird.
 
Die Kasernen waren in einem Top-Zustand, deswegen gibt es berechtigte Zweifel am korrekten Vorgehen der Verwaltung.
 
„Die Kasernen waren in einem Top-Zustand, deswegen gibt es berechtigte Zweifel am korrekten Vorgehen der Verwaltung“, so Staffler. Auch Barbara Lemayr und Gabriel Prenner von den Young Greens übten harsche Kritik am Vorgehen des Bürgermeisters von Schlanders. Es gebe zuwenig Angebote für Jugendkultur in Südtirol, besonders in den strukturschwachen Gebieten. Die BASIS habe es jedoch geschafft, zu einem Zentrum für Kultur und Innovation zu werden, der Wirtschaftsstandort Vinschgau sei dadurch aufgewertet worden. Die Jugend, welche nicht in die Entscheidung über das Militärareal miteinbezogen wurde, müsse nun mit den Folgen leben, so Lemayr. Prenner, der selbst aus dem Vinschgau stammt, betonte mit Verweis auf den Klimaplan des Landes, dass das Bewusstsein für nachhaltiges Bauen gefördert werden müsse. Bei öffentlichen Bauvorhaben ab einer bestimmten Investitionssumme (2 Millionen Euro) sollen zukünftig beispielsweise die Alternativen zu einem Abriss abgewägt werden.
 
 
„Hier wurde nicht nur brachiale Politik betrieben, sondern es ist auch ein Schaden am öffentlichen Gut entstanden“, erklärte Staffler zu den Gründen für die Eingabe. Einen Tag vor dem Abriss habe Bürgermeister Pinggera diesen mit einer Dringlichkeitsverfügung genehmigt. Diese Vorgehensweise sei in einem solchen Fall nicht üblich und kenne man nur bei Steinschlägen oder Erdrutschen, wo ein unverzügliches Handeln seitens der Verwaltung notwendig ist, erläuterte von Wohlgemuth. Zudem gehe aus dem Protokoll der zuvor stattgefundenen Begehung hervor, dass keine statische Überprüfung veranlasst worden sei.
 
Wenn Kinder baufällige Gebäude betreten, dann reicht ein Zumauern der Eingänge, um die Gefahr zu beseitigen.
 
„Wenn Kinder baufällige Gebäude betreten, dann reicht ein Zumauern der Eingänge, um die Gefahr zu beseitigen“, so Wohlgemuth, der auf ein Urteil aus dem Jahre 2006 verwies, aus welchem klar hervorgeht, dass Dringlichkeitsverordnungen nur für den Fall erlassen werden dürfen, wenn keine andere Maßnahmen möglich sind. „Unter Umgehung des normalen Behördenweges wurde versucht, Fakten zu schaffen“, betonte der Grünen-Sprecher und erklärte, dass sich die Frage nach einem Vermögensschaden stelle. Zudem habe das Vertrauen der Bevölkerung in die Verwaltung gelitten. Rudi Benedikter, Rechtsanwalt und Vertreter der Günen im Bozner Gemeinderat, erklärte, dass es sich bei dieser unerhörten und unverhältnismäßigen Aktion um einen Verstoß gegen die Regeln des „Kodex der Kultur- und Landesgüter“ handle. Jeder Eingriff hätte zuvor mit dem Denkmalamt abgesprochen werden müssen. „Es handelt sich in diesem Fall um einen evidenten Fall von Amtsmissbrauch“, so Benedikter.
 
Als Partei der Nachhaltigkeit – und auch als Vinschger – dürfen wir das nicht durchgehen lassen.
 
Die Grünen-Chefin Brigitte Foppa bezeichnete das Vorgehen des Bürgermeisters von Schlanders als demokratie-politische Katastrophe, denn dieser habe laut eigener Aussage die nächtliche Abriss-Aktion in die Wege geleitet, weil er davon ausgehen musste, dass es zu Problemen kommen würde. „Als Partei der Nachhaltigkeit – und auch als Vinschger – dürfen wir das nicht durchgehen lassen“, waren sich die Grünen einig.