Politik | SVP

Angst vor Tommy

Was tut Thomas Widmann? Tritt er bei den Vorwahlen des Bauernbundes an? Oder arbeitet er an der Gründung einer neuen Partei? Fragen, die die SVP beschäftigen.

Widmann, Thomas
Foto: Othmar Seehauser
Dass Thomas Widmann ein „zäher Hund“ ist, weiß jeder. Als Marathonläufer, Motocross-Fahrer und Mountainbiker liebt er nicht nur extreme Touren, sondern er zeigt auch Ausdauer. Vor allem aber ist Widmann einer, der nicht gern verliert.
Vor diesem Hintergrund beobachtet man derzeit innerhalb der SVP - und nicht nur dort - das Verhalten des Bozner SVP-Landtagsabgeordneten mit Argusaugen. Seit seinem unfreiwilligen Abgang als Sanitätslandesrat ist es um Thomas Widmann ruhig geworden.
Der langjährige Landesrat, ehemalige Landtagspräsident und amtierende Landtagsabgeordnete nimmt recht unauffällig an den Landtagssitzungen und an den Sitzungen der SVP-Parteigremien teil. Dort nimmt sich Widmann weder in der SVP-Fraktion noch im SVP-Parteiausschuss ein Blatt vor den Mund. Er stimmt je nach Belang für oder auch offen gegen die Vorschläge der Landesregierung oder der SVP-Führung ab.
Je näher es zeitlich an die Landtagswahlen und die Kandidatensuche geht, desto größer wird aber die Unruhe in den Reihen der Volkspartei. Die große Frage dabei: Was tut Thomas Widmann?
Lange war man davon ausgegangen, dass Widmann, der seit 2003 im Landtag sitzt, nach dem "Freunde im Edelweiß"-Skandal mit dem Ende der Legislaturperiode im Oktober 2023 auch seine politische Karriere beenden wird. Geplant sei ein Wechsel in die Privatwirtschaft.
Doch in den vergangenen Wochen und Monaten mehren sich die Anzeichen, dass es ganz anders kommen könnte - und dass der von Landeshauptmann Arno Kompatscher geschasste Landesrat keinesfalls kampflos das Feld verlassen, sondern es noch einmal wissen will.
 
 
 
Die versuchte Kandidatur bei der Wahl des Bozner SVP-Bezirksobmanns war dabei nur ein Gruß aus der Küche. Denn Thomas Widmann entwickelt seit Wochen einen Aktivismus, der auch der SVP-Führung nicht verborgen bleibt. „Beim Tommy ist immer etwas im Busch“, beschreibt es ein Mitglied der Parteileitung.
Widmann arbeitet konkret an seinem Verbleib in der Landespolitik auch nach den Landtagswahlen 2023 - in- oder außerhalb der SVP.
Was man aber nicht sagt: Widmann arbeitet konkret an seinem Verbleib in der Landespolitik auch nach den Landtagswahlen 2023 - in- oder außerhalb der SVP.
Wer Thomas Widmann kennt, seine Verbündeten, seine Fähigkeit, Netzwerke zu schaffen und Enthusiasmus zu erzeugen, dem graut davor, ihn als politischen Konkurrenten zu haben. Es geht deshalb unterm Edelweiss schon jetzt eine gewisse Angst vor Thomas Widmann um.
Dass Widmann diese Furcht seiner Gegner dabei bewusst zu schüren weiß, gehört zum Spiel.
Wie ernst die Geschichte aber ist, machen jene zwei Szenarien deutlich, die nach Informationen von Salto.bz derzeit konkret vom 63jährigen SVP-Politiker und seinen Unterstützern angedacht werden.
 

Die Vorwahlen

 
Der Südtiroler Bauernbund (SBB) ist die mächtigste, stärkste und einflussreichste Lobbyorganisation in Südtirol. Wer die Unterstützung des Bauernbundes hat, der kann sich bei Wahlen zurücklehnen. Die Wahrscheinlichkeit, auf der SVP-Liste gewählt zu werden, steigt damit um ein Vielfaches (siehe auch untenstehenden Kasten).
Weil die Anwärter und Anwärterinnen auf diese politische Sparschiene in Richtung Landtag aber zahlreich sind, macht der Bauernbund seit einigen Jahren offene Vorwahlen. Es kann jeder antreten, der Bauer und SBB-Mitglied ist. Unabhängig von der Parteizugehörigkeit.
Die Weichen für diese Vorwahlen sind bereits gestellt. In diesen Wochen kommen die Bezirksausschüsse zusammen, die die Kandidatennominierungen annehmen. Jeder Bezirk kann dann einen konkreten Dreiervorschlag machen. Am 25. November soll der Landesbauernrat die endgültige Kandidatenliste für die SBB-Vorwahlen absegnen. Die eigentliche Vorwahl wird dann im Jänner 2023 über die Bühne gehen; der Bauernbund will die vier Erstplatzierten dann bei den Landtagswahlen im Oktober 2023 ins Rennen schicken.
 

Bauer Widmann

 
Thomas Widmann ist Bauer. Der SVP-Politiker und studierte Agronom hat noch vor seinem Einstieg in die Mandatspolitik den Hof „Widum Baumann“ in Afing erworben. Er wohnt nicht nur mit seiner Familie dort, sondern hat auch mehrere Hektar Äpfel angebaut, aus denen er vier verschiedene Bio-Apfelsäfte und einen Cidre produziert und vermarktet.
Widmann ist aber auch im Bauernbund daheim. Nach seiner Rückkehr aus Wien und München begann er 1989 als Direktionsassistent beim SBB zu arbeiten. Von 1993 bis 1997 war er Bauernbund-Direktor.
 
 
 
 
Auch heute noch hat Thomas Widmann beste und seh enge Beziehungen zur SBB-Spitze. Vor allem zu Obmann Leo Tiefenthaler und zu Direktor Siegfried Rinner. Auch weltanschaulich versteht man sich. So hat Rinner im SVP-Parteiausschuss energische Verteidigungsreden für Widmann gehalten.
Vor diesem Hintergrund steht derzeit konkret im Raum, dass Thomas Widmann bei den Vorwahlen des Bauernbundes antreten könnte. Es wäre ein Schachzug, der die Pläne des Duos Philipp Achammer/Arno Kompatscher durchkreuzt, den ehemaligen Sanitätslandesrat im Herbst 2023 in die Politpension zu schicken.
Schafft es Widmann bei diesen Vorwahlen, unter die ersten Vier zu kommen, dann dürfte sein politisches Fortleben in der Landespolitik gesichert sein.
Wird der SVP-Abgeordnete von einem Bezirk vorgeschlagen, wird ihn kaum jemand mehr stoppen können.
Thomas Widmann arbeitet aber auch bereits an einem Plan B.
Zumal die SBB-Vorwahlen zumindest auf dem Papier überparteilich sind, würde sich dieser Entwurf auch durchaus mit dem Bauernstechen verbinden lassen.
 

Neue Partei

 
Nach gesicherten Informationen von Salto.bz laufen seit Monaten konkrete Gespräch zur Gründung einer neuen Partei. Die Partei soll das wirtschaftsfreundliche, konservative und bürgerliche Lager sammeln. Bedienen will man sich dabei aus dem Reservoir all jener, die mit Landeshauptmann Arno Kompatscher unzufrieden sind. „Das war immer schon sein Traum“, bestätigt einer, der jahrzehntelang an der Seite Widmanns Politik gemacht hat. Widmann selbst hat auf eine schriftliche Anfrage von Salto.bz zu diesen Punkten bis Redaktionsschluss nicht geantwortet. 
Thomas Widmann hat immer noch ein starkes und mächtiges Netzwerk, das über die Bozner Franzi-Connection über Gröden und das Unterland bis nach Hochabtei reicht. Zudem stehen mächtige Wirtschaftskreise hinter dem abgesetzten Landesrat. Vor allem aber gilt er als politischer Referent des Medienkolosses Athesia, was ihm und einer möglichen neuen Partei mehr als nur eine gute Presse sichern dürfte.
Jahrzehntelang hat die SVP von den Fähigkeiten Widmanns profitiert, zuerst in seiner Rolle als Landessekretär und dann als Wahlkampfmanager. Thomas Widmann kann zwar nicht mit Geld umgehen, doch er weiß nur zu gut, wie man Wahlkämpfe führt und Wahlen gewinnt.
Es gibt unterm Edelweiß eine breite Fraktion, der allein beim Gedanken an eine Landesregierung mit den Grünen schwarz vor Augen wird.
Das Kalkül dabei: 2024 könnte die SVP erstmals in ihrer Geschichte neben einer italienischen Partei auch einen deutschen Koalitionspartner in der Landesregierung brauchen. Es gibt unterm Edelweiß eine breite Fraktion, der allein beim Gedanken an eine mögliche Landesregierung mit den Grünen schwarz vor Augen wird.
Die neue Partei wäre dann zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort.
Und Thomas Widmann würde durch die Hintertür wieder in die Landesregierung einziehen.
 
 
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Josef Fulterer Mi., 09.11.2022 - 06:41

Der Widmann hat die SVP mindestens zweimal beim Wahlkmpf um das Höfl / den Besitz gebracht, den Gatterer gemästet, bei der Sanität sein Unwesen getrieben ... und der Mutterpartei allerlei Rufschäden eingebracht.
Das sollte eigentlich für den "verdienten" politischen Ruhestand reichen.
Der Valazza ... und die Kuenzner "mit ihrer Urbanistik" beschädigen den Bauernbund, dem schon bei den letzten Landtagswahlen seine Vier-Kandidaten-Strategie in die Hose gegangen ist.
Der "Ausländer Schuler" trabt auch nicht nach den Wünschen vom Tiefenthaler.

Mi., 09.11.2022 - 06:41 Permalink
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Harry Dierstein Mi., 09.11.2022 - 10:54

Es wäre für Südtirol extrem wünschenswert, wenn Thomas Widmann endlich die lang ersehnte "Athesia-Bauern-Hoteliers-Partei" (ABHP) gründen würde, die ungefähr 10 % der Südtiroler Bevölkerung repräsentieren würde, so dass sich die SVP endlich einmal konzentriert um die restlichen 90 %, sprich die normalen Leute, kümmern könnte.

Mi., 09.11.2022 - 10:54 Permalink
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△rtim post Mi., 09.11.2022 - 11:38

Kurzum: Nichts Genaues weiß man nicht. Außer natürlich, dass die SVP durch solche Spielchen zweifellos beschädigt wird.
Hat der Stress um Widmann nun mit Kompatschers Bedingung der Alleinherrschaft — auch bei Auswahl der Landeskandidaten — zu tun? Vgl. https://www.tageszeitung.it/2022/10/30/und-dann-marschieren-wir/
Die SVP sollte nicht die Fehler der Volkspartei in Österreich wiederholen. Da hat auch jemand die Alleinherrschaft in der (V)Partei beansprucht und ist als Heilsbringer aufgetreten. Die Partei wurde zur personenbezogenen Wahlkampf- und Jubelpartei degradiert.
Man fragt sich schon: Wo ist da der eigene Selbstanspruch Kompatschers, sein Tiroler Wort der selbstauferlegten Amtszeitbeschränkung, die Demut in der Politik, das (parteiinterne) basisdemokratische Verständnis?

Mi., 09.11.2022 - 11:38 Permalink
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Dietmar Nußbaumer Mi., 09.11.2022 - 20:42

Die Frage ist, was passiert, wenn die SVP wirklich zu einer 30%-Partei wird. Folgt das gleiche Debakel wie in Rom, wo nach DC und PSI auch eher unstabile Regierungen zusammengebastelt worden sind und kaum eine zukunftsgerichtete Regierungsarbeit erkennbar war. Hans Heiss hat in einem lesenswerten Artikel auf Salto beschrieben, dass die Mehrheitspartei SVP wichtig für Südtirol ist, leider scheint das nicht allen SVPlern selbst klar zu sein. Dabei würde es ausreichen, wenn sich die SVP an ihr Parteistatut halten würde. Die Selbstdemontage der Partei ist zum Nachteil für Südtirol.

Mi., 09.11.2022 - 20:42 Permalink
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Josef Fulterer Do., 10.11.2022 - 06:24

Antwort auf von Dietmar Nußbaumer

Außer "den Selbst-Bedienungs-Strathegen," tummeln in der SVP zuviele Rechtsanwälte/Rechtsverdreher, die "immer Alles besser wissen" und "Gesetze zusammen basteln, die kaum anwendbar sind, aber Schlupflöcher für die Oberschlauen und Spekulanten offen halten," die Bürger aber mit sinnloser + kostspieliger Bürokratie plagen.

Do., 10.11.2022 - 06:24 Permalink