Umwelt | Kalterer See

Steg abgelehnt

Die Kommission für Raum und Landschaft hat den Wiederaufbau des Steges am Kalterer See mehrheitlich abgelehnt. Drei Mitglieder waren aber anderer Meinung.
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Foto: Google Earth
Die Salto-Geschichte „Kalterer Seespiele“ ist weit über die Überetscher Marktgemeinde hinaus zum Gesprächsthema geworden.
In dem Artikel war der Verkauf von 1.000 Meter Feuchtgebiet am Kalterer See um 400.000 Euro thematisiert worden. Die Käufer sind zu 50 Prozent die Kalterer Gemeindeangestellte Helga Morandell und zu 50 Prozent die „BB - Einfache landwirtschaftliche Gesellschaft der BB Invest GmbH". Hinter dieser kurz zuvor gegründeten Gesellschaft steckt mit 1 Prozent ein Eppaner Bauer und 99 Prozent gehören einem perfekt aufgebauten Schachtelsystem mit weiteren vier Gesellschaften. Dabei drängt sich der Eindruck auf, dass hier jemand - mit legalen und erlaubten Mitteln - die eigentlichen Eigentümer nicht an die große Glocke hängen will.
Das Problem: Zum Grundstück gehörte ursprünglich auch ein Steg, der rund 50 Meter durch das Landesbiotop zum Wasser verlaufen ist. Er dürfte das eigentliche Filetstück des Deal sein. Dieser Steg wurde aber nie in das offizielle Stegeverzeichnis des Landes eingetragen. Obwohl es in den vergangenen 20 Jahren mehrmals dazu die Gelegenheit gab, haben die im Ausland lebenden Besitzerinnen nie auf entsprechende Schreiben der Landesbehörden reagiert.
 
 
 
 
 
 
Damit musste der Steg abgebrochen werden. Das passierte im November 2021 von Amtswegen. Die neuen Besitzer wollen jetzt diesen Steg aber unbedingt wieder errichten. Das wird auch daran deutlich, dass sie das widerrechtlich bereits im Sommer 2022 getan haben. Die Forststation Kaltern und das Amt für Natur stellten die Arbeiten umgehend ein und setzten einen erneuten Abbau des Steges durch.
Dass die Geschichte jetzt wieder an die Öffentlichkeit schwappt, liegt daran, dass die neuen Eigentümer einen weiteren Anlauf machen.
 

Das Stege-Verzeichnis


Der Anlass ist die Überarbeitung des Landschaftsplanes Kalterer See.
Der Kalterer See ist mit einer Wasserfläche von 121 Hektar und dem ihn umgebenden rund 120 Hektar großen Schilfgürtel der größte natürliche See Südtirols. Der Schilfgürtel ist Südtirols größtes und wichtigstes Feuchtgebiet. Das Biotop Kalterer See ist als Natura 2000 Gebiet sowohl im Sinne der FFH Richtlinie (92/43/EWG) als auch der Vogelschutzrichtlinie (2009/147/EG) als besonderes Schutzgebiet (BSG) ausgewiesen und ist somit von europäischer Bedeutung. Der See, die Grundparzelle 4225 K.G. Kaltern, gehört dem Land.
Jetzt hat die Landesverwaltung und die zuständige Abteilung Natur und Landschaft beschlossen den Landschaftsplan zu überarbeiten. Dabei geht es vor allem um zwei Punkte.
 
 
 
Zum einen sollen mit der Abänderung des Landschaftsplanes einige kleine Grenzkorrekturen vorgenommen werden und die Biotopgrenze an die Parzellengrenze der Landesparzelle angeglichen werden. Damit werden die Widersprüche zwischen der offiziellen Biotopabgrenzung und der Katasterkarte von 1999 bereinigt.
Zudem wird ein offizielles Stegeverzeichnis eingeführt und verabschiedet. Bisher gab es ein Verzeichnis aus dem Jahr 1999. In den vergangenen Jahren hat man dieses Verzeichnis ajouriert. Bei der Überprüfung der Stege kamen etliche Stege zu Tage, die in diesem Verzeichnis nicht aufscheinen und daher abgebaut werden mussten. Genauso wie der oben beschriebene Steg am Nordufer.
 

Die vergessenen Konzessionen

 
Im neuen offiziellen Stegeverzeichnis scheinen insgesamt 63 Stege und Bootsanlegestellen auf. Bereits im ursprünglichen Verzeichnis von 1999 waren auch die genaue Maße und Flächen der einzelnen Stege eingetragen. Eine Überprüfung und Nachmessung haben aber ergeben, dass nur ein Teil der Stege, die eingetragenen Maße hatten. Es gab Abweichung von über 300 Prozent der erlaubten Fläche. Mit dem neue Stegeverzeichnis müssen diese Stege jetzt zurückgebaut werden.
 
 
 
Gleichzeitig aber kam auch eine behördliche Nachlässigkeit zu Tage. Für einen Steg auf einem öffentlichen Gewässer braucht es eine Konzession und für diese Konzession muss der Konzessionsnehmer Gebühren zahlen. Bei den meisten Stegen aber fehlte bisher diese Konzession. Zudem hat es die Gemeinde Kaltern - die dafür zuständig ist - unterlassen, Gebühren dafür einzuheben.
Auch das dürfte sich jetzt ändern. Denn für die 63 Stege, die im offiziellen Stegverzeichnis aufscheinen, wird vom Amt für öffentliches Wassergut eine Konzession erteilt. Konzessionsinhaber ist der Eigentümer der dahinterliegenden Parzelle. Wobei jeder Steg immer einer einzigen Bezugsparzellen zugeordnet wird, um die potenzielle Störung des Biotops durch menschliche Aktivität so gering wie möglich zu halten
 

Die Abstimmung

 
Bis Ende September konnten man bei den Gemeinden Kaltern und Pfatten (das Ostufer des Sees gehört zu Pfatten) Einwände gegen diese Änderung des Landschaftsplanes hinterlegen. Es gingen dabei eine ganze Reihe von solchen Einwänden ein. Auffallend dabei: Sogar der Verwaltung des „Diözesaninstitutes für den Unterhalt der Klerus“ (DIUK) scheint der neue Landschaftsplan und das Stegeverzeichnis nicht zu gefallen.
Auch Helga Morandell und ihrer Mitbesitzer reichten eine solchen Einwand ein. Ihr Anliegen: Die „Richtigstellung“ der zwei Parzellen von Feuchtgebiet in Landwirtschaftsgebiet und die Wiedereintragung des ursprünglichen Steges in das offizielle Stegeverzeichnis.
Am vergangenen Donnerstag behandelt die Kommission für Raum und Landschaft diese Einwände. Dabei kam es in Sachen Steg zu einer längeren und bewegten Diskussion. Von den acht Mitgliedern sprachen sich am Ende drei für die Wiedereintragung des Steges aus.
Nach Informationen von Salto.bz haben die beiden Amtsdirektoren Peter Kasal (Landschaftsplanung), Werner Hintner (Amt für bäuerliches Eigentum) und die Anwältin Stefania Calabrò für den Antrag der Grundeigentümer gestimmt. Calabrò ist beruflich in der Unterlandler Wirtschaftskanzlei „Stocker-Kuntner“ tätig. Ihre Argumentation: Der Steg habe bereits jahrzehntelang bestanden.
Am Ende wurde der Antrag in der Kommission mit 5 zu 3 Stimmen abgelehnt.
Am Ende wurde der Antrag in der Kommission mehrheitlich mit 5 zu 3 Stimmen abgelehnt. Wobei die Stellungnahmen der drei Mitglieder in das Protokoll aufgenommen wurden.
Das Gutachten der Kommission geht jetzt an die Gemeinden Kaltern und Pfatten. Die beiden Gemeinderäte stimmen noch einmal darüber ab. Es spricht einiges dafür, dass man in Kaltern den Steg wieder eintragen wird.
Danach geht der Landschaftsplan in die Landesregierung, wo sich entscheiden wird, wie weit die Spekulation im Biotop gehen darf.

Peter Kasal - Team Köllensperger kommt aus Neumarkt und ist Direktor des Amtes für Landschaftsökologie.

„Wir brauchen wieder eine gemeinsame Vision für unsere Landschaft. Umweltschutz, Landwirtschaft und Tourismus haben eigentlich sehr viele gemeinsame Anliegen. Wir sollten mehr über die Gemeinsamkeiten reden und an einem Strang ziehen.“

Mo., 21.11.2022 - 13:22 Permalink